
Die deutsche und die US-amerikanische Wirtschaft sind eng verflochten. So waren die USA in der ersten Jahreshälfte 2024 zum ersten Mal seit 2015 wieder der wichtigste Partner Deutschlands beim Warenhandel. Für eine Reihe von Industriebranchen sind die Vereinigten Staaten der mit Abstand größte Kunde. Aber auch als Ziel für unternehmerisches Kapital liegen die USA vor allen anderen Ländern – 27,5 Prozent aller deutschen Direktinvestitionsbestände entfielen zuletzt auf Standorte zwischen Los Angeles und New York.
Nach angaben des Institut der deutschen Wirtschaft seien daher die Signale, dass die neue US-Administration künftig einen konfrontativeren und noch stärker protektionistischen Kurs in der Wirtschaftspolitik verfolgen dürfte. bedenklich. Allein die angedrohten höheren Zollschranken könnten in Deutschland zu einer um bis zu 180 Milliarden Euro geringeren Wirtschaftsleistung führen. Das treibe auch die hiesigen Unternehmen um, wie eine Befragung durch das IW nach der jüngsten US-Präsidentschaftswahl zeigt. Rund ein Drittel der deutschen Unternehmen befürchtet starke Wettbewerbseinbußen, weil sie aufgrund der US-Politik künftig einen noch größeren Nachteil bei den Energiekosten haben könnten. Weitere knapp 40 Prozent teilt diese Sorge in einem moderaten Ausmaß.
Knapp 30 Prozent der befragten Firmen erwarten erheblich schlechtere Absatzzahlen, weil sie davon ausgehen, dass die USA die Weltwirtschaft durch zusätzliche Handelsbeschränkungen schwächen und die allgemeine Unsicherheit erhöhen. Nimmt man noch jene Firmen hinzu, die hier zumindest ein moderates Risiko sehen, ist dieser Aspekt für insgesamt mehr als 80 Prozent der deutschen Unternehmen relevant.
Die drittgrößte Sorge sind Wettbewerbsnachteile, die aus einer künftigen nachlässigeren Umweltpolitik Donald Trumps resultieren könnten – rund jede fünfte Firma rechnet mit starken, mehr als jede dritte mit mäßigen entsprechenden Auswirkungen.
Nur wenige Firmen erwarten Produktionsprobleme
Mögliche höhere oder neue Warenzölle, die die neue Führung der USA unter Donald Trump auf in Deutschland hergestellte Güter einführen könnte, beunruhigen die vom IW befragten Unternehmen dagegen trotz aller Diskussionen offenbar eher wenig. Lediglich 10 Prozent erwarten in dieser Hinsicht starke negative Auswirkungen auf ihre Absatzzahlen, 22 Prozent gehen von moderaten Effekten aus. Das bedeutet im Umkehrschluss: Gut zwei Drittel der deutschen Unternehmen rechnen nicht damit, dass eine härtere Gangart der US-Regierung in der Zollpolitik die Absatzmöglichkeiten beschränkt.
Noch geringer sind die erwarteten Auswirkungen einer veränderten US-Politik auf die Produktion der hiesigen Firmen. Probleme könnten in dieser Hinsicht beispielsweise entstehen, wenn die USA aus sicherheitspolitischen Erwägungen den Warenhandel mit bestimmten Ländern beschränken und dies die Lieferketten deutscher Firmen beeinträchtigt. Doch bei allen vier abgefragten Ursachen für mögliche Produktionsprobleme gab weit mehr als die Hälfte der Unternehmen an, keine entsprechenden negativen Effekte zu befürchten.
Industrie am stärksten betroffen
Beim Blick auf diese Ergebnisse gilt es allerdings zu beachten, dass viele der befragten Unternehmen – etwa aus der Dienstleistungs- oder Baubranche – überwiegend im Inland oder sogar nur in einer bestimmten Region agieren und daher von den möglichen Änderungen in der US-Handelspolitik kaum oder gar nicht tangiert sind. In der zu großen Teilen stark exportorientierten Industrie sind die Befürchtungen dagegen deutlich größer: So erreicht der Anteil der Firmen, die aufgrund eines wachsenden Energiekostennachteils eine stark verschlechterte Wettbewerbsposition erwarten, im verarbeitenden Gewerbe annähernd 40 Prozent.
Mit deutlich verringerten Absatzchancen infolge einer geschwächten Weltwirtschaft rechnet mehr als ein Drittel der Industriebetriebe. Und immerhin gut jedes fünfte Unternehmen aus diesem Wirtschaftsbereich sieht seine Wettbewerbsposition durch eine künftig laxere Umweltpolitik der USA stark beeinträchtigt.