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Expertenrunde: Drehgeber für Synchronmotoren - Teil 1/2

Servos & Geber

Drehgeber verbessern die Effizienz und Genauigkeit von Synchronmotoren. Doch welche Schnittstellen und Geber kommen aktuell bzw. zukünftig dort zum Einsatz? Wie viel Safety muss in einem Drehgeber für Synchronmotoren drin sein und was ist die ideale Baugröße? Um dies zu klären fand auf dem VDMA/ZVEI-Vortragsforum der SPS 2024 die Drehgeberrunde des SPS-MAGAZINs statt. Unter der Leitung von Dr. Johann Pohany haben dort Experten von Fraba, Kübler, Sick sowie der ehemaliger Technikvorstand von Lenze über Anforderungen und Möglichkeiten diskutiert.
 Die Teilnehmer der SPS-Drehgeberrunde 2024 (v.l.n.r.): Dr. Johann Pohany (JP Consulting), 
Frank Maier (ehem. Lenze), Jörg Paulus (Fraba), Stefan Schubert (Kübler) und Michael Pfister (Sick).
Die Teilnehmer der SPS-Drehgeberrunde 2024 (v.l.n.r.): Dr. Johann Pohany (JP Consulting), Frank Maier (ehem. Lenze), Jörg Paulus (Fraba), Stefan Schubert (Kübler) und Michael Pfister (Sick).Bild: TeDo Verlag GmbH

Wie sieht aktuell die Situation bei digitalen Schnittstellen zu Drehgebern für Synchronmotoren aus?

Frank Maier (Senior Advisor & ehemaliger Technikvorstand bei Lenze): Der Markt reagiert auf technologische Veränderungen tendenziell langsam. Dennoch hat sich die Einkabeltechnik durchgesetzt, weil sie schlussendlich durch die Einfachheit der Installation gewichtige Vorteile bietet. Digitale Schnittstellen sind dagegen überall dort, wo man sich Elektronik leisten kann. Zudem sind sie störsicherer als eine analoge Schnittstelle. Die Frage ob Biss, Hiperface DSL oder etwas anderes ist fast sekundär, da man heute mit FPGAs flexibel Schnittstellen implementieren kann.

Jörg Paulus (Fraba): Sicherlich war die Einkabeltechnologie Hiperface DSL von Sick vor vielen Jahren ein Renner und wurde gut im Markt angenommen. Auch andere Anbieter haben nachgezogen, z.B. mit Biss. Was wir aber sehen ist, dass der Weg vom Motor zum Schaltschrank gar nicht mehr so oft gebraucht wird. Viele Motoren sind mittlerweile intelligent und dann ist es egal, ob ich eine Einkabeltechnologie habe, oder nicht.

Stefan Schubert (Kübler): Wir beobachten auch, dass die Sensorik in den Motor integriert wird, und dann die Kommunikationsschnittstelle zum Drive keine Rolle mehr spielt, weil sie nicht im Gerät ist. Zudem haben wir die Möglichkeit, dass sich ein Mikrocontroller mit einem anderen über SPI unterhalten kann. Wenn wir das integrieren, gibt es neue Lösungen, bei denen wir die Auflösung für wechselnde Anwendungen on-the-fly ändern können. Allerdings sind Schnittstellen wie z.B. SSI nicht tot zu bekommen. Diese ist immer noch im Einsatz und hält sich genauso wie Einkabellösungen.

Michael Pfister (Sick): Tendenziell beobachten wir zwei Trends: Der eine ist Safety und der andere Condition Monitoring, also die Information direkt aus dem Motor. Das ist ein Wachstumstreiber, weshalb wir den Schub in Richtung voll digitale Schnittstellen sehen.

Der klassische Einbau-Drehgeber für Synchronmotoren ist der optische 36mm Geber. Wenn ich aber Synchronmotoren nehme, ist das mehr als nur der Servo. Neben magnetisch, optischen, inkremental oder Multiturn-Lösungen kommen immer mehr Kit-Einbaulösungen in den Motor. Wie sehen Sie das?

Pfister: Also eine Kit-Lösung verspricht eine hohe Integration zusammen mit dem Motorhersteller. Wir verfolgen das und machen auch customized Ansätze. Allerdings haben wir nach wie vor optische Technologie, besonders in Richtung hohe Genauigkeiten. Dort kommen sie nicht an der Optik vorbei. Wenn es ein Stück weniger Genauigkeit sein darf, sehen wir auch magnetische Encoder.

Maier: Wer sagt, dass ein 36mm-Geber überhaupt noch Außenkonturen haben muss: Kann es nicht auch eine Handvoll Bauteile und eine Software sein? Wenn ich den Geber komplett in die Motorelektronik oder den Servoregler integriere, dann hat er keine eigenen Dimensionen mehr, sondern ist Teil der gesamten Elektronik. Das muss nicht optisch oder magnetisch sein, es gibt auch noch andere Lösungen, z.B. induktiv oder kapazitiv.

Die Auflösung der Dimension durch Integration in den Antrieb, das heißt ich liefere keinen Drehgeber mehr, sondern Komponenten für eine Gesamtlösung?

Paulus: Immer mehr Motorhersteller wollen den Drehgeber integrieren. Wir haben inzwischen mit Ubito eine eigene Geschäftseinheit, bei der wir Multiturn-Technologie, Wiegand Sensorik und Wiegand Chips direkt als Komponenten verkaufen, damit die Motorenhersteller ihren Drehgeber selber herstellen können. Wenn ich nach Asien schaue, machen dies dort bereits sehr viele Hersteller. Aber es gibt auch die Variante, dass jemand nur eine Platine will, auf der alle Drehgeberfunktionen enthalten sind. Das integrieren wir dann bis zu gehousten Drehgebern. Von der Größe ist es nicht nur 36mm, wir sind inzwischen auch runter bis zu 20mm Multiturn mit einem Wiegand System.

Wie spezifiziere ich von der Antriebsseite überhaupt, was ich genau haben will und an welcher Stelle?

Maier: Beide Aspekte sind wichtig. Tatsache ist, dass der Synchronmotor inkl. Permanentmagnet in Anwendungen zu finden ist, die ganz woanders sind, als wir das von dieser Motorentechnik gewohnt sind, z.B. in IE5-Hocheffizienzmotoren und mehr. Damit sind wir aber in Anwendungen, die bisher dem Asynchronmotor vorbehalten waren, und dort kann ich mir keinen teuren Drehgeber leisten. Am Lenze-Stand sind Anwendungen mit einem Synchronmotor zu sehen, der die Asynchronmotoren-Klasse adressiert. Hierfür benötigen wir tatsächlich in einigen Jahren keine Geber mehr. Wenn wir über Multiturn, Highend, hochdynamische oder sichere Geber reden, glaube ich nicht an eine tiefe Integration. Das wird schwierig in diesem Zeitraum. Bis dahin wird der Weg tatsächlich nur über Integration gehen. Der Antriebstechniker wird dies aber nicht spezifizieren, da er nicht dazu in der Lage ist, alle Dinge zu definieren, die relevant sind. Das hat viel mehr mit Umgebungsbedingungen als mit Geberperformance zu tun. Das ist eine Entwicklung, die gemeinsam zwischen Motoren- und Geberherstellern erfolgen wird. Für europäische Hersteller, die sich stark gegen Low Cost Angebote aus Fernost durchsetzen müssen, führt an diesem Weg nichts vorbei.

Die meisten Drehgeberhersteller sind von der Größe kleiner als die Antriebshersteller. Gemeinsam entwickeln heißt dann, sie müssen dann die Prozesse in der Produktsicherheit, Entwicklung, Safety oder Fertigungslogistik vom Antriebshersteller mit übernehmen?

Schubert: Als Lieferant an Motorenhersteller, habe ich doch die gleiche Verpflichtung, egal ob ich einen Anbaugeber liefere oder eine Handvoll Bauteile bzw. eine Software. Dafür muss ich auch dieselbe Prozesssicherheit herstellen und die Lieferkette entsprechend absichern. Da spielt es keine Rolle, wie der Geber aussieht oder was ich liefere.

Haben Sie z.B. bei den Anforderungen an einen Einbaugeber auch Automotive Standards in der Produktion und Qualitätssicherung einzuhalten?

Pfister: Wir können das auch für den Automotive -Bereich anbieten. Je nach Level muss ich mehr oder weniger mit dem Kunden zusammen arbeiten. Das ist nicht unser Standard, aber auf Anfrage können wir es tun.

Paulus: Die Antriebsleute spezifizieren gar nicht alles genau, da sie sich in der Drehgeberwelt nicht so gut auskennen. Dadurch erleben wir oft eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

In Zukunft habe ich also nicht mehr eine Spezifikation, auf der steht, der Geber hat Safety Level Pld oder SIL 2 zu haben, sondern ich habe eine Transparenz, so dass ich meine Safety Berechnungen integrieren kann?

Maier: Es wird natürlich weiterhin für das Antriebspaket eine Spezifikation geben, also nicht SIL, sondern Performance Level d oder e. Mittelfristig wird sich aber das Geschäftsmodell auf beiden Seiten ändern. Am Ende vom Tag wird der Antriebshersteller ein Messsystem vom Geberhersteller kaufen, das idealerweise ohne eigenes Lager montiert wird und einen IP-Core, den ich in meiner Software integriere. Für die Sicherheitsbetrachtung des Systems müssen dann beide Seiten gemeinsam schauen, was die kritischen Komponenten sind. Das breite Geschäft wird es aber weiterhin geben, gerade für die kleineren Hersteller. Dagegen müssen wir für das Stückzahlgeschäft diesen neuen Weg gehen. Das Geschäftsmodell des Geberherstellers ist dann ein Messsystem und einen IP-Core zu verkaufen. Der Antriebstechnik-Hersteller wird dann aber auch lernen müssen, dass ein IP-Core tatsächlich Geld kostet.

Paulus: Wir haben Komponenten, wie z.B. unseren Chip und den Wiegand Sensor, die man anfassen kann. Dort sehen die Leute, für was man beim Kauf bezahlen muss. Bei der Software haben wir dagegen immer die Diskussion, dass der Anwender die Software selber machen könnte. Am Ende ist es als Anwender aber doch hilfreich, wenn man einen IP-Core nutzt und nicht alles neu erfinden muss.

Pfister: Beim Thema IP-Core tauchen die Schwierigkeiten nachher im Verständnis auf: Wie passen die beiden Puzzlestücke zusammen und wie gehen wir dann in eine gemeinsame Zertifizierung? Also wenn ich eine Hardware-Schnittstelle habe, ist es relativ einfach: Ich kann links und rechts messen und einer von beiden ist Schuld. Auf der Softwareseite ist es nicht ganz so trivial. Daher brauchen wir neue Schnittstellenmodelle, bei denen ich einen IP-Core mit andocken kann.

Maier: Als Antriebstechniksteller müssen wir den Weg gehen, über Integration Kosten zu reduzieren, indem wir Schnittstellen eliminieren. Ich brauche keinen Chip vom Geber, da ich die Elektronik des Antriebs mittelfristig integrieren werde. Dort habe ich sowieso einen Chip, der viel leistungsfähiger ist, da dieser im Servo die Motion rechnen muss. Wir werden andere Methoden finden müssen, wie wir programmieren. Auf der Steuerungsseite ist es besonders kritisch, die SPS ist softwaretechnisch Steinzeit. Der IP-Core muss einfach konfigurierbar und in eine Software integrierbar sein. Dann muss er als Funktionalität gekapselt in einer standardisierten Shell zur Verfügung stehen. Der Softwareaufwand der Integration muss dabei auf ein Minimum beschränkt sein. Ich will keinen Source Code, sondern alles kapseln und dann ein Docker-Modul liefern, dass in eine Infrastruktur eingebunden wird.

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