Mehr Lebensdauer für Steuerleitungen

Besser, nicht billiger

In die Kabeltechnik ist Igus einst als Quereinsteiger gestartet. Von Anfang an legte das Unternehmen allerdings einen Schwerpunkt auf innovative Ansätze und ein besonderes Qualitätsbewusstsein - beides verbunden mit ausgiebigen Tests und der Erforschung neuer Werkstoffe. Dass sich diese Bemühungen auszahlen und immer wieder Verbesserungen möglich sind, zeigt Igus auf der SPS mit einer neuen Steuerleitung für High-End-Anwendungen in der Halbleiter- und Elektronikindustrie.

Warum produziert Igus überhaupt Leitungen? „Für Beantwortung dieser Frage muss man 30 Jahre zurück gehen“, sagt Andreas Muckes, Leiter des Chainflex-Produktmanagements. Damals wurde Igus mit seinen Energieführungsketten aus Kunststoff immer präsenter auf dem Markt. „Anfangs noch belächelt, denn der vorherrschenden Meinung nach war nur Stahl robust genug für industrielle Anwendungen.“ Doch die positiven Eigenschaften der Ketten und ihres Werkstoffs überzeugten mehr und mehr Anwender. „Gerade in Bezug auf die Lebensdauer“, so Muckes weiter. „Doch wie viel ist das wert, wenn die Kabel im Inneren viel schneller schlapp machen als die Energieführung selbst.“ Der einzige Ausweg aus dieser Misere war aus Igus-Sicht: Man macht auch die Leitungen selbst. Seitdem positioniert sich das Unternehmen eben auch als Leitungshersteller – mit dem gleichen Fokus auf Qualität und Langlebigkeit wie bei den Energieketten. Mittlerweile ist Igus mit dem Leitungsprogramm Chainflex für bewegte Anwendungen auf dem Markt sehr präsent und versorgt den Maschinen- und Anlagenbau weltweit mit einem breiten Kabelportfolio.

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KastenbildBild: Igus GmbH

Garantie für Leitungen

Um das Qualitätsversprechen nochmals zu unterstreichen, wurde im Jahr 2015 eine Garantie für Steuerleitungen eingeführt. „Eine 36-Monats-Garantie für Kabel in der Kette? Da haben uns alle mit großen Augen angeschaut“, rekapituliert Muckes. „Das hatte es schließlich noch nie gegeben.“ Aber Igus war sich aufgrund der vielen Messungen in seinem hauseigenen Prüflabor und der dort erfassten Daten sicher – selbst in Bezug auf extreme oder sehr ungewöhnliche Umgebungsbedingungen. Um Zweifel an dieser Garantie endgültig auszuräumen folgte 2020 der nächste Schritt: Igus ließ seine Garantie vom Zertifzierungsgremium Underwriters Labratories (UL) prüfen und bewerten. Zertifiziert wurden letztendlich nicht die Produkte selbst, sondern die Aussage zur Garantie mit Bezug auf die gesamten Fertigungs- und Testprozesse.

„Im Rahmen der Zertifizierung hat UL festgestellt: Igus macht Dinge im Testprozess, über die bisher kein anderer Anbieter nachgedacht hat“, betont Muckes. „In der Folge haben wir im vergangenen Jahr auch die Zertifizierung für einen Mantelwerkstoff aus TPE erhalten, der nicht flammwidrig ist.“ Auch das habe es bisher noch nicht gegeben. „Das Fazit von UL: Flammwidrig ist schön und gut. Aber noch viel besser ist es, wenn die Leitung so hochwertig ist, dass es gar nicht zu einem Kabelbrand durch Leitungsdefekte kommen kann.“

Bild: igus GmbH

Spezielle Kabel für spezielle Branchen

Im Rahmen seines Chainflex-Portfolios legt Igus ein spezielles Augenmerk auf Anwendungen, die außergewöhnliche Ansprüche an die Zuverlässigkeit der Leitungen stellen – etwa in der Elektronik- oder Halbleiterindustrie. „Wenn man die verhältnismäßig kurze Produktionsspanne einer neuen Smartphone-Generation betrachtet, dann ist jeder Tag tragisch, an dem die Anlage nicht läuft“, verdeutlicht der Igus-Manager. Große Bedeutung bei Anlagen für diese Branche haben zudem hohe Dynamik und möglichst geringer Bauraum.

Um diesen Kriterien möglichst passend zu begegnen, hat Igus die Leitung CF98 entwickelt. „Sie bringt neben dem TPE-Mantel auch ein besonderes Leitermaterial mit“, verrät Muckes. Konkret handelt es sich nicht um Kupfer, sondern um eine Speziallegierung, die Igus speziell für Leitungen in hochdynamischen Anwendungen entwickelt hat. Wie sich diese Legierung genau zusammensetzt, gibt der Hersteller nicht preis. Was die Eigenschaften angeht, lohnt es, etwas auszuholen und den Vergleich zu einer anderen Lösung aus dem Portfolio zu ziehen – nämlich zur CF9-Leitung. Sie ist sozusagen der Allrounder unter den Steuerleitungen für Schleppketten und auf Biegeradien bis 5 x d, also dem fünffachen des Kabeldurchmessers, ausgelegt. Die garantierte Lebensdauer in der Anwendung geht bis 12,5 Millionen Hübe. „Für anspruchsvolle Einsätze ist das vollkommen ausreichend“, versichert Muckes.

Wir haben noch Verbesserungsspielraum gefunden - und den haben wir schonungslos ausgereizt.
Andreas Muckes, Igus
Wir haben noch Verbesserungsspielraum gefunden – und den haben wir schonungslos ausgereizt. Andreas Muckes, IgusBild: Igus GmbH

Weniger Radius, mehr Lebensdauer

Für Highend-Anwendungen empfahl Igus dann den Leitungstyp CF98 als ungeschirmte Variante und CF99 als geschirmte Ausführung, die es laut UL-zertifizierter Garantie auf einen engeren Biegeradius (4 x d) und maximal 40 Millionen Hübe bringen. Durch die Verwendung der erwähnten Legierung sind also kompaktere Applikationen mit höherer Dynamik realisierbar. „Nur billiger ist für Igus die falsche Strategie, denn wir verstehen uns bei

Leitungen als tonangebender Hersteller“, positioniert sich Muckes. „Stattdessen sollen unsere Produkte noch besser werden, um auch Kunden im oberen Spektrum immer bessere Lösungen zu ermöglichen.“ Entsprechend sah das Kölner Unternehmen in der CF98 noch nicht das Ende der Fahnenstange. „Und so haben wir Kunden, die diese Leitung in High-End-Anwendungen einsetzen, um Verbesserungsvorschläge gebeten“, erzählt Muckes. „Wenig verwunderlich kam zurück: noch kleinerer Biegeradius und noch mehr Hübe bitteschön.“

Doch weder beim Mantelwerkstoff, noch beim Leitermaterial sah der Hersteller noch Potenzial. Also setzte man bei der Konstruktion bzw. dem Aufbau an. „Dort haben wir noch Verbesserungsspielraum gefunden, wenn auch nur Nuancen“, so Muckes. „Aber die haben wir schonungslos ausgereizt. So sind zwei Leitungsfamilien entstanden, die über die Leistungswerte der CF98 und CF99 noch einmal deutlich hinaus gehen.“ Auf der SPS in Nürnberg sind diese Steuerleitungen das erste Mal zu sehen: die CF98.Plus und CF99.Plus. Sie sind für Biegeradien ausgelegt, die nur noch dem Dreifachen des eigenen Querschnitts entsprechen (3xd). Und das alles mit einer garantierten Lebensdauer von 100 Mio. Doppelhüben.

Rückblickend hat die Idee der Garantie bei Igus eine Qualitätsinitiative eingeleitet, die bis heute anhält: „Als wir damit angefangen haben, hatte unser bestes Pferd im Stall 10 Millionen garantierte Hübe“, resümiert Muckes. Weiter ging es mit dem Vierfachen bei der CF98. „Bis zu dieser Zahl gehen höchstens eine Hand- voll Marktbegleiter mit. Eine Garantie bekommt man aber nirgends – außer bei Igus.“ Mit den CF98.Plus und CF99.Plus will Igus die Messlatte in Sachen Lebensdauer jetzt erneut höher hängen. „In diesem Sinne werden wir nicht nur diese Leitungen auf der SPS als Highlight vorstellen“, so der Leiter des Chainflex-Produktmanagements. Gleichzeitig werde man auf der Messe die Kabelqualität insgesamt unterstreichen. „Denn wenn alle Leute schon wüssten, was sich heute mit Motion Plastics lösen lässt, würde unser Geschäft explodieren. Leider wissen es viele noch nicht“, zitiert Andreas Muckes seinen Chef, Igus-CEO Frank Blase. „Das gilt genauso für die Qualität unserer Leitungen für die Antriebstechnik in bewegten Anwendungen.“

Dass es bei Leitungen nicht immer nur auf die inneren Werte ankommt, zeigt Igus auf der SPS 2022 mit einer weiteren Neuheit. Die Leitungsbox Chainflex Case S ermöglicht das einfache Abtrommeln und Zuschneiden von Leitungen direkt aus dem Karton – auch unterwegs. Lagerung, Transport oder Versand ohne Palette vereinfachen sich ebenfalls. Mit den zwei jetzt verfügbaren Kartongrößen M und S benötigen Kunden keinerlei Regalsystem mehr. Die Boxen werden einfach übereinander gestapelt. Durch die gelagerte Trommel ist zudem eine drallfreie Kettenbefüllung möglich, was sich wiederum positiv auf die Lebensdauer auswirkt.

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