Sicherheitsklemmen und Analogsensoren überwachen den Holzstapeltransport

Maschinensicherheit: einfach, flexibel und kostengünstig

Der Anlagenbauer IMA Klessmann hat für den französischen Küchenhersteller Fournier ein komplexes, mehrbahniges Transportsystem für Holzwerkstücke modernisiert. Dabei wurde mit der Kombination aus Analogsensoren und moderner Sicherheitstechnik eine zuverlässige Überwachung gegen unbefugtes Betreten realisiert - einfach, flexibel und kostengünstig.
Die Stapel mit Holzwerkstücken für Küchenmöbel von Fournier werden über zwei Anlagen mit jeweils sechs Rollenbahnen bereitgestellt.
Die Stapel mit Holzwerkstücken für Küchenmöbel von Fournier werden über zwei Anlagen mit jeweils sechs Rollenbahnen bereitgestellt. Bild: Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

In dem betreffenden Anlagenbereich werden aus einem Sortierlager plattenförmige Werkstücke für Küchenmöbel entnommen und in zwei Kommissionierstationen entsprechend der Auftragslisten auf Paletten gestapelt. Die fertigen Stapel werden anschließend aus den Kommissionierbereichen hinaus und über entsprechende Fördertechnik an nachgelagerte Maschinen transportiert. Sie erhalten alle nötigen Teile exakt in der richtigen Reihenfolge, um möglichst effizient einen Küchenschrank montieren zu können. Beide Kommissionierstationen gehören prinzipbedingt zu den sicherheitstechnischen Risikobereichen und verfügen über je sechs Gates zur Ausschleusung der Werkstückstapel. Voraussetzung für diese Art der Anwendung ist, dass zu keiner Zeit der Zutritt in den Risikobereich möglich sein darf. Bedingt durch die hohe Dynamik der dortigen Transportportale und der bewegten Massen besteht ein hohes Sicherheitsrisiko. Klassisch wird der Zutritt solcher Anlagenteile mit Sicherheitslichtschranken und Muting-Funktionen realisiert. Das allein reichte bei Fournier allerdings nicht aus, denn die Sicherheitslichtschranken konnten baulich bedingt nur unmittelbar vor dem Risikobereich installiert werden. Unbefugter Zutritt wird damit zwar sicher erkannt; die Zeit würde aber – selbst bei Aktivierung der maximal möglichen Bremsrampe – nicht ausreichen, um die Bewegungen rechtzeitig zu stoppen. Andere Maßnahmen wie der Einsatz sicherer Betriebsbremsen würden hingegen die Mechanik stark belasten und dadurch auch die Prozesssicherheit gefährden.

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Lösung durch zweistufiges Konzept

Die Anforderung bestand daher darin, sowohl Personen- als auch Prozesssicherheit durch eine weitere Safety-Einrichtung und ein Zweizonenkonzept zu garantieren: Betritt nun eine Person in unzulässiger Weise den Kommissionierbereich, fällt das Portal zuerst in den Modus SLS (sicher reduzierte Geschwindigkeit). Nähert sie sich dann der zweiten Einrichtung, wird die Maschine komplett gestoppt. Die erste Safety-Einrichtung besteht aus drei Standard-Laufzeitsensoren. Ein Sicherheitsrisiko besteht immer dann, wenn sich im Bereich der Sensoren kein Materialstapel befindet oder sich dieser im Bereich nicht bewegt. Das Risiko während dieser Phasen wird folgendermaßen zuverlässig ausgeschlossen: Sobald ein Plattenstapel unterhalb des Bereichs der Laufzeitsensoren bewegt und anschließend gestoppt wird, messen die Laufzeitsensoren einmalig die aktuelle Stapelhöhe (Latch). Fährt der Stapel komplett aus dem Bereich hinaus, erhält die Stapelhöhe den Wert 0. Die im Stillstand ermittelten Werte der drei Sensoren werden an die Sicherheitssteuerung übertragen und kontinuierlich mit den Istwerten der Laufzeitsensoren verglichen. Versucht nun eine Person sich bei einem nicht vorhandenen oder über einen stehenden Stapel Zutritt zu verschaffen, weicht mindestens einer der drei Istwerte von der gelatchten Position ab. Dies führt unmittelbar dazu, dass die Portale in den SLS-Modus übergehen. Erkennen anschließend die unmittelbar vor dem Kommissionierbereich platzierten Sicherheitslichtschranken einen Zutritt, werden die Achsen endgültig zum Stillstand gebracht.

Drei Lichtlaufzeitsensoren (verdeutlicht durch die drei Lichtpunkte) je Rollenbahn überwachen die Höhe der Werkstückstapel.
Drei Lichtlaufzeitsensoren (verdeutlicht durch die drei Lichtpunkte) je Rollenbahn überwachen die Höhe der Werkstückstapel. Bild: Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

Analogwertverarbeitung spart Kosten

Voraussetzung für die effiziente Safety-Lösung war die Fähigkeit der eingesetzten Beckhoff-Klemmen vom Typ Twinsafe-Logic EL6910 zur Verarbeitung analoger Signale. „Zuvor bestand an dieser Anlage ein Sicherheitsdefizit, auch wenn die Rollenbahn nicht begehbar ausgeführt wurde“, erklärt Michael Gube, Softwareentwickler bei IMA und als Inbetriebnahmeleiter verantwortlich für das Projekt. „Ein Betreten war allerdings in Einzelfällen dennoch möglich, z.B. wenn nur eine sogenannte Schonerplatte transportiert wurde. Die zum Schutz eingesetzte Sicherheitslichtschranke befand sich in zu geringem Abstand zum sich bewegenden Portal, sodass dieses im Gefahrenfall nicht schnell genug anzuhalten war. Erste Lösungsansätze wie Schutztore oder Radarscanner wären nur mit einem hohen mechanischen bzw. finanziellen Aufwand möglich gewesen. Die Alternative mit Twinsafe SC und Lichtlaufzeitsensoren ist einfacher und flexibler sowie deutlich kostengünstiger.“

Pierre Favre, Projektleiter bei Fournier, und Michael Gube, Softwareentwickler von IMA Klessmann und Inbetriebnahmeleiter für dieses Anlagenprojekt (v.l.n.r)
Pierre Favre, Projektleiter bei Fournier, und Michael Gube, Softwareentwickler von IMA Klessmann und Inbetriebnahmeleiter für dieses Anlagenprojekt (v.l.n.r) Bild: Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

Safety-Bausteine für analoge Sensorsignale

Die Sicherheitsfunktionen basierend auf den Analogsignalen der Lichtlaufzeitsensoren konnten mit entsprechenden Safety-Funktionsbausteinen in Twincat 3 einfach und skalierbar umgesetzt werden. Auch die Komplexität der Anlage stellte kein Problem dar. Sie besteht aus zwei hard- wie softwareseitig gleichen Maschinen, in denen je ein Embedded-PC CX9020, eine Twinsafe-Logic EL6910 sowie sechs – für jede Rollenbahn eine – analoge Twinsafe-SC-Eingangsklemmen EL3124-0090 zum Einsatz kommen. Weiterhin werden pro Maschine vier Twinsafe-Digital-Eingangsklemmen EL1904 für die Sicherheitsquittierung und die zweikanaligen Mutingeingänge sowie eine Twinsafe-Digital-Ausgangsklemme EL2904 zur Ansteuerung der Sicherheitsschütze verwendet. „Alle notwendigen Funktionen, z.B. die maximal zulässige Dauer eines Mutingvorgangs, ließen sich komfortabel mit den Twinsafe-Funktionsbausteinen konfigurieren“, ergänzt Bettina Keller, Applikation/Support von Beckhoff. „Mit den Safety-Bausteinen lassen sich auf einfache Weise vielfältige Sicherheitsfunktionen realisieren“, bestätigt Gube. „Ein besonderer Vorteil liegt darin, dass dies durchgängig, also auch für die analogen Eingangssignale gilt.“ Kern für die einfache Safety-Umsetzung ist die erweiterte Sicherheitsfunktionalität der Twinsafe-Logic EL6910. Sie bietet – zusätzlich zu den Bausteinen der EL6900 – zertifizierte Safety-Funktionen u. a. für die Verarbeitung von analogen Signalen. Hierzu zählen auch komplexere Funktionen wie Zähler, Grenzwert oder Vergleich. Zudem ermöglicht die Klemme mit Twinsafe-SC eine gesicherte Datenübertragung von Standard-Ethercat-I/Os. „Damit können nun analoge Signale innerhalb der Logik analysiert, plausibilisiert und einer Bewertung unterzogen werden, wobei aus Sicherheitsgründen mindestens eine der Datenquellen eine Twinsafe-SC-Komponente sein muss“, erklärt Keller.

Integrierbare und skalierbare Lösung

Ein großer Vorteil bei der Installation der neuen Sicherheitstechnik ergab sich durch die feine Skalierbarkeit der PC-basierten Steuerungstechnik von Beckhoff. „Die gesamte Produktionsanlage wird über Twincat 2 gesteuert. Um allerdings die Analogsensorik über die EL6910-Klemme direkt einbinden zu können, ist die Softwaregeneration Twincat 3 erforderlich“, führt Gube weiter aus. „Mit der modularen und skalierbaren Steuerungstechnik war das einfach und kostengünstig möglich, indem die neuen Sicherheitsfunktionen über ein eigenständiges Subsystem – bestehend aus dem Embedded-PC CX9020 mit Twincat 3 sowie den Twinsafe- und Twinsafe-SC-Klemmen – realisiert wurde.“ Die Lösung erweist sich noch in einer weiteren Hinsicht als flexibel: „Gemäß den geltenden Sicherheitsvorschriften muss der gefährdende Bereich in seiner Breite im 250mm-Abstand überwacht werden. Daher setzen wir bei den 700mm breiten Rollenbahnen jeweils drei Lichtlaufzeitsensoren ein“, so Gube. „Sollte sich nun zukünftig aufgrund größerer Werkstücke ein Bedarf an breiteren Rollenbahnen ergeben, muss nur die Anzahl der Sensoren erhöht werden.“ Die Anpassung der Safety-Funktionalität lässt sich dann ohne großen Aufwand über Twincat konfigurieren.

Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

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