Wissens- und Networking-Plattform für die individuelle Massenproduktion

Das Knowhow für Stückzahl 1

Die Fachkonferenz Losgröße 1 und Mass Customization hat sich zur zentralen deutschen Wissens- und Networking-Plattform für die industrielle Praxis in diesem Themenfeld entwickelt. Ende Februar fand die 4. Ausgabe der Veranstaltung statt. Neben einem hochkarätigen Vortrags- und Workshop-Programm mit Erfahrungsberichten aus erster Hand, gab es auch wieder zukunftsweisende Anwendungsreferenzen aus der Produktion live zu sehen.
Bild: TeDo Verlag GmbH

„Viele Unsicherheiten prägen heute die Wirtschaft. Agilität, Resilienz und Flexibilität werden zu entscheidenden Faktoren. Denn erfolgreiche Unternehmen klagen nicht über Turbulenzen, sondern nutzen innovative Prozesse und Fähigkeiten, mit diesen besser als die Konkurrenz umzugehen und sehen Unsicherheiten so als Wettbewerbsvorteil“, erklärte Frank Piller, Professor an der RWTH Aachen und Beiratsmitglied der Fachkonferenz. „Mass Customization und die Fähigkeit, effizient und skaliert in Losgröße 1 zu produzieren, gehört zu diesem differenzierenden Kompetenzbündel in jedem Fall dazu.“ Ziel sei es, allen Kunden genau die Lösung zu geben, die sie wünschen. „Deshalb ist Losgröße 1 auch eines der großen Wertversprechen der nächsten Generation von Industrie 4.0“, so Piller weiter. „Technologien wie additive Fertigung, flexible Automatisierungssysteme oder kollaborative Robotik bieten zusammen mit innovativen PLM- und Konfigurationssystemen das technische Fundament vieler Anwendungen.“

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Blumenstrauß an Beispielen

Dass diese Thesen wirklich zutreffen, belegte Prof. Piller – übrigens eine echte Koryphäe auf diesem Themengebiet – auf der Fachkonferenz im Rahmen seiner Keynote an einer Vielzahl aus Praxisbeispielen. Wie früh in der Wertschöpfungskette sich die o.g. Fähigkeiten bereits einbringen lassen, beleuchtete Prof. Roman Dumistrescu, Direktor des Fraunhofer IEM und nicht nur Beiratsmitglied, sondern auch Moderator der Fachkonferenz. Er verdeutlichte in seinem Impuls zum Thema Engineering, wo die Stellhebel für die industrielle Wertschöpfung liegen. Entsprechend ist es für ihn ein zentrales Anliegen, nicht nur Produkte und Produktionslösungen immer weiter zu entwickeln, sondern auch die Methoden des Advanced Systems Engineering. „Welche Dimension Digitalisierung und Losgröße 1 in der Praxis letztlich annehmen werden, davon können wir uns heute noch gar keine Vorstellungen machen“, so Dumistrescu. Um von starren Dienstleistungen zu smarten Services als integraler Bestandteil der Maschine zu kommen, bedürfe es nicht nur autonomer und dynamisch vernetzter Systeme, sondern auch interaktive soziotechnische Systeme. In diesem Zusammenspiel liege zukünftig die Grundlage für fortschrittliche Prozesse, Kollaboration und Engineering-Werkzeuge.

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Automobilwerk der Zukunft

Dass die Veranstaltung im niederländischen Vals stattfand ist auf die Besichtigung des eGo-Werks im benachbarten Aachen zurückzuführen. Das Startup eGo Automobile war 2015 aus dem Umfeld des WZL der RWTH als Ausgründung hervorgegangen. 2017 wurde das erste Elektroauto-Serienmodell vorgestellt, seit letztem Jahr wird es ausgeliefert. Oberste Prämisse bei der Herstellung ist eine durchgängige Produktion nach Gesichtspunkten der Smart Factory. Denn im derzeit entstehenden Markt für Elektrofahrzeuge sind hohe Flexibilität und kurze Entwicklungszyklen für eine erfolgreiche Produktentwicklung entscheidend. Entsprechend setzt der Hersteller auf eine flexible Fahrzeugplattform und ein agiles Produktionskonzept, um die Ansätze von Losgröße 1 und Mass Customization umzusetzen. Im Ergebnis wird den Kunden eine hohe Individualität bei geringen Kosten angeboten. Von den fünf Schlüsselelementen des Produktionskonzepts für die rentable Kleinserienfertigung – agiles Produktionskonzept, geringer Investitionsaufwand, effiziente Produktion, schnelle Skalierbarkeit und internationale Übertragbarkeit – konnten sich die Teilnehmer der Fachkonferenz bei einer exklusiven Werksführung überzeugen.

Bündelung von 3D-Druck-Kompetenz

Als zweiter Live-Besichtigungstermin stand das Aachen Center for Additive Manufacturing (ACAM) auf dem Konferenzprogramm. Es bündelt die Ressourcen verschiedener Institute und Forschungspartner im Umfeld des 3D-Drucks auf dem Universitätscampus. Ziel ist es, den Zugang von Außen zu den Kompetenzen und Dienstleistungen der Forschungseinrichtungen zu vereinfachen. Dafür bietet das ACAM Dienstleistungen rund um industrielle additive Fertigung entlang der gesamten Prozesskette von der Konstruktion bis zum Einsatz des jeweiligen Bauteils. Die Forschungs- und Entwicklungsthemen umfassen unter anderem Automatisierung und Produktivitätssteigerung, Qualitätskontrolle oder die Evaluierung neuer Werkstoffe bzw. Anwendungen.

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