
Laut Zukunftspanel Mittelstand des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) sieht derzeit fast jedes zweite der 426 befragten Unternehmen den Fachkräftemangel als größte Herausforderung. Es folgen Wettbewerbs- und Digitalisierungsdruck sowie Bürokratieaufwand. In ganz Europa haben Firmen zunehmend Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen. Das gilt insbesondere für Aufgaben wie Materialhandling oder den manuellen Transport. Fehlende Ressourcen erschweren die proaktive Bewältigung von Produktionsengpässen oder ungeplanten Ausfallzeiten, was wiederum zu Effizienzverlusten führt, die Produktivität, Umsatz und auch Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Die Analysten von PwC sprechen von Umsatzeinbußen für die deutsche Wirtschaft infolge des Fachkräftemangels von rund 65 Mrd. Euro pro Jahr.
Schritt für Schritt automatisieren
Automatisierungstechnik kann Unternehmen verschiedener Branchen und Größen unterstützen, derartige Hürden Schritt für Schritt anzugehen. Das Problem: Viele KMU agieren zu abwartend. Das liegt zum einen daran, dass sie hohe Kosten und lange Kapitalrenditen (ROI) fürchten, zum anderen, dass es an Automatisierungs-Knowhow mangelt. Doch diese Ängste sind unberechtigt, denn Automatisierung muss weder teuer noch kompliziert sein. So kann schon das reine Erfassen und Analysieren von Daten aus Arbeitsabläufen dazu beitragen, Engpässe zu erkennen, Lösungsansätze für die Behebung zu entwickeln, Ausfallzeiten vorherzusehen und zu vermeiden sowie Qualitätssicherung und Rückverfolgbarkeit zu verbessern. Kollaborative Roboter können Hand in Hand mit der Belegschaft arbeiten, statt diese zu ersetzen, um so Lücken zu schließen und die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen. Wichtig ist, dass die anvisierten Lösungen von den Mitarbeitern angenommen werden und zudem kosteneffizient und skalierbar sind. KMU müssen nicht ihre gesamte Anlage umbauen, um von Automatisierung zu profitieren. Sie können klein anfangen, etwa mit wenigen Sensoren für die Datenerfassung eines einzelnen Arbeitsablaufs, und dann weitere Aufgaben automatisieren.
In fünf Schritten zu mehr Automatisierungseffizienz
Derzeit sind in Produktionsstätten weltweit laut International Federation of Robotics (IFR) über vier Millionen Industrieroboter im Einsatz, Tendenz steigend. Jeder zehnte Roboter ist ein Cobot. Material-Handling und -Transport gehören laut IFR zu den häufigsten Aufgaben, die von Robotern übernommen werden. An zweiter Stelle folgen Schweiß-, danach Montagetätigkeiten. Wie insbesondere KMU Automatisierungsvorhaben effizient und strukturiert angehen können, zeigen die folgenden Tipps:
- Ängste abbauen, mutiger agieren: Ziele und Hürden zeitgleich zu meistern, erscheint oft schwierig. Worauf es ankommt, sind langfristige Ziele. Statt nur aktuelle Probleme anzugehen, sollten ganzheitliche und zukunftsorientierte Strukturen erdacht und umgesetzt werden. Das erfordert Can-Do-Mentalität, den Mut auch mal Fehler zu machen und proaktive Ansätze.
- Daten effizienter nutzen: Automatisierungsgestützte vorausschauende Wartung basierend auf vorliegenden Anlageninformationen kann helfen, unvorhergesehene Maschinenstopps zu minimieren und Instandhaltungskosten zu senken. Bei der Generierung und Interpretation von Echtzeitdaten kommen Sensoren, Machine Learning, Bildverarbeitung und Datenplattformen zum Einsatz. Sie helfen, Wartungsszenarien proaktiv zu planen, was zu einer reibungsloseren Produktion und weniger Ausfällen führt. Zugleich können KMU durch Predictive Maintenance die Lebensdauer von Anlagen verlängern und die Produktqualität erhöhen, indem potenzielle Abnormalitäten frühzeitig erkannt werden. Datenanalyse, unterstützt von Sensorik und Bildverarbeitungstechnologie, trägt zusätzlich zu Qualitätssteigerungen und somit zu Operational Excellence bei.
- Engpässe aufdecken: Damit eine Fertigungsanlage wirklich effizient arbeiten kann, muss jeder einzelne Prozess bestmöglich ablaufen. Automatisierung bietet verbesserte Einblicke in betriebliche Abläufe. Durch Echtzeitdaten, Analysen und die kontinuierliche Überwachung von Produktionsprozessen können Hersteller Engpässe erkennen und fundierte Entscheidungen treffen. So lassen sich Verzögerungen, Verlangsamungen oder Ineffizienzen aufzeigen, die auf Engpässe hindeuten könnten.
- Repetitive und langweilige Aufgaben identifizieren: In Zeiten des Fachkräftemangels geht es vermehrt darum, einfache Tätigkeiten an Roboter, etwa Cobots oder AMR abzugeben, um so Mitarbeitern die Chance zu geben, wertsteigerndere Aufgaben zu übernehmen und zugleich Gesundheit und Sicherheit zu stärken. Automatisierte Intralogistik ermöglicht zudem mehr Flexibilität und Kosteneinsparungen bei der Auftragsbearbeitung, da sich z.B. die Lagerhaltung rationalisieren lässt. Nachdem Aufgaben, etwa beim Materialtransport, automatisiert wurden, kann problemlos skaliert werden, indem Cobots z.B. zusätzlich die Maschinenbe- und -entladung übernehmen.
- Auf starke Partner setzen: KMU sind in Sachen Automatisierung nicht auf sich allein gestellt. Sie können erfahrenen Experten und Netzwerken vertrauen, die sie unterstützen, passende Lösungen für ihre Belange zu finden und zu implementieren.
Praxisbeispiel: Cleca steigert Effizienz mit Data Services
Das Lebensmittel- und Getränkeunternehmen Cleca wollte die Produktion seiner gebrauchsfertigen Brühe steigern. Da neue Maschinen zu teuer und zeitaufwändig gewesen wären, entschied sich das Projektteam für den Datenerfassungs- und Analysedienst i-Belt von Omron, um Daten aus sechs Unterstationen (Pasteurisierung, Abfüllung, Verschluss, Kontrolle, Verpackung und Palettierung) zu sammeln und zu analysieren und so Effizienzsteigerungen zu erzielen.