Im Gespräch mit Michael Reutter, Aucobo

„Mensch und Maschine verbinden“

Aus der Idee eines Automation Cook Book ist 2017 das Startup Aucobo entstanden. Heute baut das Unternehmen Smartwatches für Industriebetriebe. Chefredakteur Wolfgang Kräußlich sprach mit einem der Gründer im Podcast.

Wo liegen aus Ihrer Sicht als Startup die größten Herausforderungen für Industrie und Maschinenbau?

Michael Reutter: In der Digitalisierung. Die Firmen holen zwar die letzten Millisekunden bei der Optimierung der Maschinen heraus, aber viele tun sich schwer, dieses Hardwarebusiness in die digitale Welt zu bringen. Es geht ja nicht nur darum, ein bisschen Code zu schreiben, es ist eine andere Art zu denken, eine andere Art wie man an den Markt herantritt. Das ist ein Prozess, den manche schon gut gemeistert haben, wo aber manche noch viel zu lernen haben. Als Startup hat man den Vorteil, das man mit einer ganz neuen Idee antreten kann, ohne zu wissen, was alles schief gehen kann.

Bei Aucobo geht es darum, den Menschen besser in die Produktionsprozesse einzubinden. Gibt es nicht den Trend zur menschenleeren Fabrik?

Auch Elon Musk hat gedacht, er könnte sein Auto komplett ohne Mitarbeiter produzieren – und hat dann doch festgestellt, dass er menschliche Spezialisten mit reinnehmen muss. Wir wollen das Beste aus beiden Welten herausholen. Was kann eine Maschine gut? Sie kann schnell repetitiv bestimmte Aufgaben machen. Und wir haben den Menschen, der ist dafür da, kreativ Aufgaben zu lösen. Jetzt muss man es nur noch schaffen, die steigende Automatisierung zusammenzubringen mit der kreativen Lösungsfähigkeit des Mitarbeiters.

Sie bieten dafür Smartwatches und zugehörige Software an. Wie kamen Sie von einem Automation Cook Book, also einer Hilfestellung für Automatisierung, zu einer Smartwatch?

Eine Herausforderung hat jedes Startup: Man muss schnell lernen, sonst verschwindet man vom Markt. Auf das Cook Book war das Feedback super, aber kaufen wollte es eigentlich keiner so richtig. Wir haben in den Projekten allerdings gemerkt, dass die Kommunikation Mensch-Maschine, gerade wenn der Mitarbeiter oft in der Fabrik unterwegs ist, eine Riesenbaustelle für viele Unternehmen ist. Entsprechend waren die Kunden bei der Smartwatch bereit, auch längerfristig Geld auszugeben, und nicht nur für ein Piloten.

Warum nutzen die dann nicht Smartwatches von den großen Playern am Markt, Apple, Samsung etc.?

Es ist so, dass diese Nische – Produktion – sehr viel Insiderwissen benötigt. Wie gehen die Nutzer damit um, was muss ich sicher stellen, damit der Betriebsrat das gut findet, wie nehme ich den Mitarbeiter mit an Board? Da reicht es nicht, einfach eine Uhr auf den Tisch zu knallen und zu sagen „mach mal“. Das scheitert nämlich. Und zur Hardware: Wenn die großen Player eine ordentliche Hardware auf den Markt bringen würden, würden wir sie auch nutzen. Aber sie fokussieren sich vor allem auf den Consumer-Markt.

Gibt es da einen nennenswerten Unterschied?

Im Consumer-Umfeld habe ich immer eine Smartwatch, die sich mit einem Endgerät, also einem Smartphone, koppelt. Wenn wir in die Industrie gehen, dann wollen Kunden den Nutzern möglichst wenige Geräte ausgeben. Die wollen ein Standalone Device. Das ist die erste Schwierigkeit. Dann geht es weiter mit der Häufigkeit einer Interaktion: Wie lange muss das Gerät im Werk aushalten? 8 bis 10 Stunden mit einer Interaktion alle paar Minuten, das schafft keine klassische Smartwatch. Um es mal ins Verhältnis zu setzen: Der Akku einer Apple- oder Samsung-Watch liegt bei ungefähr 250mAh, die Geräte, die wir einsetzen, haben um die 1.000mAh. Die Uhr muss in der Industrie robust und ölresistent sein und auch mit Handschuhen bedient werden können. IT-Security ist ein Thema, aber auch Safety: Risiken durch Hängenbleiben müssen minimiert werden. Da gibt es schon einiges zu beachten.

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