
Ratten können eine Plage sein. Das weiß der Betreiber eines großen Getreidespeichers im Hamburger Hafen nur zu gut. Er hat deshalb mehr als 130 Fallen an den neuralgischen Punkten auf dem Firmengelände aufgestellt. Deren Erfolg ließ sich in der Vergangenheit nur auf eine Weise ermitteln: Ein Mitarbeiter musste täglich einen zeitraubenden Kontrollgang unternehmen. Damit ist nun Schluss: Die Überwachung der Rattenfallen erfolgt mittlerweile über einen Sensor. Er meldet via Funkeinheit, wo ein Nager gefangen sitzt oder ob einer der ungebetenen Besucher wieder ausgebüxt ist und die Falle neu aktiviert werden muss. Die Rattenfänger des Unternehmens können mit dem Schädlingsbekämpfungsmanagement nun gezielt reagieren und vergeuden keine Zeit mehr mit Leerfallen.

Technische und ökonomische Aspekte
Dieses Beispiel zeigt, auf welch vielschichtige Weise die Digitalisierung bestehender Anlagen über eine IIoT-Infrastruktur die Sicherheit der Verfahren, die Laufzeiten der Maschinen und die Betriebskosten optimieren kann. Die Transformation ist angesichts des Ausmaßes vieler Produktionsstätten eine gewaltige Aufgabe, nicht nur technisch. Sie hat auch einen ökonomischen Aspekt, der über die Kosten des Wandels hinausreicht. Die Bruttoanlageinvestitionen der Unternehmen in Deutschland belaufen sich nach Angaben des Statischen Bundesamtes auf mehr als 870 Mrd. Euro (Stand: 2022). Ein beträchtlicher Teil davon entfällt auf die Sinnesorgane und Nervenstränge der Verfahren: auf die Instrumentierung zum Messen, Steuern und Regeln. Diesen Bereich haben die Unternehmen im Zuge der Automatisierung unter hohem Kostenaufwand neu ausgerichtet und von den Messtechnik-Herstellern zunehmend leistungsstärkere Geräte angefordert. Da die Prozesse in wachsendem Maß am oberen Limit betrieben wurden, bedurfte es einer immer präziseren und robusten Sensorik.
Mit dem Einsetzen der Digitalisierung ist bei vielen Geräten dieser Generation der Lebenszyklus noch längst nicht ausgeschöpft. Der Wunsch, eine solche Qualität vollends zu nutzen, ist nachvollziehbar. Würde jede Neuinstrumentierung jedoch erst beim regulären Austauschintervall erfolgen, ließe sich eine digitale Transformation nur stückweise verwirklichen. Das wäre nicht zielführend.
Skalierbare Third-PartyIntegration
Vor diesem Hintergrund hat der Messtechnikhersteller Wika als IIoT-Partner und Solution Provider das Konzept der kundenspezifischen Reverse Digitalization entwickelt. Es baut unabhängig von der Herkunft der Komponenten auf dem Ist-Zustand auf (Third-Party-Integration) und ist skalierbar. Ob es sich um einen Getreidespeicher oder eine große Chemieanlage handelt: Die Reverse Digitalization ermöglicht den Unternehmen mit Blick auf die weitestgehende Sicherung bisheriger Investitionen einen großen Spielraum. Das Konzept setzt auf der Sensorebene an. Schließlich werden dort alle Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette generiert, auf deren Basis die künftigen Unternehmensentscheidungen beruhen. Eine Bestandsaufnahme zeigt dabei auf, welche Instrumentierung smart gemacht werden kann und bei welcher ein Austausch zwingend notwendig ist.
Der überwiegende Teil der Messstellen ist mittlerweile mit elektronischen Geräten bestückt, die zum größten Teil über ein analoges Standardsignal wie 4-20mA verfügen. Ihr Output wird nun mittels Bridge-Einheiten in ein Digitalsignal umgewandelt. Brücken sind wahlweise mit Spannungsversorgung, Batteriebetrieb und/oder ATEX-Zulassung ausgeführt und daher problemlos in bestehende Abläufe einzubinden. Mit solchen Units werden künftig selbst rein analoge Messgeräte, die vor allem in kritischen Prozessen als Back-up unverzichtbar sind, in eine digitale Struktur integriert.

Übertragung mit LPWAN, Ethernet und Cloud
Die mit den Sensoren verbundenen Bridges übertragen die Datensignale an Gateways oder direkt in einen zentralen Datenpool. Damit stellt sich die Frage nach der Konnektivität, die auch eine bidirektionale Kommunikation ermöglicht. Erfahrungsgemäß verursachen LPWAN-Lösungen mit batteriebetriebenen Geräten den geringsten Aufwand. Sie sind für alle Messgrößen anwendbar, mit Ausnahme von Durchfluss: Eine Flow-Instrumentierung muss in der Regel mächtige Datenvolumina verarbeiten und benötigt daher eine entsprechende Energieversorgung. Eine Lösung mit Batteriebetrieb würde in dem Fall nur kurze Standzeiten erlauben.