
Die grafische Industrie steht angesichts von Fachkräftemangel auf der einen und immer anspruchsvolleren Marktbedingungen auf der anderen Seite unter einem hohen Effizienzdruck. Eine Antwort darauf bieten moderne Automatisierungslösungen. Dennoch setzt sich diese bei vielen Arbeitsschritten nur zögerlich durch, gerade im Postprintprozess. Ein Grund dafür ist das Material Papier. Weil es z.B. auf hohe Luftfeuchtigkeit reagiert, bringt es besondere Herausforderungen mit sich. Dieser nimmt sich die Baumann Gruppe mit ihren Perfecta-Anlagen dennoch seit Jahren erfolgreich an: „Wir gehören zu den ersten Anbietern überhaupt, die Lösungen für die Automatisierung von Schneide- und Zuführprozessen in der Druckbranche entwickelt haben“, betont Geschäftsführer Markus Frick. Die Voraussetzung dafür bildet ein großes Knowhow: Ein Fünftel der Belegschaft kümmern sich um Forschung und Entwicklung. Die Fertigungstiefe der in Deutschland konstruierten und gebauten Anlagen beträgt rund 80 Prozent. Nicht zuletzt setzt Baumann seit acht Jahren auch Roboter ein, um sich einen Technologie-Vorsprung zu schaffen.
Schüttel- und Schneidesystem
Eine zentrale Säule des Portfolios ist das einzigartige vollautomatische Schüttel- und Schneidesystem für die Weiterverarbeitung in der Etikettenproduktion, im Verpackungsdruck oder auch im klassischen Akzidenzdruck. Das modular und skalierbar aufgebaute Anlagenkonzept kombiniert dabei einen modernen Schüttelautomat mit einem robotergestützten Schneidesystem. Somit ist über alle Arbeitsschritte hinweg eine sehr hohe Qualität des späteren Druckprodukts gewährleistet: von der Erstellung der Lagen über das Belüften und das kantengenaue Ausrichten der Druckbogen bis hin zum abschließenden präzisen und akkuraten Schneidvorgang.
Die robuste Grundkonstruktion der Schneidemaschine sorgt für einen ruhigen Lauf und präzise Schnittergebnisse. Das Herzstück bildet ein integrierter Roboter, der mit einem von Baumann speziell für die Papierverarbeitung entwickelten Greifersystem ausgestattet ist. Er übernimmt vor und nach dem eigentlichen Schneideprozess die Aufgaben des Bedieners. Das heißt im Einzelnen: das Greifen, Ausrichten, Drehen und Klopfen der Lage sowie die Weitergabe der geschnittenen Papierstapel an einen Zwischenpuffer oder Ablader. Diese Arbeitsschritte erfordern damit kein manuelles Eingreifen mehr und werden gleichzeitig hochpräzise ausgeführt. Auch ein Dreischichtbetrieb und damit die bestmögliche Auslastung der Anlage werden durch die Automatisierung möglich. Die verwendeten Bauteile und Komponenten sind für den Dauereinsatz ausgelegt, so dass die Schneidemaschinen rund um die Uhr eingesetzt werden können.
Interoperable Steuerungstechnik
Ein so komplexes, modular angelegtes Anlagendesign erfordert nicht zuletzt auch ein dementsprechend leistungsfähiges Steuerungskonzept. Und das bedeutete in diesem konkreten Fall eine herstellerunabhängige Gesamtlösung. Die neue Generation des robotergestützten Schneidesystems verlangte nach neuen Funktionen, etwa im Hinblick auf die Erfassung der Genauigkeit. Optional sollte das Schneidsystem zudem mit einer zusätzlichen Bedieneinheit ausgestattet werden können, um so jederzeit den schnellen Zugriff auf alle Parameterdaten zu ermöglichen. Zudem sollten die Steuerungen der Schneidemaschine und des Roboters auf eine möglichst einfache Bedienung über Touchscreen ausgelegt sein.
Das Steuerungs- und I/O-System Slio von Yaskawa erfüllte, neben der geforderten Genauigkeit, alle Anforderungen für die Schneideanlage. Mit der Kombination aus CPU und dazu passendem I/O-System sowie mit einem schnellen Rückwandbus (mit 48MBit/s) vereint es hohe Funktionalität und Leistung in kompakter und wartungsfreundlicher Bauform. Einzelkanaldiagnose-LEDs und stehende Verdrahtung erleichtern die Inbetriebnahme und sorgen für hohen Bedienkomfort. Ein Smart Panel aus dem Yaskawa-Portfolio sowie ein Fernwartungsmodul runden den Ausstattungsumfang ab.
Roboter mit Servofloat-Funktion
Der eingesetzte sechsachsige Motoman-Roboter GP50 mit 50kg Traglast positioniert den bis zu 15cm starken Papierstapel vor dem Schnitt und übernimmt nach dem Schnitt den Abtransport des Papiers aus der Maschine. Als Besonderheit verfügt der Roboter über eine so genannte Servofloat-Funktion. Die Steuerungssoftware ist damit in der Lage, einzelne Roboterachsen weich zu stellen. Auf diese Weise simuliert der Roboter quasi das Fingerspitzengefühl eines menschlichen Bedieners und kann auf sehr kleine Kraftveränderungen reagieren. Eine Achse des Roboters wird für die Anlage kraftlos geschaltet und schräg gestellt. Das Ergebnis ist ein akkurater, glatter Schnitt des Papierstapels in der Anlage. Die kompakt im Schaltschrank integrierte Motoman-Robotersteuerung YCR1000 ist in die übergeordnete Maschinensteuerung eingebunden. So lässt sich der Roboter im gängigen SPS-Umfeld der IEC61131 steuern. Durch die Integration in die SPS bleiben dabei alle genuinen Vorteile der Robotersteuerung erhalten.