Sondermaschinenbauer setzt auf Simulations-Tool

Auf dem Weg zu echtem virtuellen Engineering

Durchlaufzeiten verkürzen, die Effizienz steigern und die Abhängigkeiten innerhalb der Abteilungen und von Lieferanten reduzieren - das war der Wunsch der Verantwortlichen beim Sondermaschinenbauer Hahn Automation. Dafür nutzt das Unternehmen seit 2018 die Simulationssoftware iPhysics von Machineering.
 Die virtuelle Inbetriebnahme ist mittlerweile ein fester Bestandteil in den Engineering-Prozessen von Hahn Automation.
Die virtuelle Inbetriebnahme ist mittlerweile ein fester Bestandteil in den Engineering-Prozessen von Hahn Automation.Bild: Hahn Automation GmbH

Ingo Lesniak, Manager Electrical Engineering bei Hahn erinnert sich: „Wir wollten die neue Art des Engineerings für möglichst hohe Qualität bei der Software nutzen.“ So fing das Team 2016 an, sich mit dem Thema der virtuellen Inbetriebnahme zu befassen. Anforderungen wurden analysiert und der Markt eingehend betrachtet. „Uns war es von Anfang an wichtig, unsere Mitarbeiter in die Entscheidungen mit einzubeziehen. Im Nachhinein war das, gerade was die Akzeptanz betrifft, auch genau der richtige Weg“, erzählt Lesniak.

 Die Simulationsabteilung entwickelt Modelle und stellt diese bei Bedarf den Standorten weltweit zur Verfügung.
Die Simulationsabteilung entwickelt Modelle und stellt diese bei Bedarf den Standorten weltweit zur Verfügung.Bild: Hahn Automation GmbH

Die Pilotphase

Als schließlich noch vier Anbieter von Simulations-Tools im Rennen waren, startete eine Pilotphase, während dieser das gleiche Projekt mit allen Tools parallel bearbeitet wurde. Am Ende dieser sechsmonatigen Phase stand fest: „iPhysics ist die richtige Software für uns.“ Und Lesniak weiter: „Was uns letztendlich neben der Technik überzeugt hat, war die Herangehensweise von Machineering. Die virtuelle Inbetriebnahme, der digitale Zwilling, Digitalisierung und Automatisierung – das war genau das, was wir wollten. Und vor allem war iPhysics nahtlos in unsere Umgebung integrierbar. Das machte die Umstellung einfacher.“

 Augmented-Reality-Anwendungen für Fernwartung oder 
Service werden über eine App realisiert.
Augmented-Reality-Anwendungen für Fernwartung oder Service werden über eine App realisiert.Bild: machineering GmbH & Co. KG

Die Implementierung

Nachdem die Entscheidung für iPhysics gefallen war, fand zuerst eine zweitägige allgemeine Schulung in Rheinböllen statt. Kurze Zeit später kam das Machineering-Team nochmals für drei Tage in den Hunsrück, um an einem realen Projekt intensiv zu schulen. „Die Software war sehr schnell bedienbar. Schon nach wenigen Tagen konnten wir iPhysics selbständig nutzen. Bei Rückfragen stand uns Machineering immer direkt zur Seite“, erinnert sich Lesniak. „Inzwischen haben wir sogar einen festen monatlichen Jourfix, um Weiterentwicklungen zu besprechen und um uns auszutauschen. Diese Wünsche und Anmerkungen werden dann auch immer zügig umgesetzt.“

Durch den Einsatz von iPhysics konnte das interne Engineering auf ein neues Level gehoben werden. „Die involvierten Abteilungen können nun parallel agieren. Damit wurden die Prozesse deutlich verkürzt und auch die Resultate sind schon von Anfang an qualitativ hochwertiger“, sagt Lesniak. „Die bidirektionale CAD-Schnittstelle ermöglichte es uns zudem, weiterhin in den bestehenden CAD-Programmen zu arbeiten und die Modelle einfach in iPhysics zu übertragen.“

Gerade in Zeiten von Corona wurden die Vorteile mehr als deutlich: „Wir konnten die virtuelle Inbetriebnahme komplett von zuhause aus Team-übergreifend umsetzen. Dadurch, dass wir die Abhängigkeiten von Lieferanten und Kunden so reduziert haben, blieb uns ausreichend Zeit, die geplanten Maschinen virtuell in Betrieb zu nehmen, zu testen, zu modifizieren und zu verbessern“, berichtet Lesniak. „Der Reifegrad unserer Maschinen erhöhte sich durch dieses Vorgehen spürbar. Gerade auch, weil wir die Komponenten- und Roboterbibliothek von machineering nutzen konnten. Viele der eingesetzten Teile verwendeten wir für verschiedene virtuelle Maschinen wieder. Und auch Kollisionsberechnungen lassen sich im virtuellen Modell sehr einfach umsetzen. Das spart zusammen ungemein viel Zeit.“

 VR-Brillen werden sowohl in der Vertriebs- als auch in der 
Engineering-Phase eingesetzt.
VR-Brillen werden sowohl in der Vertriebs- als auch in der Engineering-Phase eingesetzt.Bild: Hahn Automation GmbH

Die Simulationsabteilung

Hahn nutzt iPhysics für einen Großteil der Projekte im Headquarter sowie an den globalen Standorten. So war es nur logisch, eine eigene Simulationsabteilung einzurichten. Fünf Simulationsingenieure befassen sich ausschließlich mit der Modellerstellung über iPhysics. So wurde auch die virtuelle Inbetriebnahme fester Bestandteil in den Engineering-Prozessen. Und nicht nur da. „iPhysics ist in nahezu allen Unternehmensbereichen, angefangen beim Vertrieb, den Schulungen, dem Marketing und eben der Entwicklung und Produktion angekommen.“

Und noch mehr: „Wir können so sogar relativ unkompliziert Fremdanlagen bearbeiten. Dafür erstellen wir den digitalen Zwilling und können dann mit dem virtuellen Modell arbeiten“, erklärt Simon Knispel, Team Leader Virtual Commissioning bei Hahn Automation. „Unsere Simulationsabteilung erstellt hier in Rheinböllen die iPhysics-Modelle und stellt diese bei Bedarf unseren anderen Standorten weltweit zur Verfügung.“

Derzeit sind drei Fieldboxen im Einsatz. „Wir nutzen die Fieldboxen für die physische Steuerungsanbindung. Virtuelle Kontrollen, Tests unter Realbedingungen mit den Originalcodes und der Original-CAD sind so einfach möglich“, sagt Knispel.

 Hahn nutzt die Software für einen Großteil der Projekt im Headquarter. Daher war es logisch, eine eigene Simulationsabteilung einzurichten.
Hahn nutzt die Software für einen Großteil der Projekt im Headquarter. Daher war es logisch, eine eigene Simulationsabteilung einzurichten.Bild: Hahn Automation GmbH

Die Schulung

Hahn nutzt iPhysics nicht nur für das virtuelle Engineering, sondern setzt die Simulationssoftware inzwischen auch für Schulungen neuer Mitarbeiter ein: „So können die Mitarbeiter die Maschinen virtuell kennenlernen, sich daran ausprobieren und im Zweifelsfall auch mal Fehler machen“, erzählt Lesniak. Doch damit nicht genug. Auch für Verkaufsgespräche mit neuen Kunden kommt iPhysics zum Einsatz. „Die Auftraggeber sind begeistert, wenn wir ihnen schon zu Beginn ein erstes virtuelles Modell der geplanten Maschine präsentieren können“, sagt Lesniak. „Daher sind wir seit einiger Zeit auch dazu übergegangen, Zwischenberichte der laufenden Projekte den Kunden mithilfe von iPhysics zu übermitteln. Und sobald die Maschine virtuell in Betrieb genommen wurde, führen wir Bedienerschulungen mit unseren Kunden mit iPhysics durch. So kann der Kunde die neue Maschine auf Herz und Nieren testen, kennenlernen und sich damit vertraut machen.“ „Natürlich begleitet uns iPhysics auch auf Messen und Ausstellungen. Mit unserem Expo Truck in Kombination mit den virtuellen Modellen von iPhysics überzeugen wir immer wieder aufs Neue“, sagt Knispel.

So hat auch die virtuelle Realität Einzug in den Arbeitsalltag gehalten. Die standardmäßig angebundenen VR-Brillen werden sowohl in der Vertriebs- als auch in der Engineering-Phase intensiv eingesetzt. „So können wir und unsere Kunden die Maschine schon während der Entstehung detailliert betrachten“, erklärt Lesniak. Aber auch Augmented Reality ist bei Hahn inzwischen ein fester Bestandteil. „Wir nutzen Augmented Reality für die Fernwartung und den Service. Unsere Kunden laden sich einfach die iPhysics App aus dem Store und können das digitale Abbild betrachten. Das beschleunigt nicht nur die Prozesse, sondern spart unseren Mitarbeitern viel Reisezeit und schont die Umwelt.“

Das Resümee

„Es gibt Projekte, die bei uns ohne iPhysics nur schwer umsetzbar gewesen wären“, resümiert Lesniak. „Wir bereiten die komplette Software bei uns in Rheinböllen vor und die Maschinen werden dann in China oder auch Mexiko aufgebaut. Das Personal vor Ort profitiert davon merklich.“

Für die Zukunft hat sich Hahn einiges vorgenommen. „Ziel ist es, unseren Kunden den digitalen Zwilling ihrer Maschine mitliefern zu können“, sagt Lesniak. „Damit erwecken wir die Maschinen auch virtuell zum Leben. Außerdem wollen wir die Digitalisierung immer weiter in die interne Produktion integrieren. Idealerweise sollen Dokumente automatisch aufpoppen, wenn diese notwendig sind. Die Zukunft geht ganz klar in Richtung künstliche Intelligenz.

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