Interview mit Bettina Schall, Geschäftsführerin von P.E. Schall

Doppeltes Jubiläum

Sindelfingen, Sinsheim, Stuttgart - die Motek hat in ihren 40 Jahren Messegeschichte schon einige Stationen durchlaufen. Die Geschäftsführerin des Messeveranstalters P.E. Schall, Bettina Schall, berichtet im Interview mit dem SPS-MAGAZIN über den Charakter der Messe, Erfolge und Herausforderungen für einen Messeveranstalter in der Automatisierungsbranche und aktuelle Technologietrends. Außerdem gibt es neben 40 Jahren Motek noch ein weiteres Jubiläum zu feiern: 60 Jahre Schall-Messen.
"Unsere Kernaufgabe als Messeveranstalter ist es, 
mit einem verlässlichen 
und klaren Themenportfolio und dessen übersichtlicher Anordnung bestmögliche Bedingungen für unsere Kunden zu schaffen."

Bettina Schall, P.E. Schall
"Unsere Kernaufgabe als Messeveranstalter ist es, mit einem verlässlichen und klaren Themenportfolio und dessen übersichtlicher Anordnung bestmögliche Bedingungen für unsere Kunden zu schaffen." Bettina Schall, P.E. SchallBild: P.E. Schall GmbH & Co. KG

Sehr geehrte Frau Schall, welche Entwicklung hat die Motek in den 40 Jahren ihrer Geschichte durchgemacht?

Bettina Schall: Die Messethemen der Motek bilden in jedem Jahr das aktuelle Produkt- und Lösungsportfolio der Unternehmen ab und den jeweils aktuellen Technologiestand. Vor 40 Jahren waren noch fast ausschließlich einzelne Komponenten für die industrielle Montage- und Handhabungstechnik zu sehen. Die manuelle Arbeit stand noch im Vordergrund. Automatisierung und Robotik gab es natürlich auch schon, aber noch auf einer ganz anderen Entwicklungsstufe. Außerdem war das Thema Automatisierung zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung heikel und suspekt, weil es mit der Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen verbunden wurde. Das alles hat sich gewandelt, das wissen wir alle. Die Motek hat über die Jahrzehnte als industrielle Technologieschau die Produktionsunternehmen auf dem Weg zur Smart Factory begleitet – von einst Einzelkomponenten hin zu digitalisierten Produkten, automatisierten Abläufen und vernetzten Systemen. Mithilfe der gewonnenen Daten und ihrer Aufbereitung ist künstliche Intelligenz in der Fertigung möglich und nützlich. Diese stetige Entwicklung hat sich auf der Motek und auf der parallel stattfindenden Bondexpo widergespiegelt und ist auch in diesem Jahr zu erleben.

Gab es große Veränderungen den Charakter der Messe betreffend über diese Zeit?

Nein, eine Veränderung, was den Messecharakter der Motek betrifft, hat es nicht gegeben. Die Motek war von Anfang an eine pragmatische Arbeitsmesse mit Praxisbezug. Es stand immer im Mittelpunkt, dass sich Anbieter und Anwender persönlich und in Ruhe treffen, um konkrete betriebliche Problemstellungen zu erörtern. Sie war nie eine Showveranstaltung, sondern immer eine anwendungsbezogene Kommunikations- und Geschäftsplattform für die Investionsgüterindustrie. Das wird auch so bleiben. Regelmäßig passen wir die Nomenklatur und die Themenstruktur an, damit der Messeaufenthalt für Aussteller und Fachbesucher so effizient wie möglich wird. Freilich war der Messecharakter damals in Sindelfingen und Sinsheim noch hemdsärmeliger, da musste stellenweise improvisiert werden. Aber wir sind doch alle hochzufrieden mit dem neuen Messestandort Stuttgart seit 2007, denn seither haben die Aussteller viel bessere Möglichkeiten, um ihre Leistungen und Lösungen adäquat zu präsentieren.

Welchen Herausforderungen sind Sie begegnet?

An sich ist jede Veranstaltung aufs Neue eine Herausforderung, der wir uns als Veranstalter aber gern stellen. Wir sind Dienstleister für unsere Aussteller und Fachbesucher und richten uns entsprechend nach deren Anforderungen und Bedürfnissen. Die sind volatil – abhängig von vielen anderen Umständen, abhängig von Marktlagen und Wirtschaftssituationen. Unsere Branche ist dynamisch und unterliegt einem permanenten Wandel, das ist auch für die Messeauftritte relevant. Unsere Kernaufgabe als Messeveranstalter ist es, mit einem verlässlichen und klaren Themenportfolio und dessen übersichtlicher Anordnung bestmögliche Bedingungen für unsere Kunden zu schaffen. Am Ende des Tages zeigt sich der Messeerfolg an den geschäftsrelevanten Kontakten und der Zufriedenheit von Ausstellern und Fachbesuchern: Wer zur Motek kommt, soll mit einer konkreten, machbaren Antwort auf seine Frage zurück in seine Produktion gehen und Dinge verbessern können. Dass wir als privates Messeunternehmen bei allem, was wir unternehmen im wahren Wortsinn, auch permanent Herausforderungen zu bewältigen haben, ist nichts Besonderes und ganz normal. Unser diesjähriges Jubiläum – 60 Jahre Schall-Messen – zeigt uns, dass wir alles richtig gemacht haben.

Was war für Sie der größte Rückschlag, was der größte Erfolg?

60 Jahre Schall-Messen – wenn das kein Erfolg ist! Schall führt ein einmaliges Fachmessenportfolio im Programm und hat mit Control, Motek, Bondexpo, Fakuma, Blechexpo, Schweisstec, Fakuma, Optatec sowie Stanztec eine intensive, unverbrüchliche B2B-Verbindung zur Investitionsgüterindustrie. Das Messekonzept, das Paul Eberhard Schall persönlich geprägt hat und das bis heute wirkt, war von Anfang an pragmatisch, themenfokussiert, marktorientiert, auf den fachlichen Nutzen für Aussteller und Fachbesucher konzentriert. Zum Beispiel ist die Control die international interessanteste und wohl größte Messe zum Thema Qualitätssicherung. Sie ist jährlich Hauptmarktplatz der Global Player in Sachen industrielle Qualitätssicherung, eine Wachstumsbranche. Oder die Blechexpo, die zusammen mit der Schweisstec im Zweijahresturnus alle Themen rund um die thermische und mechanische Blechbe- und -verarbeitung behandelt. Eine weltweit anerkannte Erfolgsveranstaltung, bei der sich die Branchenbesten treffen. Ein anderes Vorzeigebeispiel ist die Fakuma, bei der zuletzt fast 1.500 Aussteller aus 39 Ländern nach Friedrichshafen gekommen waren und Spritzgießen, Extrusionstechnik, Thermoformen und 3D-Printing auf Top-Niveau zeigten. Und nicht zuletzt die Motek, mit der wir jetzt das 40. Jubiläum feiern. Das alles sind für mich größte Erfolge, für die ich sehr dankbar bin! Nur mithilfe unserer Aussteller, unserer Fachbesucher und natürlich unseres Teams im Unternehmen sind sie möglich. Klar, die Lehman-Krise war eine Herausforderung, die Covid19-Pandemie ist eine Herausforderung, jetzt bedrückt uns alle der Krieg in der Ukraine – das sind sehr ernstzunehmende Aufgaben, denen sich alle Unternehmen und alle Gesellschaftsangehörigen stellen müssen, jeder auf seine Weise. Wir schauen optimistisch nach vorn!

Wie hat sich die Ausstellerschaft über die 40 Jahre entwickelt? Hat sich die Stimmung unter den Ausstellern verändert?

Die Ausstellerschaft hat sich hinsichtlich der Inhalte und Präsentation selbstverständlich fortentwickelt. Aussteller, die vor 40 Jahren als junge Facharbeiter ohne Handy und ohne Laptop zur Messe gekommen sind, haben die Entwicklung der Automatisierung und Digitalisierung voll mitgeprägt und sind jetzt auf dem Weg in den Ruhestand. Natürlich ist die Ausstellerschaft jetzt anders technologiegeprägt, moderner. Klar feststellbar ist, dass der hohe Anspruch an die Themen Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Ressourcenschonung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit ganz oben rangiert. Die Unternehmen müssen sich noch besser und verlässlicher ausrüsten, um Kosten zu sparen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Nach wie vor nutzen die Aussteller die Messe als wichtige Plattform für den Vertrieb, für die Kundenpflege und den persönlichen Austausch. Das wird auch in Zukunft so sein.

Welche Automatisierungstrends haben Sie kommen und gehen sehen?

Ich habe die Entwicklung der industriellen Technologien erleben und beobachten dürfen – hochspannend! Diese Entwicklung der industriellen Automatisierung und Digitalisierung ist ein hochkomplexer Prozess, den die Motek und die Bondexpo jahrzehntelang begleitet haben und das auch in Zukunft tun werden. Ja, um Dinge zu fokussieren und voranzutreiben, werden Trends und Megatrends formuliert und auch wieder neu benannt – das ist Marketing. Wir als Messeveranstalter formulieren sie nicht – aber wir folgen den Märkten. Technologieentwicklungen und industrielle Modernisierungen werden stets getrieben von diversen Parametern – jetzt sehen wir, wie die aktuelle Klima- und Energiesituation neue Technologien treibt. So gilt der Fokus den wichtigen Themen Decarbonisierung, Umweltschutz, Nachhaltigkeit. Wir als Messeveranstalter unterstützen Unternehmen bestmöglich dabei, ihren jeweiligen technologischen Beitrag zu diesen Trendthemen zu präsentieren.

Im Herbst 2021 war die Motek eine der ersten Messen, die nach der langen Coronapause wieder stattfand und nicht doch noch – wie etwa die SPS – kurzfristig abgesagt wurde. Was hat Sie dazu bewogen, hier voranzugehen und der Branche wieder eine Möglichkeit zum direkten Austausch zu geben?

Wir sind hier einfach unseren pragmatischen und optimistischen Weg gegangen und haben alles Machbare unternommen, damit die Messe stattfinden konnte. In enger Abstimmung mit den Behörden und der Messe Stuttgart haben wir nichts unversucht gelassen, Aussteller und Fachbesuchern wieder die Möglichkeit des persönlichen Austauschs zu geben. Wir wissen doch, wie sehr alle die persönliche Begegnung herbeigesehnt haben. Wir hatten Glück! Im Oktober 2021 konnte der Reset der Motek und der Bondexpo erfolgen, die Fakuma in Friedrichshafen fand statt und Blechexpo und Schweisstec gingen sogar turnusmäßig über die Bühne. Auch wenn aus den notwendigen Vorgaben bezüglich Abstand und Hygiene ein insgesamt ruhigeres Messeerleben folgte, gab es durchweg zufriedene, glückliche Teilnehmer und sehr gute geschäftliche Kontakte. Ist doch klar – denn ein großer Informationsbedarf hatte sich aufgestaut. Der Messeherbst 2021 war sehr wichtig und für alle bewegend, er bleibt unvergessen!

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