Ziel der OI4-Arbeitsgruppe ist es, einen offenen und transparenten Prozess zu schaffen, der für verschiedene App Stores gleich ist. Zum einen sollen dabei industrielle App-Anbieter einfach, standardisiert und sicher ihre Apps präsentieren und zum kostenlosen oder bezahlpflichtigen Download anbieten können. Zum anderen sollen Anwender die für sie passenden Apps suchen, finden und in Betrieb nehmen können. Die Standardisierungsbemühungen innerhalb der OI4 sorgen zudem dafür, dass diese Apps, sofern sie diese Standards unterstützen, auch auf möglichst vielen Endgeräten problemlos laufen und untereinander Daten austauschen können, wenn der Anwender dies wünscht.
Zweck des Flagship Store
Wibu-Systems und Hilscher wollen in Kooperation mit den anderen Mitgliedern der Open Industry 4.0 Alliance eine offene Plattform für die OI4-Community schaffen, der allen Anbietern und Anwendern weiter hilft auf dem Weg zur umfassend digitalen, vernetzten Produktion.
Whitepaper informiert über technische Details
Der Flagship Store für die OI4-Community, den Hilscher in Zusammenarbeit mit der Open Industrie 4.0 Alliance konzipiert hat und in eigenem Namen betreibt, soll als Beispiel für die Umsetzung der OI4-Standardisierungsbemühungen in diesem Bereich dienen und Anbietern und Anwendern industrieller Apps helfen, einfach und sicher in die konkrete Zusammenarbeit und Umsetzung zu starten. Ein Whitepaper informiert die interessierten App-Anbieter über technische Details, die sie erfüllen müssen, um eine OI4-konforme App im Store zu veröffentlichen. Aber auch Apps, die diese Spezifikation noch nicht oder gar nicht erfüllen, können mit aufgenommen werden. Darüber hinaus spezifiziert ein weiteres Whitepaper das dazugehörige Manifest, das benötigt wird, um die technischen Details der App für den Upload in den App Store festzulegen.
Marktplatz Community Stores
Zur Vereinfachung der Digitalisierung in der Produktion hat Hilscher in enger Abstimmung mit der OI4 und ihren Arbeitskreisen das Konzept eines Community Stores für OI4-Mitglieder und Anwender mit Hilfe einer skalierenden E-Commerce-Plattform auf flagshipstore.hilscher.com zur SPS mit App-Partnern aus dem OI4-Umfeld gestartet. Das Unternehmen agiert hier auch als Betreiber und Verantwortlicher dieses Marktplatzes. Marktplatz deshalb, weil jeder App-Anbieter dort selbständig mit seinem App-Angebot auftreten kann. Transaktionen, das heißt der Erwerb kostenpflichtiger Apps über den Community Store, sind ebenfalls möglich. Hierbei treten die App-Anbieter selbst als Verkäufer auf, sodass die vertragliche Beziehung direkt zwischen dem App-Anbieter und dem App-Nutzer stattfindet.
Die Technologie hinter dem Flagship Store
Der Community Store nutzt Container-Technologie, eine Open-Source-Lösung zur virtualisierten Inbetriebnahme von Apps auf Industrie-PCs und Edge Gateways. Jede App, die als Container-App (z.B. Docker) verfügbar ist, kann über den App Store somit ausgeliefert und in Betrieb genommen werden. Apropos Betrieb: Auch hier bemüht sich die OI4 um Vereinfachung und Standardisierung. Hierzu liegt das Konzept vor, in die teils bereits verfügbaren Edge-Management-Systeme eine Schnittstelle zu integrieren, welche durch die OI4 definiert wird. Mit Hilfe dieser API lassen sich zukünftig Apps aus dem Community Store automatisiert über die sogenannte digitale Lieferadresse übermitteln. Vom Edge-Management-System aus werden die Apps dann von den Betriebs- und Überwachungsverantwortlichen auf Shopfloor-Ebene auf die Endgeräte verteilt und in Betrieb genommen. Hilschers Geräte- und Applikationsverwaltungslösung Netfield.io ist ein solches Beispiel und ist entsprechend im Zusammenspiel mit dem Flagship Store für die OI4-Community nutzbar. Aber nicht nur Apps sollen im Store zu finden sein. Auch Beratungs- und Service-Leistungen sowie auf die industrielle Kommunikation ausgerichtete Hardware wie (Edge) Gateways und IPCs sollen dort zum Direktkauf angeboten werden.
Apps lassen sich verschlüsseln und lizenzieren
Um die Apps, genauer gesagt das geistige Eigentum daran, gegen unbefugte Nutzung zu schützen, hat Hilscher sich entschieden, die Softwareschutz-Lösung CodeMeter von Wibu-Systems einzusetzen. Diese Technik erlaubt den App-Anbietern, ihre Apps optional vor dem Upload in den App Store zu schützen. Mittels CodeMeter Protection Suite können Apps in wenigen Minuten automatisch verschlüsselt und mit einer Lizenzprüfung versehen werden. Sie ist für viele Programmiersprachen verfügbar. Es werden alle Umgebungen unterstützt, die klassischen Maschinencode erzeugen, wie zum Beispiel C/C++, Rust oder Go, aber auch Sprachen, die Intermediate Code erzeugen, wie Java und .NET, sowie Skriptsprachen, bei denen der Source Code ausgeliefert wird, wie Python und JavaScript. Zusätzlich steht ein Lizenzierungs-API zur Verfügung, wenn einzelne Features lizenziert werden sollen, oder Freemium-Modelle gewünscht sind.
Durch die automatische Verschlüsselung ist das geistige Eigentum dieser App vor Produktpiraterie und Reverse Engineering geschützt. Passende Software-Schlüssel (Tickets) zum Freischalten der App nach dem Download über den Store werden ebenfalls im Rahmen der oben genannten Transaktionen beim Download zur Verfügung gestellt. Beim Aktivieren der Lizenz wird diese an das zu aktivierende Gerät gebunden, so dass eine Vervielfältigung der Software, zum Beispiel durch Kopieren des Docker-Containers, unterbunden wird.
Automatisiert erzeugt, verteilt und verwaltet
Um auch hier das Handling mit den Nutzungsrechten für den App-Anwender möglichst einfach zu machen, hat Hilscher in Kooperation mit Wibu-Systems eine spezielle License Server-App‘ Netfield App License Server‘ entwickelt, die auf den gleichen Edge-Geräten des Anwenders laufen kann wie die eigentliche Applikation. Diese App kommuniziert im Hintergrund mit CodeMeter License Central, die automatisiert Lizenzen erzeugen, verteilen und verwalten kann. Der App-Anwender wählt unter den verfügbaren Lizenzen zur Nutzung der Apps die gewünschte aus und aktiviert diese mit einem Klick.
Ausblick
Wibu-Systems und Hilscher arbeiten gemeinsam daran, die Nutzung der Container-Technologie für den Einsatz in der Digitalisierung und Vernetzung der Produktion so einfach und sicher wie möglich zu gestalten – und zwar für alle Beteiligten. Also nicht nur für die App-Anwender in der Produktion, die mit Hilfe der Container-Technologie und Edge Computing dem steigenden Produktivitätsdruck und Fachkräftemangel entgegenwirken wollen, sondern auch für die App-Anbieter, die mit ihren Lösungen einen einfachen, aber dennoch sicheren Zugang zum Bereich der digitalen Produktion suchen, wo sie bisher nicht vertreten waren. Und zwar ohne den dabei notwendigen Schutz ihres geistigen Eigentums, das in der von ihnen entwickelten Software steckt, zu vernachlässigen.