Ifo-Konjunkturprognose Sommer 2021

Deutsche Wirtschaft im Spannungsfeld zwischen Öffnungen und Lieferengpässen

Inflationsrate beschleunigt sich

Seit Januar 2021 hat sich die Inflationsrate deutlich beschleunigt. Während in der zweiten Jahreshälfte 2020 das durchschnittliche Niveau der Verbraucherpreise unter seinen Vorjahreswert sank, erreichte der Preisauftrieb im Mai mit 2,5% den höchsten Wert seit 2008. Maßgeblich hierfür waren zum einen die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer, die für sich genommen die Inflationsrate im Januar um gut einen Prozentpunkt steigen ließ. Zum anderen verteuerten sich die Energiepreise im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Dazu trug vor allem der kräftige Anstieg der Weltmarktpreise von Rohöl bei, die seit April 2020 nahezu ununterbrochen von knapp 20 US-Dollar auf zuletzt knapp 70 US-Dollar gestiegen sind. Aber auch die Einführung einer CO2-Emissionsabgabe auf fossile Brennstoffe ließ für sich genommen die Inflationsrate im Januar um etwa 0,3 Prozentpunkte steigen. Im Jahresdurchschnitt 2021 dürfte der Anstieg der Verbraucherpreise bei 2,6% und die Kerninflationsrate bei 2,1% liegen. Dieser Preisschub sollte allerdings nur temporärer Natur sein. Im Laufe des kommenden Jahres sollten sich die Verbraucherpreise wieder moderater entwickeln und im Jahresdurchschnitt bei 1,9% liegen (Kernrate: 1,7%).

Weltwirtschaft: Deutlicher Aufschwung

Die Entwicklung der Weltwirtschaft wird weiterhin maßgeblich von der Corona-Pandemie bestimmt. Im Winterhalbjahr 2020/21 erholte sich das globale Bruttoinlandsprodukt weiter von seinem drastischen Einbruch im Frühjahr 2020 und lag zuletzt wieder fast auf seinem Vorkrisenwert. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern, die sich aus den unterschiedlichen Zeitpunkten der (erneuten) Virusausbrüche, den unterschiedlich drastischen Infektionsschutzmaßnahmen und den verschiedenen Geschwindigkeiten beim Impffortschritt ergeben. Insgesamt wird das Bruttoinlandsprodukt der Welt in diesem Jahr voraussichtlich um 6,6% und im Jahr 2022 um 4,2% zulegen. Während China sein Vorkrisenniveau schon seit dem dritten Quartal 2020 wieder deutlich überschritten hat, dürfte die globale und die US-amerikanische gesamtwirtschaftliche Produktion im zweiten Quartal 2021 das Vorkrisenniveau überschreiten. Die meisten anderen Länder folgen ein Quartal später, der Euroraum als Ganzes allerdings erst Anfang 2022.

Die Inflationsrate in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften dürfte im laufenden Jahr mit 2,1% deutlich kräftiger ausfallen als in den Jahren zuvor. Dabei ist ein Großteil des Anstiegs auf den äußerst niedrigen Rohölpreis im Frühjahr 2020 und dessen Anstieg seitdem zurückzuführen. Im kommenden Jahr wird die Inflationsrate in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften voraussichtlich bei 1,7% liegen. Dagegen dürfte die Inflation in den Schwellenländern im laufenden Jahr mit insgesamt 3,1% niedriger ausfallen als im vergangenen Jahr (3,5%) wie auch im kommenden Jahr (3,6%). Vor allem in China fallen die Preissteigerungen deutlich geringer aus, da die Unternehmen davon abgehalten wurden, ihre höheren Preise an die Konsumenten weiterzugeben.

Der weltweite Warenhandel dürfte im zweiten Quartal 2021 wieder kräftig zulegen, angetrieben durch die weiterhin hohe Nachfrage nach handelsintensiven langlebigen Gütern. Allerdings wird die Nachfrage im zweiten Halbjahr 2021 im Zuge der schrittweisen Aufhebung der Mobilitätsbeschränkungen wohl abnehmen. Hierdurch dürften nationale, aber auch grenzüberschreitende Dienstleistungen wieder verstärkt nachgefragt werden, so dass der internationale Handel von Dienstleistungen stark und der von Waren gedämpfter zulegen dürfte. Gleichzeitig werden sich die Kapazitätsengpässe in vielen Häfen durch die Aufhebung der Infektionsschutzmaßnahmen und einer verstärkten Containerproduktion voraussichtlich auflösen. Alles in allem wird der weltweite Warenhandel in diesem Jahr wohl um 11,0% und im Jahr 2022 um 2,3% expandieren.

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