Digitalisierte Fertigung

Individuelle Encoder auf Knopfdruck

Maschinenbauer wollen immer öfter maßgeschneiderte Produkte - nach Möglichkeit in kleinen Losgrößen und bei Bedarf mit Expresslieferung. Drehgeberhersteller Fraba kann diese Anforderungen heute schon erfüllen. Schlüssel dafür ist der Fertigungsstandort des Unternehmens im polnischen Slubice und das dort umgesetzte außergewöhnliche Produktionskonzept.
Das Ufo ist gelandet: Das Produktionsgebäude von Fraba in Slubice wurde für seine außergewöhnliche Erscheinung unter die weltweit schönsten Fabriken gewählt.
Das Ufo ist gelandet: Das Produktionsgebäude von Fraba in Slubice wurde für seine außergewöhnliche Erscheinung unter die weltweit schönsten Fabriken gewählt.Bild: FRABA B.V.

Dem Unternehmen Fraba (eigentlich das Kürzel für Franz Baumgartner) steht ein großes Jubiläum ins Haus: Es wird bald 100 Jahre alt. 1918 als Nischenanbieter für Spezialrelais gegründet, hat es eine bewegte Historie mit Höhen und Tiefen durchlebt. Zählte man Ende der 1960er-Jahre noch stolze 500 Mitarbeiter, waren es 1993 nurmehr gut 100 und das Unternehmen eigentlich konkurs. Damals kaufte es Christian Leeser zusammen mit seinem Bruder und einer gemeinsamen Vision. Sie wollten das Unternehmen, das sich mittlerweile auf Drehgeber fokussiert hatte, wieder in die Riege der führenden Technologieanbieter bringen. „Das ursprüngliche Geschäftsmodell war jedoch überhaupt nicht mehr zukunftsfähig“, schildert Leeser die damalige Situation. „Entsprechend wollten wir das Unternehmens nach der Übernahme grundsätzlich neu aufstellen und positionieren.“ Kein einfacher Weg: Vier Jahre musste das neue Management um das Überleben der Firma kämpfen und erst 1997 konnte man sich überhaupt der ursprünglich geplanten Ausrichtung zuwenden. Doch der Plan scheint aufgegangen: Seitdem ist Fraba – mit Ausnahme vom Krisenjahr 2009 – wieder jedes Jahr gewachsen.

Qualitätssicherung ist Chefsache: Geschäftsführer Christian Leeser und Fertigungsleiter Paul Schmitz lassen auf der Suche nach Verbesserungen des Produktionsprozesses keine Gelegenheit aus.
Qualitätssicherung ist Chefsache: Geschäftsführer Christian Leeser und Fertigungsleiter Paul Schmitz lassen auf der Suche nach Verbesserungen des Produktionsprozesses keine Gelegenheit aus. Bild: FRABA B.V.

Jubiläum Nummer 2

Neben 100 Jahre Fraba gibt es aktuell ein zweites Jubiläum, das für Firmenchef Leeser eigentlich das ausschlaggebendere ist: „In diesem Jahr konnten wir das zehnjährige Bestehen unserer Produktion im polnischen Slubice feiern.“ Die Fabrik – gebaut als Greenfield-Projekt auf der polnischen Seite der Oder, direkt hinter der Landesgrenze – ersetzte die traditionelle Produktion am Kölner Stammsitz von Fraba komplett. „Das war auch notwendig, denn seit 2004 krempeln wir den ehemals größten Produktbereich der optischen Drehgeber und das dahinter stehende Geschäftsmodell auf ganzer Linie um“, erklärt Leeser. Mittlerweile hat er Fraba vor allem auf magnetische Gebersysteme ausgerichtet. Das erfordere eine viel industriellere und weniger handwerkliche Fertigungsumgebung.

Gelebte Mass Customization: Es gibt nur eine Sache, was bei Posital-Encodern immer gleich ist –  die Verpackung.
Gelebte Mass Customization: Es gibt nur eine Sache, was bei Posital-Encodern immer gleich ist – die Verpackung.Bild: FRABA B.V.

Das Ufo von Slubice

In der Folge ist im Jahr 2007 die kreisförmige Fabrik in Slubice entstanden. Sie fällt schnell ins Auge, erinnert sie doch von Weitem an ein gerade gelandetes Ufo. Aufgrund der besonderen Konstruktion wurde das Gebäude bei einem internationalen Architektur-Ranking 2015 unter die schönsten Fabrikgebäude der Welt gewählt. „Während der Betrieb mit nur zehn Leuten anlief, arbeiten wir heute im Zweischichtbetrieb mit einem Team von 130 Mitarbeitern“, verdeutlicht Leeser die Entwicklung des Standorts. Für ein solches Wachstum habe ein runder Grundriss die besten Voraussetzungen geboten. Beim Bau des Werks wurde nicht nur auf das Äußere geachtet, auch das Innere ist außergewöhnlich gestaltet. Denn um möglichst flexibel agieren zu können, ist die Produktion komplett offen gehalten. Das Grundmuster mit seinen Arbeitsstationen für die Montage ist auf natürliches Licht und Helligkeit ausgelegt, was die Belegschaft sehr zu schätzen weiß. Schließlich ist das Auge das am meisten belastete Organ bei der Montage. Ein weiteres Charakteristikum: In der gesamten Fertigung gibt es weder Türen noch feste Arbeitsplätze. Was man vielleicht aus dem Bürobereich kennt, ist für die Produktion noch weitgehend ein Novum. Diese Eigenheit der Fraba-Fertigung unterstreicht aber gut die insgesamt sehr offene Firmenphilosophie des Unternehmens.

Gefragtes Encoder-Kit: Die Fraba-Lösungen für den Motoranbau als Alternative zu optischen Abtastsystemen kommen bei den Kunden gut an.
Gefragtes Encoder-Kit: Die Fraba-Lösungen für den Motoranbau als Alternative zu optischen Abtastsystemen kommen bei den Kunden gut an. Bild: FRABA B.V.

Mit Spielfreude zum Erfolg

Sie resultiert aus den früheren Erfahrungen des Geschäftsführers. Leeser war in seinem vorhergehenden Job als Unternehmensberater oft ernüchtert, wie schnell Tatendrang und Engagement junger Mitarbeiter bei Großunternehmen schwinden, und stellte sich deshalb als neuer Fraba-Chef die Frage: Wie lässt sich das anders machen? Seine Antwort: Spielfreude. „Es geht darum, eine Atmosphäre im Unternehmen herzustellen, in der das gesamte Team auf ein Spiel ausgerichtet ist, und jeder Mitarbeiter alles für einen gemeinsamen Sieg tut“, erklärt er. „Damit Spielfreude aufkommt, müssen alle im Team motiviert sein. Deswegen sorge ich dafür, dass die Mitarbeiter auch alles geben können – ohne Angst und Sorgen oder ihre Seele zu verkaufen.“ Diesem eigenen Anspruch folgend hat Leeser sein Unternehmen auf vier Kernwerte aufgebaut:

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