Lösungen für nahezu jedes Kundenproblem zu finden, das war und ist der Anspruch von Lapp – wie Hubertus Breier, Vorstand für Technik und Innovation, betont. Allein in den vergangenen fünf Jahren wurden über 200 neue Produkte auf den Markt gebracht – davon zahlreiche mit Innovationscharakter. Dazu gehören z.B. das Zustandsüberwachungsgerät Etherline Guard, die Motoranschlussleitung Ölflex Servo FD zeroCM und die Ethernetleitung Etherline FD bioP Cat. 5e mit biobasiertem Außenmantel. Ergänzend dazu erfüllt Lapp individuelle Sonderlei(s)tungen für die Kunden. Ein breites Spektrum an Kompetenzen macht dies möglich, die im folgenden vorgestellt werden.

Mechanische Konstruktion
Der konstruktive Aufbau eines Kabels wird nach Normvorgaben und vor allem entsprechend der jeweiligen Anwendungsanforderung gestaltet. Besonders anspruchsvoll sind dauerhaft bewegte Leitungen in Schleppketten. Dafür wird z.B. feinstdrähtiges Kupfer und kein Vollrundmaterial für den Leiteraufbau verwendet, was deutlich biegsamer ist. Eine hohe Biegewechselbeständigkeit wird durch kurze Schlaglängen in der Verseilung erzielt. Geschirmte Leitungen erfordern ein Design mit Innenmantel, um die Adern vor Abrieb mit dem Geflecht zu schützen. Auch der Schirm folgt einer kürzeren Schlaglänge. Wichtig ist zudem ein mechanisch robuster Mantel, der flexibel und abriebfest ist. Auch bei Steckverbindungen spielt konstruktives Design eine große Rolle, z.B. bei den Solarsteckverbindern: Hier kommt es unter anderem auf eine stabile elektrische Verbindung an, ohne Erwärmung der Kontaktstelle. Um diese Anforderungen zu erfüllen, verwendet Lapp verschleißfeste Kontaktmaterialien mit Oberflächenbehandlung. Zum Einsatz kommen Isolationsmaterialien mit geringer Wasseraufnahme. Und um Montagefehler zu vermeiden, sind die Solarleitungen vorkonfektioniert.
Materialentwicklung und -herstellung
Bei der UV-Beständigkeit, Flexibilität oder Nachhaltigkeit von Kabeln kommt es auf die maßgeschneiderten Kunststoffe und Additive für die Ummantelung an. Für eine Ummantelung sind bis zu 20 Rezepturbestandteile möglich. Diese Rezepturen sind das wichtigste Know-how der Kunststoff-Werkstofftechnik. Durch die Compoundierung werden die Eigenschaften für die jeweilige Anwendung maßgeschneidert beeinflusst. Seit kurzem verfügt Lapp im indischen Bhopal über eine eigene Compoundieranlage. Dieser Fokus zahlt auch auf die Entwicklung nachhaltiger Produkte ein. Aufgrund der notwendigen Mengen arbeitet das Unternehmen aber weiterhin mit externen Herstellern zusammen.
Kunststoffverarbeitung
Einfach gesprochen, besteht ein Kabel aus Kunststoffen und Metallen. Vor allem die richtige Wahl der Kunststoffe beeinflusst das anwendungsspezifische Verhalten. Ein Beispiel: Bei der Solar- oder Schienenindustrie gelten höchste Anforderungen an das Mantelmaterial. Im Fokus stehen dabei vor allem die Standhaftigkeit gegen Sonneneinstrahlung und Feuchtigkeit, der Wunsch nach reduzierten Wandstärken, höherer Strombelastung, längerer Lebensdauer und verbessertem Brandverhalten. Wenn – wie in diesen Branchen – ein normaler Kunststoff nicht mehr ausreicht, helfen Vernetzungsverfahren für die Kunststoffe, die die Lebensdauer erhöhen. Hierfür hat Lapp in Korea und Indien sogenannte Elektronenstrahl-Vernetzungsanlagen aufgebaut. Zusätzlich wurde in Indien ein spezielles Dreifach-Extrudersystem etabliert, womit Kunststoffe in drei Schichten in einem Produktionsschritt extrudiert werden können. Aber Kunststoff wird bei Lapp nicht nur extrudiert – Stückgutware wie Verschraubungen und Steckverbinder werden spritzgegossen. Hier kommen z.B. Mehrkavitätenwerkzeuge mit Heißkanaltechnologie zum Einsatz. Vorteil: Ein Werkzeug mit mehreren Kavitäten produziert mehr Teile und es fallen weniger Kunststoffabfälle an.
Funktionale Konstruktion und Simulation
Da es beim Einsatz von Frequenzumrichtern immer wieder zu elektromagnetischen Störungen kommt, hat Lapp die ZeroCM-Technologie entwickelt, die Ableitströme nachweislich um bis zu 60% gegenüber konventionellen Motorleitungen reduziert. Darüber hinaus muss das Aderisolationssystem an den jeweiligen Anwendungsfall angepasst werden, um den in der Applikation auftretenden elektrischen Feldern standhalten, auch bei Spannungsspitzen oder Wanderwellenreflexion. Ziel ist daher die Optimierung der Kapazität durch passende Werkstoffwahl und Wandstärken sowie eine hohe Prozessstabilität bei der Fertigung. Um die Potenzialverteilung innerhalb Leitungen zu analysieren und die Feldverteilung zu verbessern, wird die 2D- und 3D-Finite-Elemente-Methode (FEM) genutzt. So wurden etwa die kapazitätsoptimierte Ölflex Servo 796 CP und die Ölflex VFD SLIM entwickelt.
Analytik und mechanische Prüfung
Um weltweit einheitliche Qualitätsstandards zu garantieren, betreibt Lapp weltweit 13 Labore. Bei der analytischen Untersuchung von Kabeln und Steckverbindern werden z.B. Bewitterungsprüfungen im Labor oder auch draußen durchgeführt, um die langfristige Widerstandsfähigkeit gegen UV-Strahlung, Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und andere Umwelteinflüsse sicherzustellen. Beim dynamischen Lebensdauertest werden neben Energie- auch Datenleitungen, die vor allem in Schleppketten oder Robotern zum Einsatz kommen, geprüft. Hier steht die Signalintegrität trotz hoher dynamischer Dauerbelastungen im Vordergrund. Die Beurteilung des Brandverhaltens von Kabeln und Leitungen verlangt gesetzlich aufwendige Prüfungen. Lapp verfügt seit 2022 am Standort Edolo, Italien, über ein hochmodernes Prüflabor in dem CPR-klassifizierte Kabel getestet werden.
Sensorik und IoT
Seit einigen Jahren hat Lapp sein Dienstleistungsportfolio weiter ausgebaut. Neben Konfiguratoren, kundenspezifischen Kabeln oder Konfektionen, Digital Self Services auf der Website und Just-in-time-Lieferungen gibt es seit kurzem auch IoT- und Sensorik-gestützte Services: Viele Unternehmen geben an, keinen zuverlässigen Überblick über ihren eigenen Kabelbestand zu haben. Das Lapp E-Kanban ist ein intelligentes und vernetztes Kabelbestands-Management, das geringere Prozesskosten und effiziente Lagerhaltung verspricht und dabei hilft, Produktions-Stillstand zu verhindern. Und mit der Markteinführung des Etherline Guards als Überwachungsgerät für die Lebensdauer von ethernetbasierten Datenleitungen bis 100Mbit/s hat wurde das Thema IIoT und auch Software-/Algorithmusentwicklung vorangetrieben.
Anschließend finden Sie das Interview mit Hubertus Breier, Chief Technology Officer bei Lapp.