Welcher LPWAN-Standard in Frage kommt, ergibt sich aus der jeweiligen Applikation und den topografischen Gegebenheiten. Wika zum Beispiel greift auf Mioty, LoRaWAN und NB-IoT zurück, um flexibel zu sein und um Distanzen bis zu 30km überbrücken zu können. Unter Einsatz von Hybrid-Gateways lassen sich unterschiedliche Standards in einem System bündeln. Neben LPWAN ist Ethernet zur Datenübermittlung keinesfalls ausgeschlossen. Mobilfunk-Standards sind vor allem für den Austausch mit überregionalen Transporteinheiten eine Option. Sämtliche Daten münden via Netzwerk entweder in eine Cloud oder in einen kundeneigenen On-Premise-Server. Dort werden sie mit entsprechenden Tools validiert, anforderungsgemäß aufbereitet und als Entscheidungsgrundlage auf einem Dashboard für Condition Monitoring, Preditictive Maintenance, Risikomanagement, Energiesteuerung und ähnlichen Aufgaben visualisiert.
Risiko- und Alarmmanagement in der Praxis
Der Betreiber des Getreidesilos mit angeschlossenem Logistikcenter im Hamburger Hafen, dessen Digitalisierung Wika über das Reverse-Konzept umsetzte, konzentriert sich auf das Risiko- und Alarmmanagement. Die Remote-Überwachung der Betriebsabläufe mit einer Mioty- und LoRaWAN-Infrastruktur als Kommunikationsgerüst ist selbst mit einer einzigen Person gewährleistet. Die Dimension des täglichen Getreideumschlags, der nahezu ausschließlich per Schiff erfolgt, untermauert die Priorität eines lückenlosen Monitorings zur Schadensprävention. Der Saugschlauch am Anleger für die Be- und Entladung der Frachter arbeitet mit einer Kapazität von 250t/h. Für den reibungslosen Ablauf ist eine zuverlässige Überwachung von Unter- und Überdruck unabdingbar. Im Fehlerfall löst die Sensorik einen Shutdown aus, um ein Rückstau zu vermeiden.
Eine weitere Kontrollfunktion betrifft die in den Verlade- und Verteilungsprozess integrierten Förderbänder. Temperatursensoren überwachen deren Kugellager zum Schutz vor Überhitzung. Diese würde zwangsläufig zum Ausfall der Bänder führen. Zuvor könnten die heißen Kugellager noch Getreide zum Schwelen bringen, was einen Brand oder – bei entzündlichem Staub – eine Explosion in dem 1000t fassenden Speicher verursachen kann.
Tiden-Vorhersage schafft weiteren Mehrwert
Die Digitalisierung einer bestehenden Anlage greift weiter als die reine Umwandlung der existierenden Prozesse. Der Aufbau der dafür notwendigen IIoT-Infrastruktur eröffnet zusätzliche Möglichkeiten, im alltäglichen Betriebsablauf einen Mehrwert zu generieren. Der Betreiber des Getreidesilos z.B. hat sein Lademanagement durch eine Tiden-Vorhersage für das Hafenbecken optimiert. Er kann damit den günstigsten Zeitpunkt für das Andocken der Schiffe seiner Lieferanten bestimmen. Denn jede Minute zählt: Eine halbe Stunde Liegezeit schlägt mit 10.000 Euro zu Buche. In die Vorhersage-Funktion wurde zudem eine saisonale und KI-gesteuerte Tiden-Analyse implementiert, um künftig noch präzisere Wasserstandsmeldungen zu erhalten.
Geschäftsmodelle mit IIoT-Ökosystemen
IIoT-Ökosysteme sind skalierbar und damit offen für weitergehende Nutzungsmöglichkeiten in nachfolgenden Schritten. So lassen sich u.a. die Unternehmensdaten mit externen Informationen, z.B. Wirtschaftsprognosen, verknüpfen. Aus solchen Kombinationen können Entscheidungen resultieren, die über die kontinuierliche Verbesserung von Prozessabläufen und Betriebskosten hinausreichen, z.B. zur Entwicklung neuer Produkte für bestimmte Zielgruppen oder für ein zusätzliches Geschäftsmodell.