Alternativ zur Rückspeisung von Bremsenergie ins Netz, gibt es auch immer mehr Ansätze und Lösungen, um die Energie im Zwischenkreis zur Verfügung zu stellen. Wie sehen Sie diese Entwicklung bzw. die Nachfrage auf Anwenderseite? Welche Vorteile ergeben sich für den Anwender?
Claus-Bernd Thürauf, ABB: Generatorische Energie kann im Zwischenkreis zwischen motorischen und generatorischen Lasten balanciert werden. Somit wird im Vergleich zu Single-Drive-Systemen weniger Energie aus dem Versorgungsnetz benötigt. Aufgrund der Balancierung und durch geringeren Gleichzeitigkeitsfaktor ist die Einspeiseeinheit kleiner wählbar. Dadurch reduzieren sich die Investitionskosten und die Verlustleistung der Einspeiseeinheit. Auch der Transformator lässt sich kleiner ausführen. Im überwiegend generatorischen Betrieb kann die Energie bei rückspeisefähiger Einspeisung ins Industrienetz zurückgegeben werden, ohne teure und aufwändige Brems-Chopper und Bremswiderstände. Bei zyklischen Anwendungen lässt sich die Bremsenergie über einen DDC-Konverter in einen Pufferspeicher laden, um Lastspitzen kostengünstig auszugleichen. Bei Anwendungen mit nur wenigen Antrieben, bietet sich auch eine Zwischenkreisverbindung von Single Drives an. Ein typisches Beispiel ist ein Dekanter, bei dem der Schneckenantrieb über den Zwischenkreis mit dem Trommelantrieb verbunden ist. Bei Netzausfall kann der Schneckenantrieb durch gezieltes Abbremsen des Trommelantriebs weiter in Betrieb bleiben und das Material aus der Trommel fördern.
Andreas Golf, Beckhoff: Die Speicherung von überschüssiger Energie im Zwischenkreis ist die energetisch sinnvollste Lösung, jedoch ist die speicherbare Energiemenge in den Umrichtern begrenzt. Daher sollte während der Projektierung bereits eine Abschätzung der maximal überschüssigen Energiemenge durchgeführt werden, um eine geeignete Lösung zu finden. Im besten Fall sollte die Energie, die die Maschine durch das Abbremsen der Motoren selbst erzeugt, sich auch direkt und ohne Umwandlung wieder nutzen lassen, da jede Umwandlung (DC in AC oder AC in DC) ihren Wirkungsgrad hat. Die Nachfrage nach geeigneten Systemen zur Speicherung oder Rückspeisung ist derzeit steigend, die Maschinenbauer suchen nach neuen Möglichkeiten, ihre Maschinen gegenüber dem Wettbewerb abzusetzen. Der Anwender profitiert schlussendlich von dieser Entwicklung, da er in jedem Fall Kosten im Betrieb einspart, egal mit welchem neuen Energiemanagement seine Maschine ausgerüstet ist.
Steffen Kunkel, Bosch Rexroth: Moderne Antriebstechnik bietet im Umgang mit Bremsenergie Möglichkeiten zur aktiven Leistungs- und Energieflusssteuerung innerhalb einer Maschine. Die einfachste Form des Energiemanagements ist die Verschaltung mehrerer Antriebsachsen, bestehend aus Motor und Wechselrichter, an einem gemeinsamen Gleichspannungszwischenkreis. In Kombination mit einer intelligenten Maschinensteuerung erfolgt bei phasenverschobenem Betrieb ein Energieaustausch zwischen bremsenden und beschleunigenden Achsen. Damit wird die kinetische Energie effektiv, mit wenigen Wandlungs- und Leitungsverlusten, in der Maschine gehalten und der Leistungsbezug aus dem Energienetz reduziert. Sollte es aus Prozessgründen nicht möglich sein, die komplette kinetische Bremsenergie im Gleichspannungszwischenkreis zu halten, bietet sich der Einsatz von zusätzlichen Energiespeichern, etwa Kondensatoren, Batterien oder kinetischen Schwungspeichern am Gleichspannungszwischenkreis an. Zu den Vorteilen eines modernen Energiemanagements gehören die Spitzenlastreduzierung, Prozessstabilisierungund Verbesserung der Energieeffizienz.
Timo Geisler, KEB: In Zeiten gestiegener Energiepreise geht der Trend im Anlagen- und Maschinenbau hin zu einem immer effizienteren Einsatz der im System vorhandenen Energie. DC-gekoppelte Antriebssysteme ermöglichen durch aufeinander abgestimmte Lastzyklen die aktive Nutzung der prozessbedingten generatorischen Energie, welche z.B. bei Verzögerungsvorgängen anfällt. Da diese in konventionellen AC-Antriebssystemen über Widerstände in Wärme umgesetzt wird, lässt sich so der Wirkungsgrad der Anlage verbessern. Zusätzlich reduziert sich sowohl die mittlere als auch die Spitzenleistung der Anlage, sodass – je nach Anwendung – der gesamte Netzanschluss bestehend aus Leitungen, Sicherungseinrichtungen und Schützen kleiner dimensionierbar ist. DC-Verbundsysteme bieten also Potenziale im Hinblick auf Energie- und Ressourceneffizienz.
Martin Ehlich, Lenze: Die Bremsenergie im Zwischenkreis zu nutzen, anstatt sie ins Netz zurückzuspeisen, ist eine sehr sinnvolle, positive Entwicklung. Elektrische Antriebe werden immer dynamischer und effizienter, was zu mehr generatorischer Energie führt. Das Verheizen dieser Bremsenergie in Lastwiderständen ist jedoch veraltete Technik. Mittlerweile gibt es serienmäßig verfügbare Komponenten, die diese Energie ins Drehstromnetz zurückspeisen oder – noch besser- im Gleichstromverbund nutzen. Anwender legen zunehmend Wert auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Sie profitieren von reduziertem Energieverbrauch, Platzersparnis, Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerung. Die Nachfrage nach dieser Funktion ist hoch, da sie eine elegante Lösung zur Weiterverwendung überschüssiger Energie in der Antriebstopologie darstellt – lokal und autark. Vorteile im Detail: Durch die Nutzung der Bremsenergie im Zwischenkreis wird der Gesamtenergieverbrauch deutlich gesenkt. Der Wegfall von Bremswiderständen und deren Ansteuerelektronik reduziert den Platzbedarf in den Schaltschränken. Die Kosten für Bremswiderstände und deren Ansteuerelektronik entfallen. Zudem wird der Aufwand zur Abführung der Verlustwärme minimiert. Die lokale und autarke Nutzung der überschüssigen Energie in der jeweiligen Antriebstopologie erhöht die Gesamteffizienz des Systems.
Fabian Hofmann, Michael Koch: Wir favorisieren bei kurzen Bremszyklen im Sekundenbereich die netzunabhängige Zwischenspeicherung der rekuperierten Energie, um sie dann bei Bedarf wieder umgehend dem Antriebssystem zur Verfügung zu stellen. Diese Lösung aus Elektronik und Elektrolytkondensator(en) wirkt für alle Beteiligten vorteilhaft: Die Bremsenergie bleibt bis auf geringe Verluste erhalten. Das Hauptziel der Energieeinsparung wird also auf recht einfache Weise erreicht. Durch die Elektronik wird der verfügbare Speicherplatz des Kondensators voll ausgenutzt, nicht nur ein kleiner Spannungshub wie bei einer passiven Erweiterung der Zwischenkreiskapazität. Auch die Antriebselektronik wird deutlich entlastet und verlängert ihre Lebensdauer gerade in Anwendungen mit sehr kurzen Bremszyklen, weil die Spannungshübe durch das aktive Energiemanagement stark beruhigt werden. Und im Gegensatz zur Rückspeisung, insbesondere wenn es viele kleinere, unabhängig rückspeisende Antriebe sind, bleibt bei der netzunabhängigen Zwischenspeicherung das Netz sauber und stabil, was positiven Einfluss auf andere Verbraucher hat.
Hans-Joachim Müller, SEW-Eurodrive: Schon mit unserem ersten Servoantriebssystem haben wir gemerkt, dass es Sinn macht, die einzelnen Achsmodule über einen Zwischenkreis zu verbinden, um Energie zwischen den Modulen auszutauschen und nicht in einem Bremswiederstand in Wärme umzuwandeln. Gerade bei mehreren Achsmodulen kommt der Einspareffekt allein schon dadurch, dass nur ein Einspeisegerät benötigt wird. Lässt sich generatorische Energie im Zwischenkreis speichern und wiederverwenden, wirkt sich das unmittelbar auf die laufenden Kosten aus. Es kann auch schon ausreichend sein, durch den Energiepuffer Leistungsspitzen zu reduzieren. Dadurch muss die Versorgung nicht für die maximale Leistungsspitze projektiert werden, sondern lässt sich insgesamt kleiner auslegen. Das kann zu erheblichen Einsparungen bei den Versorgungsleitungen führen, bis hin zum Netztrafo. Energiepuffer im Zwischenkreis können auch zur Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit beitragen: Sie gleichen Netzschwankungen aus oder ermöglichen das geführte Herunterfahren der Anlage bei Totalausfall der Netzversorgung.
Dr. Guido Stöppler, Siemens: Die Grundidee eines gemeinsamen Zwischenkreises eines Antriebsverband ist der zeitgleiche Energieausgleich zwischen den beschleunigenden und bremsenden Achsen. Diese Idee des gemeinsamen Zwischenkreises stößt jedoch an Grenzen, wenn die beschleunigenden und bremsenden Vorgänge nicht zeitgleich sind, oder wenn deren Energieinhalt der bremsenden und beschleunigenden Antriebe nicht zusammenpasst. Letzteres ist z.B. bei Werkzeugmaschinen oft der Fall. Die Vorschubantriebe sind meist nicht in der Lage, die komplette Energie eines Bremsvorgangs der Hauptspindel aufzunehmen. Kurzzeitig wird eine teilweise sehr hohe Leistung in das Netz zurückgespeist, was bei der Infrastruktur vor dem Antriebsverband berücksichtigt werden muss. Statt die Energie wieder in das Wechselstromnetz zurückzuspeisen, und damit Wandlungsverluste in Kauf zu nehmen, kann man in einem modularen System die Zwischenkreiskapazität erweitern, um mehr Energie speichern zu können. Neben der Effizienzsteigerung ergibt sich auch der Vorteil, dass die Energie verzögerungsfrei zur Verfügung steht. Damit sind hochdynamische Zyklen möglich. Darüber hinaus wird auch die vorgelagerte Netzinfrastruktur weniger belastet.
Welche technische Voraussetzungen müssen Anwender erfüllen, um eine Nutzung von Bremsenergie im Zwischenkreis sinnvoll abbilden zu können?
Claus-Bernd Thürauf, ABB: Bei unseren Multidrive Systemen ist der Zwischenkreis immer zur Nutzung der Bremsenergie verwendbar. Zur Rückspeisung ins Industrienetz ist eine rückspeisefähige Einspeiseeinheit wie IGBT- oder RRU-Einspeisung erforderlich. Die Balancierung im Zwischenkreis ist immer möglich, unabhängig von speziellen Einspeisesystemen. Allerdings muss der Eigenbedarf der restlichen Inverter größer sein als die Bremsenergie. Bei den zyklischen Anwendungen wird ein zusätzlicher DC/DC-Konverter an einen Batteriespeicher gekoppelt und von einem Batteriemanagementsystem koordiniert.
Andreas Golf, Beckhoff: Zunächst ist die Frage zu klären, wie hoch die zu erwartende Energie sein wird, die im Zwischenkreis gespeichert werden soll. Die nächste Frage gilt dann der Realisierung der Speicherart. Alle Umrichter mit DC-Zwischenkreis haben bereits einen (kleinen) Kondensator als Energiespeicher eingebaut. Er ist aus Kostengründen in den Standardgeräten in Größe und speicherbarer Energie limitiert. Ein DC-Verbund mit Energieaustausch zwischen den Umrichtern erhöht die speicherbare Energie. Sollte mehr Energie als in den vorhandenen Kondensatoren zu speichern sein, kann der Zwischenkreis durch Kondensatormodule erweitert werden. Der speicherbare Energieinhalt des Kondensatorspeichers erhöht sich dann linear mit der Kapazität. Sollte ein kinetischer Energiespeicher (Schwungradspeicher) eingesetzt werden, gibt es hier den besonderen Vorteil, dass die speicherbare Energie mit der Drehzahl quadratisch ansteigt. Für den Betrieb ist aber ein zusätzlicher Umrichter erforderlich. Daher lohnt er sich erst bei einer hohen Dauer-Bremsenergie. Zur Entscheidung über das eingesetzte Speichersystem, oder auch eine Rückspeisung ist die Berechnung der anfallenden Bremsenergie zwingend notwendig, damit ist auch direkt ein monetärer Vergleich aufstellbar. Alle Speicherlösungen haben gemeinsam, dass sie auch bei einem Netzausfall funktionieren und meistens genügend Energie liefern, um die Maschine in einen sicheren Zustand bringen zu können.
Steffen Kunkel, Bosch Rexroth: Anwender müssen zuerst den Prozess verstehen und wissen, wie sich die Leistungs- und Energieflüsse innerhalb der Maschine, und heruntergebrochen auf alle Einzelachsen, darstellen. Eine der Voraussetzungen für die Nutzung von Bremsenergie im Zwischenkreis, als einfachste Form des Energiemanagements, ist der Zusammenschluss aller Antriebsachsen an einem gemeinsamen Zwischenkreis mit zentralem Netzversorger. Erste nennenswerte Effekte können dabei mit einem phasenverschobenen Betrieb der Achsen zueinander erzielt werden. Für die aktive Steuerung der Leistungs- und Energieflüsse sind Energiespeicher im Zwischenkreis notwendig. Hierfür können die obligatorischen Zwischenkreiskapazitäten der Antriebe, eine Skalierung mit zusätzlichen Energiespeichersystemen sowie die zur Ansteuerung notwendigen Softwarefunktionen genutzt werden.
Timo Geisler, KEB: Als Faustregel gilt: Überall dort, wo bisher Energie in Wärme umgesetzt werden muss, lohnt sich ein DC-Verbund besonders. Signifikante Vorteile lassen sich in Anlagen erzielen, in denen mehrere Achsen parallel arbeiten und der Prozess zyklische Verzögerungsvorgänge erfordert. Aber auch in Anwendungen ohne große generatorische Energien kann der DC-Verbund den Aufbau vereinfachen und Raum im Schaltschrank einsparen.
Martin Ehlich, Lenze: Grundsätzlich kann die im Prozess anfallende Bremsenergie jeder Maschine oder Anlage sinnvoll im Zwischenkreis genutzt werden. Allerdings sind dafür einige technische Voraussetzungen zu erfüllen. Zunächst müssen die Maschinen mit Antriebsreglern ausgestattet sein, die über einen DC-Anschluss verfügen. Er ermöglicht entweder die direkte Versorgung aus einem lokalen DC-Verbundnetz oder der Zwischenkreisanschluss wird zur Kopplung mehrerer AC-versorgter Geräte zum Energieaustausch genutzt. Ein sorgfältiger Engineering-Prozess ist ebenfalls erforderlich, um die Querschnitte und die DC-Absicherungen korrekt zu dimensionieren. Zudem dürfen Anwender nur DC-Elemente einsetzen, die den gesetzlichen und physikalischen Anforderungen entsprechen. So ist sichergestellt, dass die Systeme sicher und effizient arbeiten, die anfallende Bremsenergie effektiv genutzt und die Energieeffizienz der Maschinen und Anlagen gesteigert werden.
Fabian Hofmann, Michael Koch: Um dies fachgerecht umzusetzen, muss man die Energieflüsse kennen, also welche Leistungen wie lange – damit also welche Energiemengen – und wie häufig – also die Zykluszeit – in welche Richtung fließen. Auf dieser Grundlage kann man ein aktives Energiemanagementsystem auslegen. Soll dieses dann problemlos funktionieren, muss es einen direkten Zugang zum Gleichstromzwischenkreis der Antriebselektronik oder zu dem Gleichstromnetz geben. Letzteres wäre z.B. auch schon ein Zwischenkreisverbund. Dieser problemlose Zugang ist der übliche Fall. Dann heißt es, unser zuvor applikationsgerecht dimensioniertes aktives Energiemanagementsystem an Plus und Minus des Zwischenkreises anschließen und schon funktioniert es ohne weiteres Zutun. Sollte dies etwa im einfachsten Fall durch nicht vorhandene Anschlüsse oder etwas komplexer durch vorhandene Induktivitäten im Zwischenkreis nicht möglich sein, werden wir gemeinsam mit dem Kunden eine individuelle Lösung finden.
Hans-Joachim Müller, SEW-Eurodrive: Zunächst sollte die Applikation hinsichtlich ihrer Eignung genau geprüft werden. Bei bestehenden Anlagen kann man die fließenden Ströme messen und dadurch eine relativ konkrete Aussage treffen. Bei Anlagen ‚auf dem grünen Feld‘ sind die Applikationsart und die Auslegung des Antriebsstrangs Indizien, ob ein System mit Zwischenkreisverbindung sinnvoll ist. Anschließend kann eine Simulation der Energieflüsse genauere Erkenntnisse bringen. Hiermit lässt sich ein Bericht generieren, der die technische und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit unter bestimmten Randbedingungen und bei verschiedenen Gerätekonstellationen darstellt. Daraus lässt sich dann eine Empfehlung ableiten.
Dr. Guido Stöppler, Siemens: Der gewählte Speicher muss zur Anwendung passen. Die Energie des Rückspeisevorgangs muss vom Speicher aufnehmbar sein. Dabei sind auch hybride Lösungen möglich, bei denen z.B. ein Teil der Energie gespeichert wird, ein anderer Teil in das Wechselstromnetz zurückgespeist wird und ein dritter Teil gegebenenfalls über einen Brems-Chopper in Wärme umgewandelt wird. Auch die Zyklenfestigkeit des Speichers muss berücksichtigt werden. Handelt es sich etwa um eine Applikation mit sehr kurzen Zyklen im Sekundentakt, die dauerhaft durchlaufen werden, eignen sich Elektrolyt-Kondensatoren als Speicher. Der Nachteil ist deren geringe Kapazität. Benötigt man eine höhere Speicherkapazität, bieten sich Doppelschichtkondensatoren an. Die Zyklenfestigkeit ist da geringer, jedoch die Kapazität um ein Vielfaches höher. Für eine bessere Ausnutzung der Kapazität bietet sich eine Anbindung der Kondensatoren über einen DC/DC-Wandler an den Zwischenkreis an. Für sehr hohe Energiemengen bieten sich Batterien als Speicher an, die dann jedoch in der Spitzenleistung begrenzt sind.
Welche Art von Anwendungen eignen sich aus Ihrer Sicht dafür besonders?
Claus-Bernd Thürauf, ABB: Zum einen eignen sich zyklische Anwendungen wie Papiermaschinen, Bandanlagen, Tagebaugeräte, Transportanwendungen, Krane, Winden, Zentrifugen, Dekanter oder Pressen in Kombination mit Batteriespeichern. Zum anderen stark generatorische Anwendungen wie Prüfstände, aber auch Systeme die gleichzeitig auf- und abwickeln in Kombination mit Energiebalancierung.
Andreas Golf, Beckhoff: Besonders geeignete Anwendungen für die Speicherung sind kurze Bewegungen, mit ständigem Beschleunigen und Abbremsen. Ähnlich ist das bei einem Elektro-PKW, hier kann die Rekuperationsenergie in den Akku zurückgespeist werden. Die Beschleunigung eines Motors zieht die Energie wieder aus dem Zwischenkreis heraus. Das sind dann typischerweise Pick-and-Place-Anwendungen oder schnell taktende Verpackungsmaschinen, die mit eher kleineren, aber dafür vielen Motoren ausgerüstet sind. Auch Regalbediengeräte mit kleinen bis mittleren Lasten lassen sich sehr gut mit einer Speicherung realisieren. Sollte es sich aber um höhere Lasten handeln oder z.B. ein Extruder mit hohen Trägheiten minutenlang abzubremsen sein, gerät eine kondensatorbasierte Speicherung an ihre Grenzen. Dafür könnte dann gegebenenfalls eine kinetische Speicherung eine gute Lösung sein.
Steffen Kunkel, Bosch Rexroth: Anwendungen mit hoher kinetischer Energie und schnellen Lastwechseln eignen sich besonders gut für modulare Antriebssysteme mit Energiemanagementfunktionen. Applikationen mit hoher kinetischer Energie und zyklischen Beschleunigungs- und Bremsphasen sind z.B. Handlingsysteme, Webmaschinen, Stanzen und Pressen. Ziel sollte es sein, die kinetische Energie im Zwischenkreis zu halten und lediglich den mittleren Leistungsbedarf der Anlage über das Versorgungsnetz zu decken.
Timo Geisler, KEB: Ein gutes Beispiel sind Hochregallager, bei denen die Bediengeräte häufig Paletten aus mehreren Metern Höhe abholen und dann absenken müssen. Wenn mehrere Gassen aus einem Hochregallager miteinander DC-gekoppelt und die Fahrprozesse aufeinander abgestimmt werden, kann die Verzögerungsenergie aus Gasse eins direkt zur Beschleunigung von Gasse zwei genutzt werden. Zyklische Verzögerungsvorgänge gibt es aber auch in vielen anderen Anwendungen, in denen unsere Kunden seit Jahren auf die DC-Kopplung setzen: Textilmaschinen, Kunststoffspritzgießmaschinen, Krananlagen, rotierende Werkzeugantriebe oder hochtourige Energiespeicher.
Martin Ehlich, Lenze: Besonders gut geeignet sind alle Anwendungen mit getakteten Prozessen, schnellen Bewegungen und Hubantrieben. Dazu gehören Verpackungsmaschinen, Handlings-Roboter, Werkzeugmaschinen und die gesamte Bandbreite der Intralogistik. Insbesondere beim Absenken von Lasten, z.B. in Hochregallagern, entsteht über längere Zeiträume ein großes Potenzial an nutzbarer Bremsenergie. Hebe- und Hoist-Anwendungen sind perfekt für eine DC-Zwischenkreis-Lösung, da sie häufig große Lasten bewegen und somit viel Bremsenergie erzeugen, die effizient nutzbar ist. Somit lassen sich erhebliche energetische Vorteile realisieren. Dies trägt nicht nur zur Nachhaltigkeit bei, sondern reduziert auch die Betriebskosten und erhöht die Gesamtleistung der Systeme.
Fabian Hofmann, Michael Koch: Macht der Anwender die Energieeinsparung zum Maß aller Dinge, rechnet also die Amortisation des aktiven Energiemanagementsystems nur auf der Basis der verkürzten Stromrechnung, dann kommen nur Anwendungen in Frage, die sehr kurze Zykluszeiten haben, sich die Bremsvorgänge also im Sekundenbereich wiederholen. Und das möglichst 24/7. Warum das so ist? Die Beziehung zwischen Leistung, Energie und Speicher ist eben da und sorgt dafür, dass größere Antriebe auch größere Speicher brauchen. Damit bleibt auch die Kostenrelation Systemkosten zu Kilojoule erhalten. Also ist nur der Zykluszeitfaktor für die Rechnung entscheidend. Anders sieht die Sache dann aus, wenn über die Rekuperation der Bremsenergie hinaus Funktionen gefordert und genutzt werden, etwa Lastspitzen gekappt werden sollen oder Netzschwankungen ausgeglichen oder Netzunterbrechungen überbrückt werden sollen.
Hans-Joachim Müller, SEW-Eurodrive: Applikationen, bei denen ein ausgeglichener Anteil generatorischer und motorischer Energie umgesetzt wird, eignen sich besonders für die Zwischenspeicherung. Allen voran sind das Hubanwendungen. Hier wird beim Hochfahren die elektrische Energie der Motoren in potenzielle Energie umgesetzt. Die Energie ‚pendelt‘ quasi. Somit lässt sich also ein großer Teil der Energie im System halten und es muss nur wenig aus dem Netz nachgeführt werden, um die Wirkungsgradeverluste auszugleichen. Bestenfalls eignen sich Applikationen mit vorhersagbaren Energieflüssen, so dass man den Zwischenkreis vorausschauend auf ein bestimmtes Spannungsniveau hinauf- oder herabsetzen kann. Bei einigen Anwendungen ist der Nutzen nicht gleich offensichtlich. So lassen sich auch bei Riesenrädern oder Verpackungsmaschinen durchaus Vorteile aus einem System mit Zwischenkreisverbund ziehen. Auch mobile Applikationen können profitieren.
Dr. Guido Stöppler, Siemens: Alle Maschinen mit mehreren Achsen und dynamischen Aussetzlastspielen profitieren von einem gemeinsamen Zwischenkreis. Darüber hinaus können nach Art der Anwendung weitere Vorteile erzielt werden. So istes z.B.bei Werkzeugmaschinen oftmals möglich, den Leistungsbedarf der Hauptspindel im Hochlauf zu reduzieren, und damit eine etwas höhere Hochlaufzeit in Kauf zu nehmen, um den Vorschubantrieben die maximale Leistung zur Verfügung zu stellen. Servopressen etwa haben sehr kurze Zyklen im Sekundentakt, die dauerhaft wiederholt werden. Zum einen wäre eine Rückspeisung in das Wechselstromnetz aus dynamischen Gesichtspunkten eine Herausforderung, zum anderen möchte man aus Effizienzgründen die Hubenergie aus einem Speicher beziehen statt aus dem Netz. Oftmals werden mechanische Schwungradspeicher an den Zwischenkreis angebunden, die eine enorme Energie aufnehmen können. Effizienter sind jedoch Elektrolytkondensatoren als Speicher. Und bei Hubwerken ist es aus Effizienzgründen sinnvoll, die Energie beim Senken zu speichern, und beim nächsten Hebevorgang wieder zu nutzen, anstatt diese aus dem Netz zu beziehen.