„Wir können unsere intelligenten Sensoren mit Single Pair Ethernet besser nutzen“, sagt Manfred Walter, Produktmanager bei Jumo. „Ich habe einen echten Mehrwert, indem ich mit SPE mehr Sensordaten übertragen kann.“ Mehr Daten sind die Grundlage, um daraus gewinnbringende Informationen zu ziehen. Diese Möglichkeit gibt es nicht, wenn ein 4- bis 20mA-Sensor nur einen nackten Stromwert überträgt – zum Beispiel als Äquivalent für eine Temperatur. Richtig ins Schwärmen gerät der Produktmanager angesichts der Tatsache, dass mit dem SPE-Anschluss Sensorinformationen endlich lückenlos in einem System verteilbar sind. Der Produktmanager hat hier die schlecht zu überwindenden Etagengrenzen innerhalb der Automatisierungspyramide vor Augen. „Die Durchgängigkeit über alle Ebenen hinweg betrachten wir bei Jumo als große Stärke.“ Darüber hinaus lassen sich Kabel einsparen, da ja über die zwei Drähte Daten und Energie – Power over Data Line (PoDL) – geführt werden. Grundsätzlich bietet SPE die Chance der durchgängigen Kommunikation von der ERP-Ebene bis hinab zur Sensorik und Aktorik der Feldebene. „Und das Ganze funktioniert auch noch ohne Medienbrüche“, unterstreicht Walter, da der Sensor in alle Ebenen durchgängig auf Basis von Ethernet-Protokollen kommuniziert.
OEE zählt als Investitionsgrundlage
Die Protagonisten für SPE bei Jumo und Phoenix Contact betrachten die Durchgängigkeit des Ethernets als essenziell für mehr Nachhaltigkeit in der Produktion. Der Nutzen resultiert dabei vor allem aus den neuen Möglichkeiten, die die Fehlersuche vereinfachen und durch das Einsammeln von Statusinformationen auch eine zustandsorientierte Wartung ermöglichen. Das Ganze mündet in einem Strauß an Vorteilen, die am Ende des Tages die OEE (Overall Equipment Effectiveness) verbessern – also die Gesamtanlagenverfügbarkeit. Passend dazu gestaltet sich die Verknüpfung zu cloudbasierten Services ebenfalls leichter.
Mit SPE gegen den Medienbruch in der industriellen Kommunikation: Führt dieser Nutzen zu einem Umdenken bei der Wahl der Anschlusstechnik auf Sensorebene? Nach Erfahrung von Manfred Walter seien die Kundenerwartungen des Maschinen- und Anlagenbaus nach wie vor spürbar preisgetrieben. Die Budgets von Messketten seien bei der Projektierung von Anlagen eng begrenzt. „Die Frage ist, was eine Messkette kosten darf und wie hoch der Mehrpreis für die SPE-Anbindung ist.“ Die schlüssigen Argumente für die durchgängige Ethernet-Architektur ließen sich gerade in standardisierten Ausschreibungsverfahren nur schwierig darstellen. Die positiven Auswirkungen auf die OEE als wichtige Kennzahl für Investitionsentscheidungen können folglich am besten im Direktkontakt argumentiert werden.
Gefragt sind konvergente Netze
Für Martin Müller, Feldbus-Experte bei Phoenix Contact, stellt eine Übertragungstechnik mit SPE einen wichtigen Schritt dar auf dem Weg zu konvergenten Netzen. Während zum Beispiel das Time Sensitive Network (TSN) vornehmlich für zeitkritische Aufgaben in den Disziplinen Functional Safety oder Motion Control konzipiert ist, kommt 5G für Applikationen zum Einsatz, die Mobilfunk benötigen. Vergleichbares gilt für WLAN 6 und 7 im Bereich der lizenzfreien, drahtlosen Übertragungstechnik. „Single Pair Ethernet eignet sich wiederum sehr gut für die Kommunikation auf den letzten Metern“, sagt Müller. Die Klammer für alle Techniken ist das konvergente Ethernet-Netzwerk – die Einheitswelt für die industrielle Kommunikation. Schaffen es die Akteure in der Automation, der Elektrotechnik sowie dem Anlagen- und Maschinenbau mittelfristig, sich auf diesen Weg zu einigen, dann gehören die Feldbuskriege mit ihren industriespezifischen Entwicklungen endgültig der Vergangenheit an.
1.000 Meter mit 10MBit
Die Chancen dafür stehen günstig. Das Ganze wird nämlich unterstützt von der generellen Übertragungsperformance der Standardkommunikation aus dem Konsumentenmarkt. SPE erreicht zum Beispiel als Medium für die räumlich begrenzte Maschinenebene eine Übertragungsrate von 10MBit/s auf einer Leitungslänge bis 1.000m. Im Vergleich dazu liefert zum Beispiel I/O-Link mit maximaler Leitungslänge von 20m gerade einmal 230,4kBit/s. Auch wenn I/O-Link ohne Frage den Anschluss von Sensoren spürbar vereinfacht, reicht die Datenübertragung nach Ansicht von Manfred Walter für zukünftige Aufgaben innerhalb gekoppelter Sektoren nicht mehr aus.