
Warum hat Zander die Tethys IP65-Familie entwickelt?
Dr. Marco Zander: Die Entwicklung der Tethys IP65-Familie war eine Antwort auf einen klaren Markttrend: Unsere Kunden suchen kosteneffiziente Lösungen für dezentrale Anwendungen, die ohne zentrale Schaltschränke auskommen. Das spart Installationskosten, reduziert den Bedarf an Verkabelung und senkt den Ressourcenverbrauch – ein Punkt, der uns wegen unseres Fokus auf Klimaschutz besonders wichtig ist. Wirtschaftlich gesehen eröffnet uns Tethys neue Märkte wie Logistikzentren oder mobile Anwendungen, wo robuste, dezentrale Sicherheitslösungen gefragt sind. Es war eine strategische Entscheidung, um unser Familienunternehmen in Richtung Zukunft auszurichten.
Lucas Krönert: Technisch war unser Ziel, ein Sicherheitsrelais zu schaffen, das direkt an der Maschine funktioniert – geeignet für dezentrale Anlagen. In rauen Umgebungen wie Staub oder Nässe scheitern herkömmliche Lösungen, also haben wir mit der IP65-Schutzart eine staub- und wasserdichte Hardware entwickelt. Das verringert den Bedarf an externer Infrastruktur und langen Kabelwegen, was nicht nur praktisch, sondern auch ressourcenschonend ist. Wir haben die seit den 90er-Jahren bewährte Relaislogik unserer Schaltschrank-Sicherheitsrelais als Basis genommen, um die Zuverlässigkeit zu sichern, und so ein Produkt geschaffen, das technisch den Anforderungen moderner, verteilter Systeme gerecht wird.
Wie reiht sich Tethys IP65 in das Zander-Portfolio ein?

Zander: Aus wirtschaftlicher Sicht erweitert Tethys IP65 unser Portfolio gezielt um eine nachhaltige Lösung für dezentrale Anwendungen. Es ergänzt unsere bestehenden Produkte wie die SR-Familie und positioniert uns als Anbieter, der sowohl Standard- als auch spezialisierte Märkte bedient. Das stärkt unsere Wettbewerbsposition und macht uns attraktiv für Kunden, die Wert auf Ressourcenschonung legen – weniger Material, weniger Energieaufwand bei der Installation. Es ist ein logischer Schritt, um unser Geschäft zukunftssicher und ökologisch verantwortungsvoll auszubauen.
Krönert: Technisch gesehen ist Tethys IP65 eine Weiterentwicklung unserer SR-Familie, speziell für dezentrale Einsätze. Die ersten zwei Varianten sind nur der Beginn einer neuen Produktfamilie, die bald auch um leistungsfähigere Versionen ergänzt werden soll. Auch neue Funktionen sind für die Zukunft geplant, z.B. unsere sichere Zeitsteuerung SCB oder das sichere Zeitrelais SR4C in die dezentrale Welt zu holen. Wir sehen die Mitglieder der Tethys IP65-Familie parallel zu klassischen Schaltschrankmodulen, die jedoch auf die besonderen Bedürfnisse von Feldmodulen abgestimmt sind und in Zukunft noch besser abgestimmt werden. Zu diesen Bedürfnissen zählen neben einer hohen Schutzklasse auch hohe Robustheit gegen mechanische Schwingungen und Schocks, Temperaturveränderungen, einfache Montage und Wartung sowie erhöhte Vernetzung.

An welche Anwendungen und Märkte wenden Sie sich mit der Lösung?
Zander: Wir richten uns an Märkte, in denen dezentrale Lösungen einen wirtschaftlichen und ökologischen Vorteil bieten, z.B. Logistik, Verpackungsindustrie, Recycling, Bauwesen, Landwirtschaft und Bergbau. Diese Branchen profitieren von geringeren Installationskosten und weniger Ressourcenverbrauch, da Schaltschränke wegfallen. Nachrüstmärkte sind ebenfalls interessant – ältere Anlagen werden effizienter und nachhaltiger. Unser Vertrieb sieht hier ein starkes Wachstumspotenzial, besonders weil wir mit Tethys IP65 auch Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit verbinden können.
Krönert: Wir wollen mit dem Tethys IP65 ermöglichen, neue Anwendungen einfacher, kosteneffektiver und schneller umzusetzen. Nicht nur in der Entwicklung, sondern auch im Betrieb beim Kunden. Viele Anwendungen kennen wir daher noch nicht, sind aber gespannt auf welche Ideen unsere Kunden kommen werden. Technisch ist die neue Lösung für dezentrale Anwendungen in rauen Umgebungen gemacht: mobile Maschinen, Anwendungen mit schnell wechselnden Klimabedingungen oder die regelmäßig Wasser ausgesetzt sind. Sie eignet sich für verteilte Systeme, wo lange Kabelwege vermieden werden sollen – das spart Ressourcen und Energie; auch für Nachrüstungen, da sie direkt an Maschinen montiert werden kann. Mit Zertifizierungen wie EN50156-1 für Verbrennungsanlagen und der neuen EN/ISO13577-2 decken wir zudem spezialisierte Anforderungen für Kessel, Brenner und Thermoprozessanlagen ab. Dezentrale Feldmodule leben auch von ihren einfachen Montagemöglichkeiten und dem Plug&Play-Prinzip. Sollte eine Anwendung einmal besondere Flanschverbindungen und Pinbelegungen erfordern, wird das flexible Design der IP65-Geräte auch hier helfen, so dass auch in einer speziellen Anwendung einfache Verkabelung möglich ist. Durch nur zwei Montagepunkte kann das Gerät frei und ohne Ausrichtungsvorgabe flexibel montiert werden.
Gibt es bereits Pilotanwender, und wie lautet deren Feedback?
Zander: Ja, wir haben Pilotanwender, die Tethys IP65 bereits in ersten Applikationen einsetzen, und das Feedback ist wirtschaftlich vielversprechend. Sie schätzen die Einsparungen durch die einfache, dezentrale Installation – weniger Material, geringere Kosten. Kritisiert wird die vergleichsweise mittlere Schaltleistung bei 24 und 48V. Mit neuen Varianten können wir auch diese Kunden langfristig erreichen. Das positive Gesamtbild zeigt, dass Tethys IP65 unseren Marktansprüchen gerecht wird, wir aber auch noch viel Verbesserungspotential haben.
Krönert: Durch die Übernahme der Logikstruktur unserer Schaltschrankrelais, bei welcher die sicheren Freigabepfade mit zwangsgeführten Relaiskontakten realisiert werden, haben wir die beiden ersten Varianten für Schaltspannungen bis 250VAC und Schaltströme bis 8A ausgelegt. Die dezentrale Welt tickt jedoch etwas anders und setzt auf 24- sowie immer mehr auch auf 48VDC-Technik. Der maximale Schaltstrom begrenzt sich in diesen Anwendungen auf 5A pro Kontakt, dies ist ein klarer Schwachpunkt. Dies war uns schon zu Beginn klar, wir wollten jedoch schnellstmöglich Felderfahrung sammeln und auf bewährter Technik aufbauen, um unsere Entwicklungspower auf die Hürden der IP65 Gehäusetechnik zu lenken. Wir planen bereits Varianten mit 24- und 48VDC-Schaltfähigkeit und deutlich höheren Schaltströmen. Damit bietet sich für Kunden die Möglichkeit, die Sekundärseite von z.B. Netzteilen und Invertern zu schalten und so die vergleichsweise lange Wiederbereitschaftszeit bei Primärseitiger Schaltung dieser Geräte zu verkürzen. Auch die rudimentäre Kommunikation des Schaltzustands wurde bemängelt, daher werden kommende Varianten mit IO-Link sowie optional auch mit IO-Link Safety ausgestattet sein. Großes Lob erhielt das Tethys IP65 für seine robuste und qualitative Hochwertige Verarbeitung, auch die Flexibilität der Flansch-Konfigurationen ist ein echtes Plus. Das überwiegend positive Feedback zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber auch noch viel verbessern können und dies auch in Zukunft möchten.

Wie sieht die weitere Roadmap aus? Wird die Familie um weitere Geräte und/oder Funktionen erweitert?
Zander: Wirtschaftlich wollen wir Tethys als nachhaltige Plattform etablieren. Neue Varianten mit besserer Schaltleistung und verbesserten Funktionen sollen Kundenzufriedenheit und Attraktivität steigern. Kommunikationssysteme wie z.B. IO-Link sind das Rückgrat der dezentralen Architektur und werden in den kommenden Varianten berücksichtigt werden.
Krönert: Technisch ist die Roadmap auf Dezentralisierung und neue Technologien ausgerichtet. Wir verbessern die Schaltleistung für 24- und 48V-Netze mit optimierten Varianten. IO-Link bringt Kommunikation und Diagnose für Prozessoptimierungen und effektiveres Feedback vom Sicherheitskreis. Auch werden wir IO-Link Safety im OSSDe Modus integrieren, um noch weiter standardisiert zu sein und den aktuellen Trends zu folgen. Sichere Zeitfunktionen, wie sie unsere Mini-Zeit SPS sowie klassische sichere Zeitrelais bieten, möchten wir auch in die dezentrale Welt überführen. Auf dem Weg zu einer echten Gerätefamilie werden uns sicherlich noch weitere Ideen kommen, mit denen wir die Bedürfnisse unserer Kunden noch besser abdecken können. Auch sind höhere IP Schutzklassen und Edelstahlgehäuse für die Lebensmittelindustrie im Gespräch. Wir freuen uns hier über jegliches Feedback.