Herr Koch, Ihr Unternehmen ist gerade 20 Jahre alt geworden und präsentiert sich heute mit einem breiten Produktspektrum. Groß geworden sind Sie aber mit Bremswiderständen – also der pragmatischsten Lösung für anfallende Antriebsenergie. Wie hat das damals bei Ihnen angefangen?
Michael Koch: Gestartet ist die Michael Koch GmbH im September 1997 sozusagen mit drei Personen: meiner Frau, meiner damals frisch geborenen Tochter und mir. Erst im November kam eine echte Mitarbeiterin dazu, anfangs geringfügig beschäftigt und später in Vollzeit. Es war also nicht anders als bei vielen anderen Existenzgründern – auch wenn man heute wohl eher Start-up sagen würde.
Und wie kam es dazu, dass Sie sich auf Bremswiderstände spezialisiert haben?
Koch: Ich hatte damals einige Jahre als Unternehmensberater gearbeitet und war unter anderem in Kontakt zu David & Baader in Kandel, kurz DBK. Bei einem Firmenrundgang kam dann die Idee auf, PTC-Heizelemente – die bis dato vor allem für die Innenraumheizung von Autos und ähnliche Aufgaben verwendet wurden – als sichere und zukunftsfähige Bremswiderstände in der Industrie einzusetzen. Der damalige geschäftsführende Gesellschafter fand die Idee gut und bot sich als Produzent an – sofern ich Entwicklung und Vertrieb übernehmen würde. Im Anschluss an diese Initialzündung, etwa ab Mitte 1996, sind wir dann gleich in die konkrete Entwicklung gegangen.
Heraus gekommen sind Widerstände, wie sie Ihre Firma bis heute verkauft.
Koch: Genau, wir haben damals einen entsprechenden Kooperationsvertrag geschlossen: In Bezug auf die Produktion der Widerstandsmodule – egal ob PTC oder drahtbasiert – hat DBK die Hoheit, alles andere machen wir. Mittlerweile hat sich DBK zu einem 600-Mann-Unternehmen entwickelt und ist mit seiner Technik in vielen verschiedenen Branchen erfolgreich. Wir sind als Partner in der Sparte Industrial Heating angesiedelt.
Kommt denn bei den Bremswiderständen die gleiche Technik zum Einsatz wie bei der Kfz-Heizung?
Koch: Die technische Basis ist gleich, aber ein Bremswiderstand hat natürlich andere Anforderungen als ein klassisches Heizelement: Dauerhaft Wärme produzieren oder kurzfristig harte elektrische Impulse aufnehmen – das ist schon ein Unterschied. Aber DBK hat auch dafür eine hohe Produktionskompetenz aufgebaut. Nach wie vor sind beide Seiten mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden und sehen keinen Grund, das zu ändern.
Wie hat sich die Firma Michael Koch dann weiter entwickelt?
Koch: Vorerst ging es weiterhin nur um Bremswiderstände aller Art, vor allem um sichere Modelle. Dieses Angebot haben wir ständig ausgeweitet: Anfangs gab es nur Einzelmodule, später im Rahmen unseres Baukastensystems alle möglichen Kombinationen. Auch die Firmenstruktur hat sich peu a peu erweitert: Seit 2001 bilden wir aus, 2006 hatten wir bereits 17 Mitarbeiter und zum 10. Jubiläum mussten wir moderne Lagersysteme installieren, um weiterhin produzieren zu können. Drei Jahre später, 2010, haben wir dann die Fläche der Montagehalle verdoppelt und ein drittes Stockwerk auf unser Fabrikle gesetzt. Diese Gebäudeveränderung war das nach außen sichtbare Zeichen für die große Veränderung des Unternehmens, die intern vor allem durch das neue Portfolio geprägt war.
Damals haben Sie ein neuartiges Energiespeicherkonzept für Bremsenergie vorgestellt.
Koch: Richtig. Im Widerstandsgeschäft hatten wir eigentlich immer nur drei Fragen zu beantworten: Stückzahl? Verfügbarkeit? Preis? Mit Einführung des dynamischen Energiespeichers DES bekamen wir hingegen endlich die Gelegenheit, unsere Kompetenz für das Management von Antriebsenergie zu zeigen. Anfangs waren wir damit sehr stark, ja vielleicht zu stark, auf den Aspekt Kostensparen ausgerichtet. Mit der Zeit zeigte sich aber immer besser, wie positiv sich unsere Elektronik in der Anwendung auf den Zwischenkreis und dadurch auch auf das Gesamtsystem auswirkt. Der DES stellt für Frequenzumrichter eine große Hilfe dar und bietet letztendlich ein ganzes Bündel an Vorteilen: angefangen beim reduzierten Energieverbrauch über kürzere Anlaufkurven und Zykluszeiten bis hin zur Verlängerung der Umrichterlebensdauer. Weil unser technologisches Konzept aber komplett neu war, haben wir diese Möglichkeiten auch erst nach und nach entdeckt und abgearbeitet.
Rund um den ursprünglich vorgestellten dynamischen Energiespeicher ist über die Zeit eine ganze Produktfamilie entstanden. Wie geht es hier weiter?
Koch: Unser Elektronikangebot war am Anfang ja durchaus exotisch – für uns genauso wie für den Markt. Das hat sich aber in den vergangenen sieben Jahren doch deutlich geändert. Zum einen hat der Markt verstanden, welche Vorteile das moderne Management von Antriebsenergie bringen kann. Zum anderen bieten wir heute nicht mehr nur einzelne Speichermodule an, sondern konfektionieren auf Wunsch komplette Schaltschränke. Das funktioniert sehr gut, weil der DES und seine Geschwister von Beginn an auf Plug&Play ausgelegt waren. Die Inbetriebnahme der Geräte erfolgt letztendlich genauso einfach wie die eines Bremswiderstands. Diesen Anspruch der Einfachheit hatten wir schon bei PTC-basierten Widerständen und wir werden ihm auch weiterhin folgen. Der Kunde muss den Übergang vom passiven Bremswiderstand zu unserer aktiven Elektronik und dem Management von Antriebsenergie ohne großen Aufwand und spezielles Engineering vollziehen können.
Findet dieses Versprechen bei den Kunden Gehör?
Koch: Bei neuen Ansätzen ist immer erst einmal Überzeugungsarbeit nötig. Das war bei unseren PTC-Widerständen so und so ist es auch bei den dynamischen Speicherprodukten. Schließlich animieren wir den Anwender dazu, komplett neue Wege zu gehen. Um erfolgreich zu sein, müssen wir dabei belegen, dass wir wirklich wissen, über was wir reden, und dass unsere Produkte kein Versuchsballon, sondern getestete, bereits vielfach eingesetzte sowie langfristig verfügbare Lösungen sind. Das schaffen wir bei mehr und mehr Kunden und deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass wir mit unseren Speicherlösungen zeitversetzt eine ähnliche Erfolgskurve hinbekommen, wie bei den Bremswiderständen. Das zeichnet sich in den Zahlen auch heute bereits ab und folglich sind wir auf wachsende Stückzahlen vorbereitet. Sollte die Nachfrage aufgrund steigender Energiepreise oder eines Bewusstseinswandels hin zu modernen dynamischen Lösungen plötzlich sprunghaft ansteigen, hätten wir aber natürlich auch kein Problem damit. Denn aktuell sind wir es gewohnt, bestellte Produkte noch am gleichen Tag auszuliefern – wenn es dann zu Lieferzeiten von zwei bis drei Wochen käme, wäre das für den Kunden in der Regel auch kein Beinbruch.
Welches Resümee können Sie für Ihre Firma nach 20 erfolgreichen Jahren ziehen?
Koch: Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille: Als heutiges Start-up geht man typischerweise zur Bank oder sucht sich einen Investor und zieht das neue Geschäft mit einem Startkapital von zig Millionen Euro auf. Dann hätte man – sofern man am Markt überlebt – nach 20 Jahren wohl einige Tausend Mitarbeiter. Das Team der Michael Koch GmbH zählt nach 20 Jahren erst 43 Mitarbeiter – wir haben aber auch von Beginn an einen anderen Ansatz verfolgt. Unser Weg war stets von dem Wunsch nach möglichst viel Selbstständigkeit geprägt und davon, nicht in Abhängigkeit von Banken agieren zu müssen. Es ist meines Erachtens eine Stärke des klassischen deutschen Mittelstands, Wachstum möglichst aus dem eigenen Geschäft zu finanzieren. Und das ist uns bisher gut gelungen.
Ist aus dieser Perspektive ein Ende Ihrer Reise in Sicht?
Koch: Nein, die Reise geht weiter. Wie gesagt, werden wir zwar sicher nicht so schnell zum Großkonzern, aber ich bin überzeugt, dass wir auch als Familienunternehmen zukünftig wachsen und unseren Kunden weitere Vorteile bieten können. Dabei bleiben wir sicherlich dem Maschinenbau und der Antriebstechnik in unserer Welt von Gleichstromkreisen und Zwischenkreisen treu. Denn in diesem Umfeld, in dem wir jetzt 20 Jahre Know-how und Kompetenz aufgebaut haben, gibt es noch eine ganze Menge zu tun.