Per dezentralem Ansatz zu komplexen Steuerungskonzepten

Synchronisieren ohne Master

Zahlreiche Anwendungen benötigen kompakte Servoregler, um präzise definierte Achsbewegungen in Reihe oder parallel durchzuführen. In der Regel wird dieses Zusammenspiel über eine Master-Einheit koordiniert, die den einzelnen Slave-Achsen entsprechende Befehle gibt. Die Firma Technosoft bietet hingegen intelligente Antriebsregler, die Bewegungen ganz ohne Master ausführen können. Möglich wird das durch eine spezielle Programmiersprache.
Bild: Technosoft SA

In vielen industriellen Anwendungen sorgen kleine, verborgene Motoren für die präzise Bewegungsumsetzung der verschiedenen Komponenten wie Linear- oder Rotationsachsen. Dabei wird die Steuerung der einzelnen Motoren in der Regel über eine Master/Slave-Architektur realisiert, bei der der Master mit den entsprechenden Befehlen und Bewegungsprofilen programmiert sein muss. Er muss den Zeitpunkt und die Durchführung jeder Bewegung kontrollieren. „Allerdings sind dabei alle Antriebe von dieser zentralen Intelligenz abhängig und können nicht selbstständig untereinander kommunizieren oder sich synchronisieren, um z.B. gleichzeitig Bewegungsabläufe auf allen Achsen zu starten“, erklärt Dr. Radu Giuclea, Manager Sales & Engineering bei Technosoft. „Das führt unweigerlich zu hohem Programmieraufwand, da die gesamte Anwendungsarchitektur auf die Master-Steuerung und deren Kommunikationsumgebung hin geplant und konfiguriert werden muss.“ Insbesondere bei Mehrachsanwendungen könne dies zu einer Herausforderung werden. Zudem müsse für die geeignete Lösung der Motorentyp und das Kommunikationsprotokoll identifiziert und berücksichtigt werden. Daher hat sich Technosoft auf intelligente Antriebsregler spezialisiert, die bereits einen leistungsstarken Motor und Motion Controller in einer kompakten Einheit vereinen, sodass sie auch ohne externe Master-Einheit komplexe Bewegungen umsetzen können. Dazu nutzt das Unternehmen die selbst entwickelte Programmiersprache Technosoft Motion Language (TML), mit der sich komplexe Befehle vereinfacht auf den Speicher der einzelnen Regler programmieren lassen. Da kein datenintensiver Austausch zwischen ihnen notwendig ist, können sie ohne Master-Befehle und unabhängig voneinander Bewegungsprofile ausführen, aber sich auch untereinander synchronisieren. Mit dieser Flexibilität lässt sich sogar eine laufende Bewegung anpassen. Beispielsweise kann über ein HMI das Bewegungsprofil geändert und eine Zwischenposition gesetzt werden.

 Technosoft hat sich auf intelligente Servoregler spezialisiert, die Motor und Motion Controller vereinen, sodass sie auch ohne externe Master-Einheit komplexe Bewegungen umsetzen können.
Technosoft hat sich auf intelligente Servoregler spezialisiert, die Motor und Motion Controller vereinen, sodass sie auch ohne externe Master-Einheit komplexe Bewegungen umsetzen können.Bild: Technosoft SA

Hohe Programmierflexibilität auf Antriebsebene

Die Antriebsregler besitzen bereits alle erforderlichen Funktionen in einer platzsparenden Einheit – hauptsächlich Motion Controller, Leistungselektronik, I/Os und RS232 sowie CAN/CANopen- oder Ethercat-Schnittstelle. Dadurch wird hohe Programmierflexibilität auf Antriebsebene bereitgestellt, die sich mithilfe von TML umsetzen lässt. Dabei haben die Entwickler darauf Wert gelegt, dass die Programmierung einfach und intuitiv erfolgen kann: Im ersten Schritt werden den TML-Registern bzw. Funktionen und Parametern die richtigen Werte zugewiesen. Sie repräsentieren wiederum einzelne Anwendungsparameter. So kann das Profil der jeweiligen Anwendung beschrieben, die Art des Motors bestimmt, Betriebseinstellungen wie Abtastraten oder Kommutierungsmodus gewählt und Regelungsparameter wie Beschleunigung, Drehzahl oder Position eingestellt werden. Dieses Funktionspaket bzw. Programm wird dann den einzelnen Servoreglern zugeordnet und auf deren nichtflüchtigen Speichern hinterlegt. „Dabei wird auch der Zeitpunkt, zu dem die Bewegung beginnen soll, festgelegt.“, schildert Giuclea das Grundprinzip. „Der Servoregler wird so zu seinem eigenen Master.“

Antriebe werden selbstständig aktiv

Anstatt darauf zu warten, dass eine zentrale Master-Steuerung Befehle erteilt, kann nun jeder Antrieb selbstständig aktiv werden. So lassen sich auch mehrere Achsen gleichzeitig bewegen (multicast), ohne einen großen Datenfluss über die übergeordnete Steuerung zu generieren. Dabei kann ein einzelner Antriebsregler auch selbst als Master oder Kommunikationszentrale definiert werden, um z.B. alle Achsen in einem Netzwerk zu synchronisieren. Gleichzeitig behält der Anwender über die PC-Software oder ein HMI Zugriff und kann bei Bedarf unmittelbar das Bewegungsprofil ändern – etwa eine Zwischenposition setzen oder die Geschwindigkeit anpassen. Mit den TML-Funktionen lässt sich auch das gesamte Homing programmieren und der Antrieb so einstellen, dass er selbstständig wieder auf eine Startposition geht, sobald dies erforderlich ist. „TML ermöglicht zudem, komplette Bibliotheken für verschiedene Master-Umgebungen oder bestimmte SPS-Typen zu schreiben, sodass die Motoren und deren Kommunikation ohne großen Aufwand untereinander optimal auf die entsprechende Anwendungs- und Hardwareumgebung hin angepasst sind“, so Giuclea.

Binäre Kodierung ersetzt Datentransfer

TML fungiert in Bezug auf die Kommunikation zwischen den Servoreglern außerdem als Übersetzer: Anstatt große Datenmengen zwischen dem Master/Host und den Reglern senden zu müssen, erfolgt der Befehlsaustausch über binäre Sequenzen, die repräsentativ für die TML-Kodierung der jeweiligen Funktion stehen. „Da sich die Programmierung bereits auf dem Speicher des Antriebsreglers befindet, benötigen sie lediglich einen Befehl, welche Funktion bzw. welcher Programmablauf abgerufen werden soll“, führt der Manager weiter aus. „Es muss also nicht der gesamte Bewegungsablauf inklusive Parameter über den Master gesendet werden.“ Durch die vereinfachte Kommunikation untereinander lassen sich auch viele Anwendungen unterstützen, die sonst eine schnelle oder kostenintensive Feldbusschnittstelle oder zentrale Steuerung benötigen. „Der Programmierung sind keine Grenzen gesetzt, weshalb auch die Kompatibilität mit vielen Antriebstypen wie bürstenlosen EC-Motoren, bürstenbehafteten DC-Motoren, Linearmotoren, Voice Coils und Schrittmotoren gegeben ist“, resümiert Dr. Giuclea. „Anwendern, die bisher verschiedene Servoregler verwendet haben, um verschiedene Motortechnologien anzusteuern, bieten wir eine attraktive Alternative. Dadurch ergeben sich hohe Flexibilität und neue Optionen, um die Steuerungsarchitektur zu gestalten, bei gleichzeitig geringeren Gesamtsystemkosten.“

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