
Sebastian Hilscher eröffnete die Veranstaltung mit einem positiven Ausblick trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage. „Wir haben die letzten Jahre viele technische Entwicklungen angestoßen, die in diesem Jahr umgesetzt werden“, erklärte er. Als wichtigste Themen nannte er den Launch der ersten SPE-Produkte, den neuen Multiprotokollprozessor NetX 900 und Security. Hilscher sieht in der Security ein Differenzierungsmerkmal im Markt. „Weil Security sowohl Hardware- als auch Softwarelösung ist. Genau das können wir am besten adressieren“, betonte Sebastian Hilscher. Er verwies auf die 39-jährige Erfahrung des Unternehmens in der industriellen Kommunikation und die Tatsache, dass rund dreiviertel der Entwickler bei Hilscher Softwareingenieure sind. „Gerade das abgestimmte Arbeiten zwischen Hardware-, Software- und Chipentwicklung ist unsere Kernkompetenz als Technologielieferant.“ Neben dem Chip selbst umfasst das Angebot des Unternehmens aus Hattersheim bei Frankfurt Protokoll-Stacks und Zertifizierungen, die den Anforderungen des Cyber Resilience Acts (CRA) entsprechen, wodurch die gesamte Produktentwicklung bei Kunden zukunftssicher gestaltet wird.

Technologieentwicklung und Partnerschaften
Um sich auf seine Kernkompetenz der industriellen Kommunikation konzentrieren zu können, hat Hilscher ein starkes Integrationspartnernetzwerk aufgebaut. Zahlreiche Partnerunternehmen präsentierten sich den anwesenden Kunden, darunter:
Burger Engineering: Der Entwicklungsdienstleister für Embedded Hard- und Software ist seit zwölf Jahren Hilscher-Partner und integriert NetX-Lösungen in Kundenprojekte. Neben Profinet-Projekten realisiert das Unternehmen auch Projekte mit Ethernet/IP, Ethercat, OPC UA und IO-Link.
Embedded Office: Unterstützt Softwareentwickler in verschiedenen Marktsegmenten, darunter Luftfahrt, Industrieautomation und Bahntechnik, insbesondere bei Safety- und Security-Anforderungen.
NetTechnix: Hat mit Embedded Engineering in Hard- und Software über 70 NetX-basierte Kundenprojekte realisiert und verfügt über umfangreiche Erfahrung mit Protokollumgebungen wie Ethercat und Profinet. Ein selbstentwickeltes Framework unterstützt Single- und Multi-Protokoll-Lösungen für eine schnelle Produktumsetzung.
Neuron Automation: Der österreichische Anbieter von TÜV-zertifizierten Komponenten, Engineering-Werkzeugen und Runtimes mit Fokus auf Functional Safety bietet zudem Entwicklungsdienstleistungen für Hard- und Software sowie die Entwicklung von Hardware-Prototypen und Kleinserienprodukten an.
Promwad: Bietet Outsourcing-Dienstleistungen für Elektronik- und Softwareentwicklung an, von Prototypen bis zur Massenproduktion, für Branchen wie die industrielle Automatisierung und Automobilindustrie.
Schleißheimer Soft- und Hardwareentwicklung: Seit 2023 Partner von Hilscher mit Expertise in kundenspezifischer Elektronikentwicklung und NetX-Integration. Neben der Automobilbranche bedient das Unternehmen z.B. Industrie und Medizintechnik. Ein besonderes Augenmerk liegt auf automatisiertem Testen und Cybersecurity.
Sys-Tec Electronic: Dienstleister entwickelt und fertigt individuelle Elektronikbaugruppen, von der ersten Idee bis zur Serienfertigung.
Semitron: Jüngstes Mitglied der Hilscher-Partnerschaft kombiniert Distribution und Testhaus und bietet Dienstleistungen wie Echtheitsprüfung, Programmierservice und elektrische Bauteilprüfung.


Cyber Resilience Act (CRA) und die Sicherheit der Maschinen
Ein zentrales Thema der Veranstaltung war die Cybersicherheit, insbesondere im Zusammenhang mit den EU-Richtlinien NIS2 und CRA. Frank Behnke, Head of Information Systems bei Hilscher, erläuterte die neuen Anforderungen: Betroffen von der NIS2-Richtlinie sind mittlerweile auch KMUs im produzierenden Gewerbe. Selbst vermutete Vorfälle müssen innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden. Unternehmen müssen in Sicherheitsstrukturen investieren, technologische Infrastrukturen stärken und eine umfassende Risikobewertung ihrer eingesetzten Systeme durchführen. Hilscher setzt hier mit einer BSI-Grundschutz-Zertifizierung (inkl. ISO27001) ein Zeichen. Auch auf den CRA bereitet sich Hilscher vor. Er muss bis September 2026 teilweise und bis Dezember 2027 vollständig umgesetzt sein. Ab dann müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Produkte und Dienstleistungen dem Cyber-Sicherheitsstandard entsprechen. Jedes Produkt und jede Schnittstelle muss einer Risikobewertung unterzogen werden. Behnke betonte: „Sicherheit muss von Anfang an in den Entwicklungsprozess integriert werden – Security Development Lifecycle ist das Stichwort.“ Um dies nachzuweisen, strebt Hilscher eine Zertifizierung nach IEC62443-4-1 noch in 2025 an, ein Nachweis, den auch Kunden für ihre Lieferkette nutzen können.
Interview mit CEO Sebastian Hilscher
„Unser Fokus ist die Technologieentwicklung„

Sie stellen auf Ihrem NetX-Kundenevent eine neue Strategie vor?
Ja wir haben in der Vergangenheit viele Technical-User-Agreement-Meetings veranstaltet, die sehr stark technikorientiert waren. Das Event in dieser Form richtet sich explizit an unsere NetX-Kunden und Partner. Uns war es wichtig, den Fokus klar zu definieren: Wir wollen wieder verstärkt auf Technologie und Standardprodukte setzen. Gleichzeitig haben wir in den letzten Jahren viel kundenspezifische Entwicklungsarbeit geleistet. Das möchten wir zukünftig trennen. Die applikationsspezifischen Entwicklungen sollen unsere Entwicklungspartner übernehmen, während wir uns auf die technologische Weiterentwicklung von NetX konzentrieren. Deshalb bauen wir unser Partnernetzwerk gezielt aus. So stellen wir sicher, dass unsere Kunden die bestmögliche Lösung erhalten, ohne dass wir unser Kerngeschäft aus den Augen verlieren.
Ein zentrales Thema des Events ist der Cyber Resilience Act. Welche Rolle spielt das?
Security ist ein zentraler Bestandteil unserer Strategie. Wir arbeiten bereits daran, unsere Prozesse nach IEC62443 zertifizieren zu lassen und erste Produktzertifizierungen in die Wege zu leiten. Unsere aktuelle Chip-Generation, NetX 90, ist bereits CRA-ready, sodass Kunden heute schon eine sichere Basis für ihre Anwendungen haben. Wir möchten unsere Kunden sensibilisieren, dass Security in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird. Viele haben zwar bereits davon gehört, aber unterschätzen noch die konkreten Auswirkungen. Gerade mit den neuen regulatorischen Anforderungen wird es für Unternehmen wichtig, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten.
Welche Unterschiede gibt es zwischen der aktuellen NetX 90-Generation und dem neuen NetX 900?
NetX 90 ist für industrielle Kommunikation mit Standards wie Profinet, Ethercat und Ethernet/IP im 100MBit-Bereich ausgelegt. NetX 900 hingegen ist für die Zukunft gerüstet: Er unterstützt Technologien wie TSN und OPC UA FX und bietet Gigabit-Kommunikation. Wichtig ist: NetX 900 ersetzt NetX 90 nicht. Beide Chips werden parallel existieren, da sie unterschiedliche Anwendungen abdecken.
Wie unterstützen Sie Kunden, die noch ältere Chip-Generationen nutzen?
Einige unserer Kunden verwenden noch ältere NetX-Generationen wie NetX 50, 51 oder 52. Diese Chips bieten keine Security-Funktionalitäten und werden mit dem CRA nicht mehr zukunftsfähig sein. Deshalb möchten wir den Migrationsprozess aktiv begleiten und aufzeigen, welche Schritte notwendig sind, um auf NetX 90 oder NetX 900 umzusteigen. Die älteren Chips bleiben zwar weiterhin verfügbar, aber sobald Änderungen an Produkten vorgenommen werden, könnten neue Zertifizierungsanforderungen greifen. Deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig mit der Migration zu befassen.
Das Interview führte
Ines Stotz