„M&A-Aktivitäten verlaufen typischerweise zyklisch und wir sehen Anzeichen, dass der Markt bereit ist für einen Aufschwung“, sagt Kai Grass, Partner bei Bain & Company und M&A-Experte. Laut dem Report lag das weltweite Transaktionsvolumen 2024 bei insgesamt rund 3,5 Billionen US-Dollar. Das entspricht einem Anstieg von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und liegt auf dem Niveau der Mitte der 2010er Jahre. Die Anzahl der M&A-Transaktionen stieg im Jahresvergleich um 7 Prozent.
Obwohl es 2024 damit zu einer gewissen Erholung kam, war das Transaktionsvolumen im Verhältnis zum globalen Bruttoinlandsprodukt historisch niedrig. „Die ungünstigen Marktbedingungen haben Transaktionen in den letzten drei Jahren gebremst. Doch selbst in dieser Phase ist es den erfolgreichsten Unternehmen gelungen, sich anzupassen und trotz aller Widrigkeiten anorganisches Wachstum zu erzielen“, so Grass. „Jetzt, da die Hemmnisse allmählich nachlassen, werden es ihnen andere gleichtun.“
Erholung in Deutschland ist 2024 ausgeblieben
Das strategische M&A-Transaktionsvolumen in Deutschland belief sich 2024 auf insgesamt 65 Milliarden US-Dollar, ein Rückgang um 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zwei große Transaktionen stachen besonders hervor: die Übernahme des Werkstoffherstellers Covestro durch die Abu Dhabi National Oil Company mit einem Volumen von rund 17 Milliarden US-Dollar sowie der Erwerb des Logistikunternehmens Schenker durch DSV A/S mit einem Volumen von rund 16 Milliarden US-Dollar. Bei 13 der 20 größten strategischen Transaktionen hierzulande handelte es sich um Desinvestitionen. Darüber hinaus kauften Mehrheitseigentümer Minderheitsanteile zu angemessenen Preisen zurück.
Die in Deutschland führenden Branchen nach strategischem Transaktionsvolumen – Industriegüter und -dienstleistungen sowie Energiewirtschaft – verzeichneten 2024 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang um 12 bzw. 21 Prozent. Im Gegensatz dazu nahm das Volumen sogenannter Outbound-Transaktionen, also Übernahmen ausländischer Zielunternehmen durch deutsche Käufe, um 68 Prozent spürbar zu. Dazu trug u.a. die Vereinbarung zur Übernahme von Altair Engineering durch Siemens für rund 11 Milliarden US-Dollar bei. 85 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens im Technologiesektor entfielen 2024 auf Outbound-Transaktionen.
M&A bleibt für Unternehmen wichtige Kernkompetenz
Das Interesse an Transaktionen bleibt dem Bain-Report zufolge grundsätzlich hoch, auch wenn die Aktivitäten aktuell noch verhalten sind. „M&A spielt eine zentrale Rolle in der Unternehmensstrategie, da Führungskräfte nach Wachstumsmöglichkeiten suchen und dabei Risiko und Ertrag in Zeiten ungewisser wirtschaftlicher Aussichten, geopolitischer Spannungen und gestörter Lieferketten abwägen“, betont M&A-Experte Grass. „Auch Finanzinvestoren sind bestrebt, ihr Kapital gewinnbringend einzusetzen.“ Darüber hinaus wächst das Angebot potenzieller Transaktionen. Von Konzernen, die ihre Geschäftsstrategien neu ausrichten bis hin zu Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds, die ihre Liquidität erhöhen wollen: Viele verfügen über Assets, die sie veräußern möchten, sobald sich der Markt weiter erholt und die Bewertungen steigen.
Während neue Regierungen in Europa und den USA möglicherweise für eine offenere Haltung gegenüber M&A-Transaktionen sorgen, stellt die technologische Disruption langfristig den entscheidenden Treiber für strategische Veränderungen bei Unternehmen dar. Generative KI, Automatisierung, erneuerbare Energien und Quantencomputing sind nur einige der Schlüsseltechnologien, die Unternehmen entweder selbst entwickeln oder durch Akquisitionen sichern müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem wird die Phase der Post-Globalisierung, verbunden mit sich verändernden Profit Pools, die M&A-Aktivitäten weiter vorantreiben. Führungskräfte überdenken ihre globalen Strukturen, um etwa den Zugang zu attraktiven Endmärkten zu sichern oder Lieferketten zu stabilisieren.
Einsatz generativer KI ist noch ausbaufähig
Inzwischen ist auch das Thema KI vielerorts in den Fokus gerückt. Eine Bain-Befragung unter weltweit mehr als 300 M&A-Verantwortlichen im Rahmen des Reports hat ergeben, dass 21 Prozent bereits generative KI im Rahmen von Fusionen und Übernahmen einsetzen. Das sind 5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Immerhin ein Drittel erwartet, diese Technologie bis Ende des Jahres zu nutzen. Gerade die akquisitionsfreudigsten Unternehmen und Private-Equity-Fonds setzen schon KI ein. Während zu den gängigsten Anwendungsfälle die Auswahl und das Prüfen von Transaktionen gehören, erwartet Bain, dass KI in den nächsten fünf Jahren jeden Schritt des M&A-Prozesses unterstützen wird.