Bedienpanels und Displays

Warum die Übersetzung von HMI-Texten erfolgskritisch ist

Befehle zur Maschinensteuerung müssen in jeder Anwendersprache klar verständlich sein, weil schon kleine Fehler große Folgen haben können. Das Beispiel von Illig Maschinenbau zeigt, wie Unternehmen auch diese Herausforderung meistern können.
 Große Maschinen mit kleinen Displays - und darauf wenig Platz für verständliche Befehle und Handlungsanweisungen: auch in der Übersetzung eine Herausforderung.
Große Maschinen mit kleinen Displays – und darauf wenig Platz für verständliche Befehle und Handlungsanweisungen: auch in der Übersetzung eine Herausforderung. Bild: ©vladimircaribb/stock.adobe.com

Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine bestimmt die Zuverlässigkeit der automatisierten Arbeitswelt. Technologien und Computersysteme übernehmen zentrale Aufgaben; Sensoren und Schnittstellen ermöglichen ihre Bedienung. Verbindend wichtig sind eindeutige, verständliche Texte und vollständige, korrekte Übersetzungen an der Schnittstelle – dem Human Machine Interface (HMI). Doch der Platz auf Bedien-Panels und Displays ist begrenzt, die Befehle müssen somit kurz und prägnant ausfallen.

Kryptische, stark abgekürzte ebenso wie fehlerhafte Übersetzungen von HMI-Texten erschweren und verteuern allerdings die Bedienung. Denn das anwendende Personal muss Sprachbefehle schnell erfassen können. Am besten in der eigenen Sprache. Die Befehle und Meldungen müssen eindeutig sein, um Fehlbedienungen, Folgeschäden und Reklamationen zu vermeiden und die Maschinen weltweit erfolgreich zum Einsatz zu bringen.

Die Herausforderungen bei der Übersetzung

Längenbeschränkte Übersetzungen von HMI-Software oder Displaytexten für die Anlagen- und Maschinensteuerung sind komplexer als klassische technische Übersetzungen, da hier die Technik die Rahmenbedingungen diktiert. Das bringt spezifische Herausforderungen mit sich:

1. Begrenzter Platz: Displays technischer Geräte erfordern die Anpassung der Texte an limitierte Platzvorgaben. Nur die relevantesten Informationen können abgebildet werden, wichtige Informationen dürfen aber keinesfalls verloren gehen. Das gestaltet sich in der Praxis häufig schwierig, da Begriffe in vielen Sprachen (z.B. Französisch) länger ausfallen als auf Deutsch oder Englisch.

2. Viele Dateiformate: Unternehmen benutzen meist unterschiedliche Software und Dateiformate zur Definition der Displayinhalte oder entwickeln Eigenlösungen für ihre technischen Produkte. Entsprechende Workflows müssen daher individuell erarbeitet werden.

3. Fehlende Kontextinformationen: Oft werden für die Übersetzung nur vom Quellcode getrennte Textinhalte geliefert. Um keinen Interpretationsspielraum zu lassen, werden aber auch Kontextinformationen benötigt. Erst damit wird häufig klar, welche Funktion oder welcher Fachterminus gemeint ist.

Die Lösung – am Beispiel Illig Maschinenbau

Das Heilbronner Unternehmen Illig Maschinenbau ist Hersteller von Maschinen und Werkzeugen für das Thermoformen und bedient seine Kunden weltweit. Die Maschinen sind mit Displays und HMI zur Bedienung und Statusanzeige ausgestattet und werden mithilfe der Software Siemens TIA Portal (WinCC) erstellt. Da in diesem System bis dato keine Übersetzungslösung zur Verfügung steht, müssen Texte auf den Displays jeweils kundenspezifisch in gewünschte Sprachen übersetzt werden.

Eine reine Benutzerführung über Icons, die keine Übersetzung bräuchten, kam für Illig nicht in Frage. Zusätzliche Kurztexte in handlungsweisender Form erachtet das Unternehmen als äußerst wichtig für die sichere Bedienung der Maschinen.

Mangelhaft übersetzte oder stark abgekürzte Displaytexte und unterschiedliche Bezeichnungen in den zugehörigen Bedienungsanleitungen wurden in der Vergangenheit öfter falsch interpretiert oder gar nicht erst verstanden. Die nachträgliche Übersetzung durch Techniker vor Ort verursachte zusätzliche Kosten und war erneut fehleranfällig.

Illig suchte daher versierte Unterstützung, um die Texte eindeutig, unter Einhaltung der Beschränkungen des Mediums und mit voller Konsistenz zu den entsprechenden Bedienungsanleitungen kosteneffizient zu übersetzen. Fündig wurden sie bei der Firma Oneword in Böblingen.

Im ersten Schritt hat Oneword ein Team aus Fachübersetzern, Revisoren und Software-Experten zusammengestellt und gemeinsam mit Illig einen Workflow erarbeitet, der die Qualität des Übersetzungsergebnisses sicherstellt, den Prozess aber nicht verteuert.

 Die Bediener von Maschinen und Anlagen müssen Sprachbefehle, am besten in der eigenen Sprache, schnell erfassen können. Wichtig dabei: Die Befehle und Meldungen müssen eindeutig sein.
Die Bediener von Maschinen und Anlagen müssen Sprachbefehle, am besten in der eigenen Sprache, schnell erfassen können. Wichtig dabei: Die Befehle und Meldungen müssen eindeutig sein.Bild: ©gen_A/stock.adobe.com

Der Workflow ist entscheidend

Zunächst werden die Texte aus dem TIA Portal (WinCC) exportiert, unter Berücksichtigung der Fachterminologie des Kunden und mithilfe eines Übersetzungsspeichers (Translation-Memory-System, TM) übersetzt und anschließend redigiert. Dann durchlaufen sie die Oneword-Qualitätskontrollen, werden wieder ins TIA Portal importiert und dort von Fachübersetzern im Kontext kontrolliert. Der vorhandene Platz wird bestmöglich ausgenutzt und der Text nur wenn wirklich notwendig gekürzt oder inhaltlich angepasst, ohne die Verständlichkeit aus den Augen zu verlieren.

Die finalen Übersetzungen werden in einem separaten TM gespeichert und bei der Übersetzung der zugehörigen Bedienungsanleitungen verwendet, um die Konsistenz zwischen Anleitung und Display zu gewährleisten. Zusätzlich werden die korrigierten HMI-Texte in weiteren, nach Maschinentyp und Displaygröße geordneten TMs gespeichert, um doppelte Arbeit zu vermeiden.

Den Datenexport/-import, den Support der Übersetzer sowie die Einrichtung und Betreuung von Terminologiedatenbank und Translation Memorys übernimmt Oneword. Auf diese Weise werden die personellen Ressourcen bei Illig und insbesondere die der Entwickler geschont, weil zeitraubende Korrekturläufe mithilfe von Screenshots entfallen.

Ergebnis: weniger Kosten, mehr Qualität

Bereits nach wenigen Wochen der Umsetzung konnte Illig klare Erfolge verzeichnen: Die Kosten wurden nachhaltig gesenkt, während die Qualität der Übersetzungsergebnisse gesteigert wurde. Zugleich reduzierte sich die Zahl der Verständnis- und Bedienfehler bei den Endkunden, was weniger Reklamationen zur Folge hat. Die Heilbronner belegen in allen Sprachen und allen Formaten die gleichbleibend hohe Qualität. Hier zeigte sich anschaulich, welche Herausforderungen bei der Übersetzung längenbeschränkter HMI- und Displaytexte bestehen und wie sie effizient gemeistert werden können.

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