Reihenklemmen als steckbares Anschlusssystem

Alles auf Reihe

Der Motorenbauer VEM nutzt für den Anschlusskasten seiner Antriebslösungen moderne Reihenklemmen mit Drücker. Was recht unspektakulär klingt, bietet jedoch großes Potenzial, um die Installation von Motoren schneller und sicherer zu machen. Damit einher steigt auch die Ergonomie am Arbeitsplatz - vor allem für das Wartungs- und Servicepersonal.
 Die neue Anschlusslösung zeigt, wie einfach sich auch Zusatzkomponenten im Klemmenkasten unterbringen und installieren lassen.
Die neue Anschlusslösung zeigt, wie einfach sich auch Zusatzkomponenten im Klemmenkasten unterbringen und installieren lassen. Bild: Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG

„So einen Anschluss für Norm- und Sondermotoren gab es bisher noch nicht“, kommentiert Andreas Rudolph, Konstrukteur bei VEM das neue Installationskonzept für Niederspannungsmotoren. Statt des bekannten Bolzenklemmbretts mit insgesamt sechs Bolzen für den Stern- oder Dreieckanschluss dreiphasiger Asynchronmotoren, setzt das Unternehmen platzsparende Reihenklemmen von Wago ein. Die Initialzündung für diesen Ansatz war laut Rudolph die Erweiterung der Reihenklemmenfamilie Topjob S um Varianten mit Drücker und Hebel. Hierbei wird die Klemmstelle mit einem frei wählbaren Werkzeug – also ohne Spezialequipment – geöffnet. Der Leiter ist so ohne Kabelschuh oder eine Vorbehandlung anschließbar. Die orangefarbenen Drücker der Reihenklemmen machen damit die Handhabung komfortabler, sicherer und schneller.

 Für Motoren mit mehr Leistung nutzt VEM 
die Hochstromklemmen von Wago.
Für Motoren mit mehr Leistung nutzt VEM die Hochstromklemmen von Wago.Bild: Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG

Anschlusskomfort in Serienreife

Um den Nutzen in seiner ganzen Dimension zu verstehen, nennt Rudolph das Beispiel eines Großbetriebs im Harz. „Im Rahmen einer jährlichen Revision waren in einem Produktionsbereich 20 Motoren zu wechseln, die übereinander liegende Förderbänder antreiben.“ Für die praktische Arbeit bedeuten 20 Motoren in der Vertikalen auch 20 Klemmenkästen in der Vertikalen. Ist der Deckel demontiert und sind die ersten Leitungen gelöst kommen dem Techniker in der Regel die ersten Schrauben, Muttern und Unterlegscheiben entgegen. „Mit den Reihenklemmen von Wago haben wir das Ganze wesentlich einfacher und sicherer gelöst. Bis jetzt hat noch kein Motorenhersteller den Mumm gehabt, diesen Anschlusskomfort zur Serienreife zu bringen.“ Die neuen Reihenklemmen aus dem Topjob-S-Programm sind in der Variante mit Drücker für Nennquerschnitte von 0,14 bis 25mm2 einsetzbar. Die Push-in-Cage-Clamp-Technik ermöglicht es, feindrähtige Leiter ohne Aderendhülsen anzuschließen. Für Rudolph liefert diese Eigenschaft weitere Vorteile bei der Installation der Motoren. „Ich muss nur noch das Kabel abisolieren und einstecken.“ Diese Einfachheit wird vor allem in Anwendungen spürbar, die im Zeichen des Ex-Schutzes stehen. Bei der konventionellen Anschlusstechnik mit einem Bolzenklemmbrett sind auf die Leiterenden Kabelschuhe aufgecrimpt. Sie werden dann fest verschraubt – und das mit Muttern, die ihrerseits über eine Federkonstruktion auch noch gegen Verdrehen gesichert sind. Das Ganze gestaltet sich im Ex-Bereich extrem aufwändig. Zudem muss das zur Motorengröße passende Werkzeug stetig griffbereit sein.

 Die Ausstattung der Motoren mit Reihenklemmen aus der Reihe Topjob S macht die Installation inklusive dem Setzen von Brücken übersichtlich, einfach und schnell.
Die Ausstattung der Motoren mit Reihenklemmen aus der Reihe Topjob S macht die Installation inklusive dem Setzen von Brücken übersichtlich, einfach und schnell.Bild: Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG

Klemmbare Anschlüsse für die Chemieindustrie

Auch an dieser Stelle reicht der kurze Blick aus, um zu erkennen welches Potential in der neuen Anschlusstechnik bei VEM steckt. Die Installation explosionsgeschützter Motoren gestaltet sich aufwändig und kostet Zeit. Für den Motorenhersteller stand daher beim Start der Entwicklung fest, dass das neue einheitliche Anschlusssystem VemoContact die relevanten Zulassungen bieten muss, damit die Motoren in den belieferten Branchen einsetzbar sind. Andreas Rudolph blickt hierbei vor allem auf das aufwändige und kostspielige Zulassungsverfahren im Ex-Bereich zurück. Laut ihm ist VEM heute der einzige Hersteller explosionsgeschützter Motoren mit einem solchen, alternativen Hauptanschlusssystem. Weitere Zulassungen betreffen den Betrieb im maritimen Umfeld – speziell auf Schiffen. Hier sind es die Zulassungen der Klassen wie DNV-GL, Bureau Veritas, Lloyds Register of Shipping sowie weitere Klassifizierungsgesellschaften in Nordamerika und Russland, die die Motoren für den Einsatz auf See qualifizieren.

Reihenklemmen für anspruchsvolle Umgebungen

Die Topjob-S-Reihenklemmen liefern ihrerseits durch entsprechende Freigaben und Zulassungen im Ex-Schutz sowie der maritimen Wirtschaft die Grundlage, die moderne Klemmenanschlusstechnik auch in anspruchsvollen Einsatzgebieten zu verwenden. „Auch der Support von Wago bei diesem Entwicklungsprojekt war wichtig – vor allem bei der Unterstützung im Musterbau“, erzählt Rudolph. Heute kann der Antriebshersteller mit dem Reihenklemmensystem Motoren im Leistungsbereich von 4 bis 45kW bzw. von 0,14 bis 25mm2 anschließen. Für alles über 25mm2 kommen die Hochstromklemmen der Wago-Serie 285 zum Einsatz – ebenfalls mit Ex-Zulassung. Gerade in der Erprobung: Ein 500kW Motor in Baugröße 315 mit Reihenklemmen und Anschlussquerschnitten von 185mm2. „Je größer die Motoren werden, je aufwendiger sind sie anzuschließen“, erklärt der Konstrukteur. Bei diesen Querschnitten lassen sich bisher schließlich weder Aderendhülsen noch Kabelschuhe per Hand crimpen. Gefragt ist daher ein kräftiges Hydraulikwerkzeug als Presse. Laut Rudolph ein großer Aufwand. „Daher war eine schnelle und sichere Alternative längst überfällig.“ Angesichts der skizzierten Vorteile von VemoContact, wundert sich der Konstrukteur momentan noch über die vereinzelt spürbare Anwenderskepsis gegenüber den Reihenklemmen im Anschlusskasten. Schraubverbindungen wird in puncto Betriebssicherheit offenbar mehr zugetraut, als der rüttelfesten und wartungsfreien Federzugtechnik. „Bei einer Schraubverbindung sind hohe Vibrations- und Schockbelastungen das Problem, da sich Muttern lösen können. Bei Klemmverbindungen mit Federzugtechnik passiert das nicht.“ Die Wago-Reihenklemmen gehen mit einer Belastbarkeit von 100g zudem weit über das hinaus, was ein Klemmenkasten an einem Motor üblicherweise an Beschleunigungskräften vertragen können muss. „Wir erreichen im Schiffbau mit unseren Seewassermotoren 15g – das klingt im Vergleich dazu wenig, ist aber enorm viel“, so Rudolph.

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