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Connectivity als Grundlage für das industrielle IoT

„Automation ist wieder cool!“

Daten im Feld einsammeln, um sie für Analyse und KI in der Cloud zu nutzen? Klingt in der Theorie ganz einfach. In der Praxis stoßen Anwender allerdings auf einige Herausforderungen. Welche das sind, und mit welcher Strategie Red Lion seinen Kunden unter die Arme greift, erklären CEO Marcel van Helten und Vice President Global Marketing Rod Smith im Gespräch mit dem SPS-MAGAZIN.

Herr van Helten, Sie sind seit Kurzem CEO von Red Lion. Welche Mission haben Sie mit in diese Position gebracht?

Marcel van Helten: Den größten Teil meiner Karriere bewege ich mich schon in der Automatisierung. Zwischendurch führte mein Weg in angrenzende Bereiche wie Embedded Systems, Predictive Maintenance oder die Gebäudetechnik. Doch jetzt – in der neuen Verantwortung bei Red Lion – freue ich mich sehr, zu meinen Wurzeln in der Fabrikautomation zurückzukehren. Was die Mission angeht, sehe ich meinen Auftrag primär darin, das Unternehmen sicher durch eine sich stark wandelnde Branche zu führen.

Was meinen Sie damit?

van Helten: Die Digitalisierung verändert alles. Mittlerweile werden gigantische Summen in Softwarelösungen investiert, in cloud- und KI-basierte Automatisierung. Das mag im ersten Moment fantastisch klingen, ist aber keine Spinnerei. Im Gegenteil: Solche Lösungen werden über kurz oder lang zur Voraussetzung, um die Fertigungsindustrie in den westlichen Märkten zu halten bzw. dorthin zurück zu holen.

Rod Smith: Der Einsatz von KI- und Cloud-Software bildet künftig einen Schlüssel, um im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können. Doch solche Tools funktionieren nur, wenn sie mit ausreichend Informationen versorgt werden. Das wird zu einer enormen Herausforderung, wenn man bedenkt, wie viele Bestandsmaschinen und -anlagen es hierzulande gibt – komplett ohne moderne Technik zur Datenerfassung.

van Helten: An dieser Stelle kommt das Selbstverständnis von Red Lion ins Spiel. Denn wir verstehen uns als Industrial Data Company. Blickt man tief in die Seele des Unternehmens, ist diese Kernkompetenz deutlich sichtbar. Einige tausend Anlagen im Feld sind über unsere Lösungen an höhere Ebenen angebunden – als Grundlage für Datenerfassung und -analyse. Sich zu diesen Wurzeln zu bekennen, ist für Red Lion heute wichtiger denn je. Und eine spannende Parallele zu meiner eigenen Karriere.

Welche Besonderheiten beansprucht Red Lion dabei?

Smith: Ein essenzieller Punkt ist: Unser Kommunikationsportfolio deckt über 300 verschiedene Protokolle ab. Aus einer Unmenge von Standards macht Red Lion also verständliche Informationen für smarte IT-Systeme. Mit dieser Expertise im Rücken können wir die Kraft der Maschinen- und Prozessdaten entfesseln – sprich unsere Kunden dazu befähigen, den großen Mehrwert industrieller Clouds zu erschließen. Daraus leiten wir unser Selbstverständnis als Automatisierer ab.

van Helten: Damit einher geht die Frage, auf welchem Weg man die erfassten Daten am besten nutzen kann. Dafür stellen wir unser Knowhow ebenfalls zu Verfügung.

Sie helfen dem Anwender dabei, den Schritt von Big Data zu Smart Data zu schaffen?

Smith: Das ist unbedingt notwendig: Denn kaum ein mittelständisches Unternehmen kann mit einem riesigen Data Lake umgehen. Doch welche die richtigen Daten sind, muss der Anwender ja erst einmal herausfinden. Der populäre Ansatz lautet heute noch: Man sammelt alle Daten ein und findet erst später heraus, in welcher Korrelation sie zueinander stehen. Die relevantesten Matches können aber aus ganz unterschiedlichen Datenquellen kommen. Deshalb muss man nicht nur SPSen auswerten, sondern auch Geräte wie Lüfter oder Pumpen, die man im Automatisierungsprozess eher außer Acht lässt. Kurzum: Die besten Ergebnisse lassen sich erst erzielen, wenn man alle Daten erfassen kann. Folglich ist die Connectivity heute so entscheidend – und die rollen wir in verschiedenen Etappen bei unseren Kunden aus.

Welche Schritte sind das?

van Helten: Die drei Schritte sind: Access, Connect, Visualize. Auf Deutsch: Zugang, Vernetzung und Visualisierung. Als erstes kümmern wir uns zusammen mit dem Kunden darum, die jeweiligen Assets in Kommunikationsnetze einzubinden – natürlich unter Berücksichtigung moderner Sicherheitsstandards. Als nächstes steht an, die Daten an die richtigen Stellen zu bringen. Hier zahlt sich die Positionierung als führender Ausrüster von Industrial-Ethernet-Equipment aus. Gerade unsere frisch gelaunchte Switch-Generation N-Tron NT5000 untermauert diesen Anspruch. Auch beim dritten Punkt, der Visualisierung, kann Red Lion auf jahrzehntelange Erfahrung und ein breites Portfolio zurückblicken. Auf der einen Seite setzt unsere FlexEdge-Familie keine Grenzen, wenn es um Highend-Visualisierungsansprüche geht. Auf der anderen gibt es einen riesigen Markt für kompakte Anzeigen wie unser Modell PM50. Durch deren Ethernet- und WiFi-Konnektivität lassen sich die Daten parallel an der Anlage und in der Leitebene oder Cloud visualisieren.

Smith: Ein guter Punkt, um auf ein weiteres Bedürfnis des Anwenders einzugehen. Er benötigt mehr Konnektivität, keine Frage. Und er braucht schnellere Prozesse. Doch beides muss man ihm auf einem Easy-to-Use-Tablett servieren, weil er immer weniger Expertenwissen vorhalten kann. Deswegen ist unsere PM50-Anzeige nicht nur smart, sondern auch einfach. Sie lässt sich modular und flexibel an die jeweiligen Voraussetzungen anpassen. Nimmt man es genau, haben wir damit ein komplett neues Produktsegment für die Visualisierung definiert: Oberhalb der klassischen Anzeige, die heute nicht mehr State of the Art ist – aber unterhalb der vollwertigen HMI, die ohne Spezial-Knowhow kaum bedienbar ist. Damit passt die PM50 hervorragend in unser Smart-Connectivity-Selbstverständnis.

van Helten: Zu diesem Selbstverständnis gehört auch, dass all unsere neuen Produkte auf das IoT abzielen. Selbst vermeintlich einfache Anzeigen. Die Konnektivität macht den Unterschied. Deshalb sind auch hier wieder die neuen Managed-GBit-Switches NT5000 zu nennen. Sie sind natürlich auf hohe Zuverlässigkeit und Robustheit ausgerichtet. Aber eben auch darauf, einfach und ohne Experten installiert und in Betrieb genommen zu werden. Wir haben es geschafft, dass Mitarbeiter aus der Fertigung dieses IT-Device fehlersicher und secure parametrieren können. Das ist IT/OT-Verschmelzung in Reinform.

Gilt das auch für das Versprechen, über 300 Protokolle anzubinden?

Smith: Ja, an dieser Stelle übernimmt die Crimson-Software. Um unsere Panels mit den diversen SPS-Fabrikaten zu verbinden, wurden in die Software über Jahre immer mehr Kommunikationsstandards integriert. Mittlerweile ist neben übergreifenden Lösungen wie OPC UA oder MQTT auch eine Vielzahl an Cloud-Konnektoren in Crimson aufgenommen. In Summe können wir also ein riesiges Spektrum an Schnittstellen abdecken. Dennoch bleibt die Software beherrschbar. Der Anwender wählt die benötigten Standards einfach aus – schon kann er die erfassten Daten von A nach B bringen. Er muss also keine einzige Zeile Code schreiben, um eine Anlage IoT-fähig zu machen.

van Helten: Das ist eines der besten Beispiele dafür, wie cool Automation wieder ist. Denn mit unserer Expertise lässt sich die vermeintlich alte Welt der Fertigung ohne großen Aufwand mit der schönen neuen Welt von Industrial IT, IoT und Industrie 4.0 verknüpfen. Das liefert dann die Basis für moderne Datenanalyse, KI und Machine Learning.

Aber werden die bisherigen Standards durch offene Lösungen in Zukunft nicht irrelevant?

van Helten: Ich glaube nicht, dass sich in Zukunft ein allgemeingültiger Standard durchsetzt. Heute zeigen in der Tat viele Initiativen in Richtung Offenheit, was Jahrzehnte in der Automatisierung undenkbar erschien. Aber viel mehr als Lippenbekenntnisse sind auf dem Markt noch nicht zu spüren. OPC UA oder MQTT werden – gerade mit Blick auf höhere Ebenen – sicherlich für eine gewisse Konsolidierung sorgen. Aber auf Produktions- und Feldebene bleibt die Diversität der Protokolle bis auf weiteres bestehen. Bei Bestandsanlagen natürlich eh.

Smith: Red Lion ist kein dominierender Automatisierungskonzern. Deswegen war es schon immer die Voraussetzung für unseren Erfolg, agnostisch zu bleiben. Mithilfe unserer immensen Connectivity-Erfahrung und dem Plug&Play-Gedanken haben wir aus dieser Not eine Tugend gemacht – die auch weiterhin den Erfolg von Red Lion sicherstellen wird.

Die langen Zyklen, in denen die Industrie denkt, unterscheiden sich gravierend von der Schnelllebigkeit auf IT-Seite. Was bedeutet das für das Zusammenwachsen von Automatisierung und IT?

van Helten: Die IT wird sich auch künftig nicht zu Standards bekennen, die 20 Jahre oder länger währen. Doch genau diese Sicherheit ist man auf Industrieseite gewohnt – als Voraussetzung für zuverlässigen Anlagenbetrieb. Auch hier wird die Automatisierungstechnik von Red Lion zum Coolness-Faktor für den Anwender. Denn neue oder sich ändernde Standards auf IT- und Cloud-Seite lassen sich schnell und unkompliziert in die Crimson-Software übernehmen. Der Anwender kann also ganz gelassen bleiben.

Kann er das auch mit Blick auf die IT- und Datensicherheit?

Smith: Auf jeden Fall. Die produzierende Industrie ist zwar immer noch skeptisch und würde die Anbindung an IoT und Cloud am liebsten vermeiden. Das ist in Zeiten der Smart Factory aber einfach nicht mehr machbar. Deshalb müssen alle Verbindungen nach modernen Security-Maßstäben abgesichert sein. Mit diesem Basisversprechen geben wir dem Anwender unsere Connectivity-Lösungen an die Hand.

van Helten: Mittlerweile weiß jeder, welche Auswirkungen es haben kann, wenn man Security nicht ernst nimmt. Es ist aber weniger eine Frage der Technik, sondern vielmehr eine Frage der Unternehmenskultur. Das entsprechende Sicherheitsbewusstsein muss quer durch die ganze Firma gelebt werden. Es reicht also nicht, ein paar Geräte zu installieren. Durch die Akquise von MB Connect bietet sich Red Lion als ganzheitlicher Sicherheitspartner an – nicht nur mit dem Portfolio der neuen Tochter, sondern auch mit deren großer Expertise sowie dem guten Namen.

Red Lion hat die neuen Managed-GBit-Layer-2-Ethernet-Switches N-Tron NT5000 zur Verbesserung der Netzwerksicherheit und -zuverlässigkeit für Industrieunternehmen entwickelt. Die Switches sind in Konfigurationen mit 6 bis 18 Ports in reiner Kupferausführung oder in einer Kombination aus Kupfer- und Glasfaseroptionen für spezifische Installationsanforderungen erhältlich. Mit robustem Metallgehäuse und dem breiten Temperaturbereich stellen die Geräte eine kompakte Lösung für den zuverlässigen Betrieb in rauen Industrieumgebungen dar. Ein Novum ist die einfache grafische Benutzeroberfläche: Sie zeigt eine logische, visuelle Ansicht mit aktiven Ports, Stromversorgung, Temperatur und Kontaktrelais-Status sowie farbkodierte Anzeigen für Port-Traffic und Ereignisse. Darüber hinaus bieten sie Passwortverschlüsselung, einen mehrstufigen Benutzerzugang und MAC-Sicherheit, IEEE 802.1X mit Radius-Fernauthentifizierung und mehr.

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