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it’s OWL Projekt: I4.0AutoServ

So lassen sich Machinendaten automatisiert erheben und nutzbar machen

Im it's OWL Projekt I4.0AutoServ soll eine One-Stop-Shop-Lösung dabei unterstützen Maschinendaten automatisiert zu erheben, damit auch kleine und mittlere Unternehmen datengetriebene Services schnell und kostengünstig nutzen können.
  Der Mini-Roboter AMiRo kann Werkstücke auf einem vorgegebenen Streckennetz autonom von einer Station zur nächsten bringen.
Der Mini-Roboter AMiRo kann Werkstücke auf einem vorgegebenen Streckennetz autonom von einer Station zur nächsten bringen.Bild: it´s OWL Clustermanagement GmbH

Maschinen generieren stetig Daten, z.B. werden Temperaturen und Geschwindigkeiten gemessen. Diese Daten zu erheben, aufzubereiten und zu nutzen, wird für Unternehmen immer wichtiger, denn dadurch können sie Fehler erkennen und im besten Fall vermeiden, Fertigungsprozesse verbessern, Transparenz und Effizienz der Lieferketten erhöhen und Kunden und Verbrauchern mehr Services bieten. Das Problem: Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen fehlt es dafür oft an technischem Fachwissen und passenden IT-Plattformen, die auf die einzelnen Maschinen oder Komponenten speziell zugeschnitten werden müssen. Die Nutzung dieser sogenannten datengetriebenen Services ist daher mit viel Aufwand und Kosten verbunden, die oft nicht im Verhältnis zum erwarteten Nutzen stehen.

 Gemeinsam zum Ökosystem (v.l.n.r.): Rafael Schroeder (Remmert), Dennis Quirin (Uni Bielefeld), Dr. Magnus Redeker (Fraunhofer IOSB-INA) und Dr. Marc Hesse (Uni Bielefeld)
Gemeinsam zum Ökosystem (v.l.n.r.): Rafael Schroeder (Remmert), Dennis Quirin (Uni Bielefeld), Dr. Magnus Redeker (Fraunhofer IOSB-INA) und Dr. Marc Hesse (Uni Bielefeld) Bild: ThinkTank OWL/ Lukas Stolle

Automatisiert und datengetrieben

Genau hier setzt I4.0AutoServ an: „Durch unser Industrie-4.0-Ökosystem für den automatisierten Einsatz von datengetriebenen Services können Unternehmen Produkt-Service-Systeme schneller und kostengünstiger realisieren“, sagt Dr. Marc Hesse, Teamleiter Kognitronik an der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld. „Das ist z.B. für Komponentenhersteller, Maschinenbauer oder auch für fertigende Unternehmen interessant.“ Die Projektidee entwickelte sich aus drei vorangegangenen it’s OWL Projekten (ML4Pro², TeDZ und iAP). „Bereits zu ihrer Laufzeit haben wir erkannt, dass sich die Projekte synergetisch ergänzen und wir konnten einen ersten gemeinsamen Demonstrator entwickeln“, so Hesse. Neben der Universität Bielefeld (AG Kognitronik & Sensorik), der Universität Paderborn (Lehrstuhl für Dynamik und Mechatronik) und dem Fraunhofer-IOSB-INA-Institutsteil für industrielle Automation, sind drei Unternehmen am Projekt beteiligt: Der Antriebs- und Automatisierungsanbieter Lenze, das auf elektrische Verbindungstechnik spezialisierte Unternehmen Weidmüller sowie Remmert – ein Anbieter für vollautomatische Lagertechnik, intelligente Logistiksoftware und wirtschaftliche Automationslösungen im Bereich Langgut und Blech.

 Auf der Hannover Messe hat das it's OWL Projekt I4.0AutoServ anhand eines Demonstrators präsentiert, wie das Industrie-4.0-Ökosystem funktioniert.
Auf der Hannover Messe hat das it’s OWL Projekt I4.0AutoServ anhand eines Demonstrators präsentiert, wie das Industrie-4.0-Ökosystem funktioniert. Bild: it´s OWL Clustermanagement GmbH

So funktioniert das Okösystem

„Datengetriebene Services, die teils auf maschinellen Lernverfahren basieren, sind heutzutage sehr individuelle Lösungen, die mit hohem Aufwand für eine spezifische Produktionsanlage entwickelt werden. Diese Lösung kann oftmals nicht auf andere Anlagen angewendet werden“, erzählt Marc Hesse. „Komponenten einer Produktionsanlage, z.B. Steuerungen, Antriebe oder Sensoren werden vom Hersteller zunehmend mit einem digitalen Zwilling ausgeliefert. Dieser stellt neben Basisinformationen wie Hersteller, Typ, Baujahr auch Live-Daten zur Verfügung.“ Damit vor allem kleine und mittlere Unternehmen diese Maschinendaten in Zukunft effektiver für sich nutzen können, müssen viele Komponenten sehr detailliert betrachtet werden: „Unser Projekt I4.0AutoServ hat das Ziel, alle notwendigen Schritte zu automatisieren und sie zu einem Industrie-4.0-Ökosystem zusammenzuführen, das als skalierbares Gesamtpaket anwendbar wird – eine sogenannte One-Stop-Shop-Lösung, erklärt Hesse. „Ein Ökosystem umfasst alle erforderlichen Aspekte eines Systems und harmonisiert sie. In unserem Fall ist das Ziel die niederschwellige Anwendung datengetriebener Services in der Produktion.“

Daten und Dienste für Mensch und Maschine

„Unser Ökosystem besteht aus Assets, also z.B. Maschinen und Produkten, und deren interoperablen digitalen Zwillingen“, ergänzt Dr. Magnus Redeker vom Fraunhofer IOSB-INA. „Damit Daten und Dienste der Assets von Mensch und Maschine interpretiert werden können, werden sie in den zugehörigen digitalen Zwillingen semantisch angereichert. Ein Beispiel: Wenn bei der Temperatur der Wert fünf gemessen würde, müsste er semantisch um etwa ‚°C‘ angereichert werden, damit er interpretiert werden kann. Ansonsten könnte der Wert auch für ‚F‘ oder ‚K‘ stehen. Eindeutigkeit erzeugt Interpretierbarkeit.“

„Stattet man die Services ebenso mit einem digitalen Zwilling aus und beschreibt dort normgerecht deren Anforderungen, können Fähigkeiten und Anforderungen automatisiert abgeglichen werden“, so Hesse. „Im Idealfall kann sich ein Produktionsverantwortlicher dann per Klick anzeigen lassen, welche Services er auf welche Komponenten anwenden kann. Das betrifft z.B. die Anomalieerkennung oder die Ermittlung der Restlebensdauer. Per Klick werden die gewünschten Services dann ausgeführt und Ergebnisse angezeigt.“

Matching: Maschinen und Services

„Damit geeignete datenbasierte Mehrwertdienste – Value-Based-Services – aufgerufen werden können, werden alle Assets mit einer Verwaltungsschale erweitert“, erklärt Marc Hesse. „Sie können sich in einem ganzheitlichen Ökosystem dynamisch und autonom vernetzen. Die semantisch angereicherte, maschineninterpretierbare Selbstbeschreibung der Verwaltungsschalen ermöglicht es, Datenflüsse automatisiert aufeinander abzustimmen und z.B. die Daten für das nachfolgende Trainieren maschineller Lernverfahren vorzubereiten. Nachfolgend können Services durch einen automatischen Abgleich zwischen ihren Anforderungen und den Fähigkeiten der einzelnen IT-Ebenen (Device, Edge, Cloud) in einem automatisierten Deployment über diese Ebenen verteilt, angewendet und gewartet werden.““Ganz simpel runtergebrochen funktioniert das Ganze wie eine automatisierte Vermittlung“, ergänzt Magnus Redeker. „I4.0AutoServ ermittelt Matches automatisch: Zwischen Hardware, z.B. Maschinen, Anlagen und Rechenressourcen, und datengetriebenen Services, etwa Condition Monitoring. Dieses Matching basiert rein auf den digitalen Zwillingen der Assets im Ökosystem, die interoperabel beschreiben, welche Fähigkeiten die Assets besitzen, welche Daten sie zusichern und welche Daten sie benötigen. Dieses automatische Matching ist neu – ein Meilenstein, der die Anwendung von datengetriebenen Services massiv erleichtert und in manchen Fällen überhaupt erst ermöglicht.“

Präsentation des Demonstrators

Er ist klein, rund, blinkt grün und kann Werkstücke auf einem vorgegebenen Streckennetz autonom von einer Station zur nächsten bringen – der Mini-Roboter AMiRo. Mit ihm hatte das Projektteam auf der Hannover Messe 2024 präsentiert, wie das Industrie4.0-Ökosystem funktioniert. „Wir simulieren den Fall eines Defektes am Rad per Klebeband“, erzählt Dennis Quirin, von der Technischen Fakultät der Universität, der ebenfalls am Projekt beteiligt ist. „Durch das automatische Erheben und Aufbereiten der Daten fährt der AMiRo selbstständig in die Wartung und ein neuer Roboter wird bereitgestellt.“ Der Demonstrator zählt zu den weiteren Meilensteinen des Projektes: „Zu sehen, dass jetzt wirklich alles Hand in Hand geht, dass das eine Zahnrad ins andere greift, ist für mich besonders spannend.“

Beteiligte Unternehmen erwarten vielfältige Benefits

Bei Remmert gibt es etwas ähnliches wie den AMiRo in groß: „Wir haben fahrerlose Transportfahrzeuge, mit denen schwere und sperrige Güter in Produktions- und Lagerumgebungen transportiert werden können“, erzählt Softwareentwickler Rafael Schroeder. „In Zukunft möchten wir Entwicklungen aus I4.0AutoServ für unsere FTS nutzen. Aber auch, um zum Beispiel Kunden einen Einblick in die Gesundheit ihrer Anlage zu ermöglichen.“ Auch Lenze und Weidmüller erwarten vielfältige Benefits durch I4.0Autoserv. Dazu zählen tiefere Einblicke in Maschinen und Anlagen, sowie die Möglichkeit, datengetriebene Services für Produkte oder Produktionen eigenständig zu entwerfen und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Das Feedback zur Zusammenarbeit fällt bei den beteiligten Unternehmen durchweg positiv aus: „Wir haben bereits viele Förderprojekte zu unterschiedlichen Themen mit den lokalen Universitäten und Hochschulen durchgeführt.“ sagt Dr. Markus Köster, Leiter der Standard- und Technologieentwicklung bei Weidmüller. „Gerade die räumliche Nähe der Industrie- und Forschungspartner fördert eine persönliche Zusammenarbeit, so dass Arbeitstreffen häufiger in Persona stattfinden und eine enge Zusammenarbeit ermöglicht wird.“

Projekt als Chance für KMUs in OWL

„Zukünftig möchten wir die Ergebnisse des Projektes gezielt kleinen und mittleren Unternehmen in Ostwestfalen-Lippe zur Verfügung stellen“, so Marc Hesse. „Dies könnte zum Beispiel als Open-Source-Lösung geschehen. Eventuelle Spezifikationen könnten dann im Unternehmen ausgespielt werden.“ „Letztendlich ist ein solches Industrie 4.0-Ökosystem für jede Branche und jedes Unternehmen interessant“, ergänzt Magnus Redeker. Denn die Interoperabilität von Daten und Diensten ermögliche eine aufwandsarme Umsetzung von Anwendungsfällen über den gesamten Lebenszyklus eines Assets. „Schauen wir uns das zum Beispiel anhand eines Produktes an: In der Entwicklungsphase lassen sich Anforderungen aus Normen automatisch in die Produktentwicklung integrieren. Während der Nutzung des Produktes können Mehrwertdienste mit I4.0AutoServ automatisch angewendet werden und beispielsweise die Produktnutzungsphase verlängern. Und zum Ende, also in der Recyclingphase, lassen sich verbaute Komponenten gezielt in neu entstehende Produkte integrieren.“

Die Aufgabe der Forscher ist es nun, an den Feinheiten zu feilen: „Dazu zählt z.B., dass wir die Fähigkeiten und Anforderungen von Value-Based-Services und Shopfloor-Assets für eine Skalierung zwar möglichst übergreifend beschreiben müssen, aber gleichzeitig spezifisch genug, um das Matching der Assets durchzuführen“, resümiert Hesse abschließend.

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