Welches Portfolio an Stromversorgungen hält Wago derzeit bereit?
Böhmer: Wir bieten heute von der kostenoptimierten Eco-Linie bis zu unserem Flaggschiff Pro 2 die volle Bandbreite für alle Industrien sowie Gebäudeanwendungen. Die Pro 2 bietet einmal ein hohes Maß an Effizienz, aber auch Funktionalitäten wie Top- oder Power-Boost, eingebauter elektronischer Schutzschalter, Kommunikationsschnittstellen wie IO-Link, bis hin zu Modbus/TCP und künftig auch Ethernet/IP.
Wird eine derartige Varianz an Stromversorgungen tatsächlich so benötigt? Wie unterscheiden sich dabei die Anwendungsgebiete?
Böhmer: Ja, die Skalierbarkeit ist wichtig für unsere Kunden, da die Anwendungen sehr unterschiedlich sind. Anspruchsvolle Applikationen beispielsweise werden dadurch beschrieben, dass einmal die Umgebung sehr fordernd ist – etwa im Hinblick auf Temperatur, Vibration, Stäube, aggressive Medien, etc. Dann gibt es das Kriterium der Zugänglichkeit. Wenn die Anlage an einem Ort installiert ist, an den ein Wartungstechniker nur schwer herankommt, ist die Möglichkeit eines Fernzugriffs wichtig. Und dies nicht nur, um den Zustand der Stromversorgung zu ermitteln oder Parameter zu ändern. Aufgrund der von ihr gelieferten Daten können auch Rückschlüsse auf die Funktionstüchtigkeit der angeschlossenen Lasten gezogen werden. Anwender können so permanent die Last auslesen und sich ein genaues Bild davon machen, wie sich diese über die Zeit verändert. Gibt es beispielsweise Ventile oder Pumpen, die einem Verschleiß unterliegen, dann können Betreiber mit Hilfe der Pro 2 feststellen, ob der Stromverbrauch mit der Zeit zunimmt. Andernfalls wäre dies nur mit einem Zusatzaufwand die Möglichkeit. Schließlich gibt es die Kriterien Effizienz und Verfügbarkeit. Applikationen, die eine sehr hohe Verfügbarkeit erfordern, benötigen eine Stromversorgung, die unter strengen Bedingungen auch zuverlässig funktioniert, sehr robust und leistungsfähig ist.
Können Sie dies bitte anhand einer konkreten Applikation veranschaulichen?
Böhmer: Ein gutes Beispiel für eine anspruchsvolle Anwendung, bei der verschiedene Anforderungen zusammenkommen, ist eine Windkraftanlage, weil oben in der Gondel zahlreiche Bedingungen vorliegen: große Temperaturschwankungen, starke Vibrationen oder EMV-Einflüsse durch Blitzeinschläge. Ferner ist eine solche Anlage, besonders im Offshore-Bereich, extrem schwer zugänglich. Hier ist der Vorteil evident, anhand einer Fernüberwachung über den Zustand der Stromversorgung und der angeschlossenen Verbraucher informiert zu sein. Ein anderes Beispiel sind Wasseraufbereitungsanlagen. Hier ist die Verfügbarkeit das A und O, denn bei einem Ausfall von nur wenigen Minuten ist möglicherweise die Wasserqualität beeinträchtigt. Wir haben beispielsweise Stromversorgungen in der Wasseraufbereitung von Sao Paolo in Brasilien im Einsatz. Dort gibt es verschiedene Gebiete, die von halb privaten, halb staatlichen Unternehmen mit Trinkwasser versorgt werden. Teilweise sind diese Anlagen schwer zugänglich, und ein Ausfall von wenigen Minuten würde Millionen Menschen betreffen. Auch hier ist die Fernüberwachung essenziell. Beim Einsatz im Gebäude ist häufig eine hohe Energieeffizienz gefragt. Denn Facility Manager sind heute zunehmend in der Pflicht, den CO2-Fußabdruck der durch sie betreuten Liegenschaften nachzuweisen.