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Die Erfolgsgeschichte von Ethercat - Teil 1

So funktioniert’s

Gut 22 Jahre nach seiner Einführung kann der weltweit etablierte Kommunikationsstandard Ethercat beeindruckende Zahlen aufweisen: rund 80 Millionen Knoten sind im Feld installiert und die Nutzerorganisation umfasst mehr als 8.000 Mitglieder. Mit einer dreiteiligen Artikelserie will das SPS-MAGAZIN das Wissen rund um die Technologie ein wenig auffrischen. Dieser erste Teil erläutert, wie Ethercat genau funktioniert, was das Protokoll leistet und wie es sich von vergleichbaren Systemen unterscheidet.
 Wandel der Zeit: 2003 wurde Ethercat von Beckhoff vorgestellt. Noch im selben Jahr fiel die Entscheidung, das Protokoll offenzulegen und die Nutzerorganisation ETG zu gründen. Heute ist Ethercat, von dem es seit jeher nur eine gleichbleibende Version gibt, aus der Automation nicht mehr wegzudenken.
Wandel der Zeit: 2003 wurde Ethercat von Beckhoff vorgestellt. Noch im selben Jahr fiel die Entscheidung, das Protokoll offenzulegen und die Nutzerorganisation ETG zu gründen. Heute ist Ethercat, von dem es seit jeher nur eine gleichbleibende Version gibt, aus der Automation nicht mehr wegzudenken.Bild: EthercatTechnology Group

Klassische Netzwerke in der Automatisierung kennzeichnen sich durch geringe Datenmengen pro Knoten; meist kleiner als die minimale Nutzlast eines Ethernet-Frames. Deshalb nutzt ein Frame pro Knoten, Richtung und Zyklus die verfügbare Bandbreite nicht optimal aus und begrenzt so die Leistung des gesamten Systems.

Funktionsprinzip

Genau hier setzt das Funktionsprinzip von Ethercat an. Bei Ethercat lesen die Knoten die für sie bestimmten Daten aus dem Frame und schreiben eigene Daten in denselben Frame zurück, während dieser den Knoten durchläuft. Genutzt werden Standard-Ethernet-Frames, deren Größe in der Regel ausreicht, um alle für den Zyklus erforderlichen Prozessdaten in einem Telegramm zu transportieren. Des Weiteren können die Netzwerkknoten als Verbinder agieren und mehr als zwei Ports haben, weshalb keine Switche oder Hubs vonnöten sind. Der letzte Knoten sendet das Telegramm zur Steuerung zurück und nutzt dabei die Full-Duplex-Funktion von Ethernet. Nur die Steuerung, das Ethercat-MainDevice, sendet aktiv Frames, was Verzögerungen durch Kollisionen vermeidet und die Echtzeitfähigkeit des Systems sicherstellt. Mit einem Standard-Ethernet-MAC kann jede Steuerung mit Ethernet-Port durch Software zum Ethercat-MainDevice werden.

Die an Ethercat angeschlossenen Feldgeräte, so genannte Ethercat-SubDevices nutzen spezielle Controller Chips, welche alle zeitkritischen Funktionen in Hardware integrieren, wodurch wiederum Verzögerungen durch große Software-Stacks vermieden werden. In Bezug auf die Gesamtperformance des Netzwerks werden bei Ethercat dank seines Funktionsprinzips die drei größten limitierenden Faktoren, nämlich unzureichende Bandbreitennutzung und Verzögerungen durch Switche sowie durch große Software-Stacks, überwunden.

 Prozessdaten werden bei Ethercat im Durchlauf in das Datagramm eingefügt.
Prozessdaten werden bei Ethercat im Durchlauf in das Datagramm eingefügt. Bild: Ethercat Technology Group

Flexibilität

Ein weiteres Merkmal von Ethercat ist seine Vielseitigkeit. Da das Protokoll wie oben beschrieben ohne Hubs und Switche auskommt, entfallen in Hinblick auf die Topologie praktisch sämtliche Beschränkungen. Linie, Baum, Stern sowie alle denkbaren Kombinationen daraus sind möglich. Dank automatischer Link-Erkennung und Hot-Connect-Funktionalität können Knoten sowie Segmente im laufenden Betrieb getrennt und wieder angeschlossen werden – selbst an anderer Stelle und ohne das Netzwerk zu stören.

Linientopologie lässt sich zum Zweck der Kabelredundanz auch zum Ring schließen, was Anwendungen mit Hochverfügbarkeitsanforderungen ermöglicht. Alles, was die Steuerung hierfür hardwareseitig benötigt, ist ein zweiter Ethernet-Port, die Feldgeräte selbst unterstützen Kabelredundanz von vornherein.

Zudem gibt es verschiedene Übertragungsvarianten für unterschiedliche Anforderungen. Bei Bedarf kann neben Daten auch Strom auf nur einer Leitung übertragen werden. Mit einer nahezu unbegrenzten Zahl an Netzwerkteilnehmern pro Segment entfällt der Bedarf an lokalen Erweiterungsbussen und sämtliche Module profitieren direkt von der Ethercat-Performance.

Synchronität

Ebenfalls von großer Bedeutung für die Leistung eines Netzwerks ist die Präzision bei der Synchronisierung der angeschlossenen Geräte. Im Vergleich zu vollständig synchroner Kommunikation, deren Qualität direkt unter Kommunikationsfehlern leidet, ermöglicht eine Lösung mit im Netzwerk verteilten synchronisierten Uhren eine hohe Jitter-Toleranz im System. Ethercat folgt diesem Ansatz und nutzt hierfür die so genannten Distributed Clocks (DC).

Der Abgleich der Uhren in den Teilnehmern erfolgt in Hardware, wobei die Uhrzeit des ersten synchron arbeitenden Teilnehmers zyklisch an alle anderen Uhren im System verteilt wird, welche sich exakt auf diese Referenzuhr einstellen. Da die Informationen der Referenzuhr durch Laufzeitverzögerungen auf dem Kabel und in den Teilnehmern erst verspätet bei den anderen Uhren im Zyklus ankommt, wird die Verzögerung für jeden Knoten einzeln gemessen und ausgeglichen, um neben der Synchronität auch Gleichzeitigkeit zu erreichen. Und so ist letztere bei Ethercat, genau wie der Jitter der Uhren, dann auch signifikant geringer als 1µs. Zudem wird das Ethercat-MainDevice bei Verwendung der Distributed Clocks entlastet, da es nur dafür sorgen muss, dass der Ethercat-Frame früh genug versendet wird, bevor das Uhrensignal in den Knoten den Trigger zum Setzen der Ausgänge gibt.

Der nächste Teil der Artikelserie in der nächsten Ausgabe des SPS-MAGAZINs befasst sich mit der Diagnose und Safety bei Ethercat sowie Ethercat und seinen Erweiterungen: Ethercat P, Ethercat G/G10.

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