
Herr Hohmann, als Experte für Offline-Programmierung sprechen Sie sich klar dafür aus, Roboter und Maschinen auf diese Weise zum Einsatz zu bringen. Was sind die wichtigsten Gründe?
Stefan Hohmann: Mit Blick auf Themen wie Fachkräftemangel und Anlageneffizienz wird schnell klar, dass Anlage und Facharbeiter während der gesamten Programmierungszeit belegt werden und somit die Verfügbarkeit von Hardware und Bediener gleichermaßen limitiert ist: Die Anlage kann während des Teach-In nicht produzieren und der Bediener ist intensiv mit der Anlage beschäftigt. Darüber hinaus werden Fehler in der Anlagenkonstruktion, wie Zugänglichkeit des Roboters zum Bauteil oder Prozesswinkelabweichungen aufgrund von Beeinträchtigung durch Spannsysteme erst später erkannt. Je später ein Fehler erkannt wird, desto teurer wird dessen Behebung.
Durch die Digitalisierung des OLP-Prozesses können Qualität und Termintreue garantiert werden. Die Vorteile sind deutlich: Das ist zum einen die Übernahme von Prozessinformationen aus dem vorgelagerten System, z.B. können Schweißparameter direkt aus dem CAD übernommen werden. Dadurch verringert sich die Fehleranfälligkeit. Definitionen müssen nicht mehrfach in unterschiedliche Systeme eingegeben werden. Zum anderen geht es um die Berücksichtigung von Prozessparametern der jeweiligen Applikation bei der OLP. Dabei werden Controller-spezifische Schweißparameter mit dem digitalen Anlagenzwilling verknüpft und können bei der Programmierung direkt berücksichtigt werden. Aufwendige Einstellungen während des Einfahrens des Roboterprogramms entfallen dadurch. Ein weiterer Vorteil ist die nicht vorhandene Unterbrechung der Produktion, denn Programme können unabhängig von der Anlage oder parallel zur laufenden Produktion erstellt und validiert werden. Kollisionen können kostengünstig im sicheren, digitalen Raum behoben werden.
Die OLP ist schon heute eine No-Code-Programmierung. Es können Roboter verschiedener Hersteller und verschiedener Kinematiken mit einem einfachen und intuitiven Bedienkonzept programmiert werden. Da der OLP alle Informationen vorliegen, kann eine standardisierte Dokumentation der verwendeten Prozesseinstellungen automatisch erstellt werden.
Nun gibt es seit einiger Zeit eine Weiterentwicklung der Offline-Programmierung – die Autonome OLP. Was ist der Unterschied?
Die autonome Offline-Programmierung geht einen Schritt weiter als die Offline-Programmierung: Hier ist bereits Expertenwissen in die Algorithmen eingeflossen, sodass mit ein paar Mausklicks ein Expertenergebnis erzielt werden kann, ohne selbst ein Experte sein zu müssen.
Das eliminiert das Ausprobieren, besonders bei komplexen Bauteilen. Durch voreingestellte Optimierparameter wird eine kollisionsfreie Bewegungsbahn sowohl innerhalb des Applikationsprozesses als auch bei den Bewegungen zwischen den Prozessen mit nur wenigen Klicks erstellt.
Cenit bietet z.B. mit der Offline-Programmier-Plattform Fastsuite Edition 2 eine umfassende Lösung zur Digitalisierung des gesamten Programmierprozesses. Unser Ziel ist eine intuitive und nachhaltige Benutzerführung, die von der papierlosen Verarbeitung von Prozessdaten über die autonome Offline-Programmierung bis hin zum direkten Einspielen von Programmen auf die Robotersteuerung reicht.
Wie kam das Expertenwissen in die Software?
Wir verfügen über ein großes Netzwerk zu Roboterherstellern, Schweißgeräteherstellern und Maschinenbauern, die uns unterstützen und beraten, um die Algorithmen zu verfeinern und zu verbessern. Zudem haben wir Mitarbeiter, die sich seit vielen Jahren mit verschiedenen Fertigungslösungen beschäftigen und deren Expertenwissen einfließt. Dadurch haben wir es geschafft, unsere algorithmischen Optimieransätze auf unterschiedliche Lösungen abzustimmen, wie z.B. das Lichtbogenschweißen.