
Klassische Netzwerke in der Automatisierung kennzeichnen sich durch geringe Datenmengen pro Knoten; meist kleiner als die minimale Nutzlast eines Ethernet-Frames. Deshalb nutzt ein Frame pro Knoten, Richtung und Zyklus die verfügbare Bandbreite nicht optimal aus und begrenzt so die Leistung des gesamten Systems.

Funktionsprinzip
Genau hier setzt das Funktionsprinzip von Ethercat an. Bei Ethercat lesen die Knoten die für sie bestimmten Daten aus dem Frame und schreiben eigene Daten in denselben Frame zurück, während dieser den Knoten durchläuft. Genutzt werden Standard-Ethernet-Frames, deren Größe in der Regel ausreicht, um alle für den Zyklus erforderlichen Prozessdaten in einem Telegramm zu transportieren. Des Weiteren können die Netzwerkknoten als Verbinder agieren und mehr als zwei Ports haben, weshalb keine Switche oder Hubs vonnöten sind. Der letzte Knoten sendet das Telegramm zur Steuerung zurück und nutzt dabei die Full-Duplex-Funktion von Ethernet. Nur die Steuerung, das Ethercat-MainDevice, sendet aktiv Frames, was Verzögerungen durch Kollisionen vermeidet und die Echtzeitfähigkeit des Systems sicherstellt. Mit einem Standard-Ethernet-MAC kann jede Steuerung mit Ethernet-Port durch Software zum Ethercat-MainDevice werden.
Die an Ethercat angeschlossenen Feldgeräte, so genannte Ethercat-SubDevices nutzen spezielle Controller Chips, welche alle zeitkritischen Funktionen in Hardware integrieren, wodurch wiederum Verzögerungen durch große Software-Stacks vermieden werden. In Bezug auf die Gesamtperformance des Netzwerks werden bei Ethercat dank seines Funktionsprinzips die drei größten limitierenden Faktoren, nämlich unzureichende Bandbreitennutzung und Verzögerungen durch Switche sowie durch große Software-Stacks, überwunden.
Flexibilität
Ein weiteres Merkmal von Ethercat ist seine Vielseitigkeit. Da das Protokoll wie oben beschrieben ohne Hubs und Switche auskommt, entfallen in Hinblick auf die Topologie praktisch sämtliche Beschränkungen. Linie, Baum, Stern sowie alle denkbaren Kombinationen daraus sind möglich. Dank automatischer Link-Erkennung und Hot-Connect-Funktionalität können Knoten sowie Segmente im laufenden Betrieb getrennt und wieder angeschlossen werden – selbst an anderer Stelle und ohne das Netzwerk zu stören.
Linientopologie lässt sich zum Zweck der Kabelredundanz auch zum Ring schließen, was Anwendungen mit Hochverfügbarkeitsanforderungen ermöglicht. Alles, was die Steuerung hierfür hardwareseitig benötigt, ist ein zweiter Ethernet-Port, die Feldgeräte selbst unterstützen Kabelredundanz von vornherein.
Zudem gibt es verschiedene Übertragungsvarianten für unterschiedliche Anforderungen. Bei Bedarf kann neben Daten auch Strom auf nur einer Leitung übertragen werden. Mit einer nahezu unbegrenzten Zahl an Netzwerkteilnehmern pro Segment entfällt der Bedarf an lokalen Erweiterungsbussen und sämtliche Module profitieren direkt von der Ethercat-Performance.
Synchronität
Ebenfalls von großer Bedeutung für die Leistung eines Netzwerks ist die Präzision bei der Synchronisierung der angeschlossenen Geräte. Im Vergleich zu vollständig synchroner Kommunikation, deren Qualität direkt unter Kommunikationsfehlern leidet, ermöglicht eine Lösung mit im Netzwerk verteilten synchronisierten Uhren eine hohe Jitter-Toleranz im System. Ethercat folgt diesem Ansatz und nutzt hierfür die so genannten Distributed Clocks (DC).