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Retrofit: KI-basierte Sensoren zur Anomalieerkennung einsetzen

So lassen sich KI-Erweiterungen einfach nachrüsten

Die künstliche Intelligenz und besonders das maschinelle Lernen bieten vielfältige Möglichkeiten, um bestehende Systeme durch ein Retrofit mit völlig neuen Eigenschaften auszustatten und dadurch für den Nutzer einen erheblichen Mehrwert zu schaffen. Ein Beispiel wäre die Nachrüstung KI-basierter Sensoren zur Anomalieerkennung für eine Maschinen- und Anlagensteuerung.
Bild: SSV Software Systems GmbH

Um die Vorgehensweise zu beschreiben, gehen wir von folgender Aufgabenstellung aus: In das Eingangsdatenbild einer Anlagensteuerung (SPS) soll ein Störungssignal integriert werden, um z.B. Anomalien in den verschiedenen Antriebselementen der jeweiligen Anlage zu erkennen (z.B. eine Unwucht) und zusätzlich fortlaufend Anlagenzustandsdaten (Condition-Monitoring-Daten) an eine Digitalisierungsanwendung schicken. Die SPS kann durch diese Funktionserweiterung die gesamte Anlage gegebenenfalls anhalten, um weitere Schäden zu vermeiden. Für die Anomalieerkennung soll ein KI-Modell bzw. künstliches neuronales Netzwerk zum Einsatz kommen, dass mit vor Ort erfassten Anlagendaten per Machine Learning trainiert wird. Die KI-Funktionen müssen sich als kompakte externe Baugruppe ohne weitere Eingriffe und Veränderungen direkt an einem Maschinengehäuse befestigen lassen. Eingangsseitig kann die Baugruppe die Eigenvibration der Anlage sowie einen Drehzahl-Modulationswert (0 bis 10V) nutzen. Der KI-Baugruppenausgang wird mit einem binären SPS-Eingang verbunden, um erkannte Anomalien anzuzeigen.

Umsetzung mit KI-basiertem Softsensor

Das anormale Betriebsverhalten rotierender mechanischer Systeme lässt sich in der Regel nicht direkt messen. Die Anforderungen der Aufgabenstellung sind allerdings mit einem KI-basierten Softsensor realisierbar. Solche virtuellen Sensoren nutzen mehrere einzelne Sensorelemente oder zusätzliche Eingangssignale, um stellvertretende Messgrößen zu erfassen und mittels Modell-basierter Verknüpfungen in eine Zielgröße umzuwandeln. Mit anderen Worten: Softsensoren berechnen die gewünschte Zielgröße als Ausgangswert aus verschiedenen zu ihr korrelierenden Eingangsvariablen. Das Eingangsdatenbild kann aus Messdaten diverser Hardware-Sensoren, aber auch Messwerten bzw. Variablen aus anderen Quellen bestehen. Wichtig ist, dass eine mathematisch beschreibbare Wechselbeziehung zwischen den einzelnen Eingangsvariablen und der Zielgröße existiert. Zur Unwuchterkennung lässt sich z.B. eine IMU (Inertial Measurement Unit) als MEMS-Sensorelement einsetzen.

Werden die Ausgangsdaten eines IMU-MEMS-Sensors mit einer bestimmten (Abtast-) Frequenz im Zeitbereich erfasst und dann mit Hilfe einer Fourier-Transformation in den Zeitbereich umgewandelt, entstehen Rotationsfrequenzspektren zu bestimmten Zeitfenstern, die spezifische Anlagenzustände beschreiben. Der Zusammenhang zwischen den errechneten Frequenzspektren und den jeweiligen Maschinenzuständen lässt sich über einen Machine-Learning-Funktionsbaustein herstellen, z.B. einem Autoencoder. Dieser enthält ein KI-Modell, dass mit Hilfe der jeweiligen Anlagendaten erzeugt wird. MEMS-Sensor, der 0 bis 10V-Eingang für den Drehzahl-Modulationswert, die Mikrocontroller-basierte Laufzeitumgebung für den Autoencoder plus die Kommunikationsschnittstellen zur Zielgrößenweitergabe lassen sich in einem kleinen Gehäuse unterbringen, dass sich an eine Maschine schrauben lässt.

Der Autoencoder

Ein Autoencoder ist ein spezieller Typ eines künstlichen neuronalen Netzwerks, das darauf ausgelegt ist, Eingangsdaten möglichst effizient zu kodieren und wiederherzustellen. Es besteht aus einem Encoder, einer Darstellungsebene (Code-Darstellung) und einem Decoder. Der Encoder übernimmt die Eingabedaten und komprimiert sie für die Code-Darstellung in ein Format mit einer reduzierten Dimensionsanzahl. Dies bedeutet, dass er die wesentlichen (also latenten) Merkmale der Eingabedaten in einer komprimierten Form speichert. Die Code- bzw. Latent-Darstellung ist der zentrale, komprimierte Teil des Autoencoders, der die wichtigen Merkmale der Eingabedaten enthält. Die Idee dabei ist, dass diese Darstellungsebene eine geringere Dimensionsanzahl als die Originaldaten besitzt und daher auch weniger Speicherplatz benötigt. Der Decoder als dritte Stufe übernimmt die komprimierte Latent-Darstellung und versucht daraus wieder die ursprünglichen Daten zu rekonstruieren. Das Ziel dabei ist, dass diese neuen Daten so nah wie möglich an den Originaldaten liegen. Autoencoder eignen sich für unterschiedliche Aufgaben. Dazu gehören z.B. die Anomalieerkennung, Datenkompression und Rauschunterdrückung.

Erfahrenes Team erstellt KI-Modell

Autoencoder gehören zur Kategorie des Unsupervised Machine Learning. Sie entstehen über ein KI-Modell, dass mit Hilfe von zuvor erfassten Trainingsdaten erstellt wird. Dafür ist ein Sachkundigen-Team erforderlich, das die drei folgenden Rollen besetzen muss, um die unterschiedlichen Teilaufgaben der Tabelle zu bearbeiten:

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