Digital Learning by Doing

Dem mechatronischen Ansatz weiterdenkend, hat das Unternehmen Gluth die strategische Bedeutung der Digitalisierung klar erkannt. Offensiv will man den Chancen dieser Transformation nachgehen, startend im Konstruktionsprozess. Dort nutzt man erste Simulations-Tools und andere digitale Mittel, um Maschinen schneller in Betrieb zu nehmen - das kommt nicht nur dem eigenen Engineering zugute, sondern auch dem Kunden.
Bild: Weiss GmbH

Wehret den Anfängen, die Digitalisierung des Unternehmens zu unterschätzen! Diesem Motto folgend, hat sich Gluth Systemtechnik auf digitalen Pfade für die modulare Automation und Prüftechnik begeben, um den Maschinenbau mit passenden Tools aufzuwerten. Aus der Sicht der Kundenperspektive soll das Engineering klare Mehrwerte vermitteln. Aus dem ehemals rein mechanischen Maschinenbau soll so einmal der datenorientierte Maschinenbau hervorgehen.

Inmitten des Weges, das eigene Unternehmen auf eine digitale Spur gesetzt zu haben, orientiert man sich zwischen drei Eckpfeilern der Digitalisierung. Von der Virtualisierung von Prozessen und Produkten über die Vernetzung von Menschen und Maschinen bis hin zur verstärkten Nutzung von Daten versucht Guth, sich projektorientiert dem Ziel zu nähern.

Digitalaffiner Sondermaschinenbauer

Wenn Kosten niedrig gehalten werden müssen, gilt es auch, die Risiken im Maschinenbau zu reduzieren. Solche kritischen Punkte in der Konstruktion und dem Engineeringprozess zu detektieren, ist insbesondere in der Automobilindustrie ein probater Weg, um Aufwände und Zeitaufwand einzusparen. Startend mit der Robotersimulation hat Gluth schon früh begonnen, Kundenanforderungen und konzeptionelle Updates in der Entwicklungsphase zu validieren. Zudem sichern belastbare Taktzeitanalysen und Kollisionsbetrachtungen den Montageprozess ab.

„Um die digitale Transformation zu beschleunigen, braucht man Partner,
die in der physischen Welt den Prozess begleiten.”

Clemens Zeilmann, Technical Sales Manager bei Weiss Group

Die Fähigkeit, Simulationen mit kompletten Abläufen herstellerunabhängig darzustellen und die Codes auf Steuerungen mit Funktionalität zu hinterlegen, vereinfacht die Inbetriebnahme der Roboter deutlich – genauso wie ein einfaches Teachen der Bahn. Dadurch, dass die Simulation schnell Fehler aufdecken kann und kritische Pfade absichert, mindert sie auch die Gefahr verfehlter Termine und Kostenpläne. Studien belegen, dass Änderungen, die in den letzten 25 Prozent des Konstruktionszyklus vorgenommen werden, doppelt so viel Zeit benötigen als in den ersten 25 Prozent.

Steuerungswelten und Simulation

Den Simulationsprozess unternehmensweit auf die gesamte Aktorik inklusive Elektrik und Pneumatik nutzbar zu machen, ist der nächste Schritt bei Gluth. Die Steuerungswelt des Unternehmens ist vom Siemens TIA Portal, Beckhoff TwinCAD sowie Opcon Plus von Bosch geprägt. Daher bedarf es passende Treiber und Software-Module, etwa für die Integration von Funktionen wie Pressenspindeln.

„Digitalisierung muss einen Mehrwert bieten – bei Gluth zunächst im Konstruktions­prozess.
So gehen wir eine nachhaltige Weiter­entwicklung des Unternehmens an.”

Hermann Hilmer, Werksleiter bei Gluth Systemtechnik

In der noch SPS-basierten Montage- und Handhabungstechnik geht man klassisch voran und nutzt steuerungstechnische Integrationshilfen wie die Weiss Application Software (W.A.S.), mit dem sich z.B. das Lineartransfersystem LS 280 schnell und einfach parametrieren lässt. Mit diesem mechatronischen, fertig konfigurierten Lösungen ist die schnelle Inbetriebnahme einfach vorzunehmen, zumal ein Testlauf beim Anbieter Weiss zudem Sicherheit gibt. Für Gluth zählt die einfache Usability und Programmierung der Anlage, damit Projektumsetzungszeiten gering gehalten werden können.

 Ohne digitale Features wie Inline-Prozesse oder Einzelteil-Tracing wäre die vollautomatische Produktionsanlage für Aktuatoren bei Gluth längst nicht so effizient.
Ohne digitale Features wie Inline-Prozesse oder Einzelteil-Tracing wäre die vollautomatische Produktionsanlage für Aktuatoren bei Gluth längst nicht so effizient. – Bild: Gluth

Applikationen als digitale Etappenziele

Der digitale Weg bei Gluth ist gepflastert mit Projekten, die immer als Probe aufs Exempel für Strategien und Prozesse gedacht sind, um das Engineering zu verbessern. Bei einer Anfrage aus der Medizintechnik wird im Vorfeld verlangt, die Automatisierungslösungen umfangreich zu simulieren. Das Ziel, ein dynamisches Modell zu entwickeln, bei dem die physikalischen Anforderungen wie Zuladung und Präzision möglichst real abgebildet werden, stärkt das Vertrauen in den Systemintegrator und nährt zudem den Kosten/Nutzen-Aspekt in der Umsetzung.

Auch für die sehr hohe Teilevarianz der Anlage ist es gut, sich das Bild vor Augen zu führen und die im Rahmen der Simulation erstellten Programme direkt einzuspielen und Anpassungen übernehmen zu können. Mit wenigen Teach-Punkten waren die Abläufe per Base-Vermessung feinjustiert.

Vorrangige Strategie des Unternehmens

Ob bei der Montage und Prüfung mit komplexen Prozessstufen, bei Vision-Applikationen mit Robotern oder bei Rundtaktautomaten: Überall herrscht Kostendruck. Im flexiblen Systems Engineering hat Gluth zunächst einmal Roboter-Kinematiken simuliert und beginnt nun auch, mechanische Konstruktionen als 3D-Modell zu dynamisieren, damit Bewegungen am CAD-Modell per Digital Twin darstellbar sind. Mit dieser verbesserten, funktionellen Simulation lassen sich die spezifischen Lastfälle durchführen, etwa für elektrische Handlings oder Werkstückträger-Wechselzeiten bei einem Rundschalttisch.

„Die Potenziale in der Mechanik sind endlich, die der Digitalisierung nach oben hingehen noch komplett offen.”

Stefan Schnurrenberger, Geschäftsführer bei Gluth Systemtechnik

Als weitere Digitalisierungsmaßnahme nutzt Gluth die Traceabililty: Für die erwähnte Medizinapplikation gilt die Einzelteilrückverfolgung als Grundanforderung. Denn eine Positionsbestimmung der Teile nach bestimmten Takten ist als Plausibilitätskontrolle unbedingt notwendig. Auch die Zuordnung des Bauteils zur Aufnahme ist für die Softwareerstellung wichtig, denn das Schieberegister ist in der Steuerung abzubilden. Für Applikationen mit Weiss-Komponenten steht ein digitales Typenschild parat, das so den Beleg für eine ordnungsgemäße Produktion liefert. Wenn die Produktion z.B. mit dem neuen Lineartransfer-System LS Hybrid so komplex in den Prozessen ist, kann eine Teileidentifizierung und deren Datenmanagement per Typenschild durchaus anspruchsvoll werden. Auch dafür hat Gluth bereits Ideen und will dem Unternehmensgeist mehr und mehr eine digitale Seele einhauchen.

Artikelserie: What´s Next?

Unter dem Claim What´s Next? präsentieren das SPS-MAGAZIN und seine Schwestermedien eine Artikelserie von Weiss, die die digitale Transformation in den Fokus stellt. Sowohl interne, als auch externe Themen werden tiefgehend beleuchtet. Sie verfolgen technologie- wie kundenorientiert mögliche Schritte einer Digitalisierungsstrategie und zeigen Mehrwerte für Maschinenbauer.

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