Flexible Automatisierungstechnik für den Sondermaschinenbau

Maskenproduktion Made in Germany

Seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Bedarf an FFP2-Schutzmasken massiv angestiegen. Zunächst fehlten die Produktionskapazitäten, was sich im Laufe des Jahres 2020 schnell geändert hat. Auch der deutsche Maschinenbau hat rasch reagiert und konnte innerhalb kurzer Zeit Lösungen anbieten, etwa die Firma Unimatic. Der Sondermaschinenbauer setzt für sein leistungsstarkes Maschinenkonzept auf Antriebs- und Steuerungstechnik von Yaskawa.
 Montageanlage aus Deutschland für die vollautomatische Produktion von FFP2- bzw. KN95-Kopfbandmasken.
Montageanlage aus Deutschland für die vollautomatische Produktion von FFP2- bzw. KN95-Kopfbandmasken.Bild: Unimatic/Yaskawa

Als die Regierung im März 2020 feststellte, dass es einen Mangel an medizinischer Schutzausrüstung gibt, beauftragte sie deutsche Unternehmen, diese herzustellen. Allerdings hatten die meisten kein entsprechendes Equipment. So erreichte die Firma Unimatic Automationssysteme die Anfrage eines Kunden, ob es innerhalb kurzer Zeit möglich wäre, eine Produktionsanlage für FFP2-Atemschutzmasken zu konstruieren. Der Sondermaschinenbauer zögerte nicht lange und sagte zu. Er zog die Kollegen der Tochtergesellschaft aus China hinzu, die bereits Vorkenntnisse auf diesem Gebiet hatten. „Das Anlagenkonzept wurde von uns gemeinsam mit unserem chinesischen Joint Venture entwickelt und an die Standards des europäischen Marktes angepasst“, erklärt Dr. Robert Kahlau, Abteilungsleiter Robotics bei Unimatic. „Der Kunde hat dann zunächst vier Anlagen bestellt. Schlussendlich erhielten wir den Auftrag für insgesamt acht Produktionslinien.“

 Technischer Support durch Yaskawa: Unterstützung bei der 
Inbetriebnahme und Optimierung bis zur Serienreife.
Technischer Support durch Yaskawa: Unterstützung bei der Inbetriebnahme und Optimierung bis zur Serienreife. Bild: Unimatic/Yaskawa

Vollautomatische Montageanlage

Die Montageanlagen sind für die vollautomatische Produktion von FFP2- bzw. KN95-Masken mit Kopfbefestigungsbändern ausgelegt. Die Anlagen sind mit 10m Länge, 1,5m Breite und 2m Höhe sehr kompakt und können pro Minute 40 Masken fertigen. Der Maschinenausstoß der Masken ist mechanisch bedingt durch die langen Gummibänder limitiert. Das mehrlagige Material, aus dem die Masken gefertigt werden, ist zudem nicht einfach zu verarbeiten. Es wird deshalb mit gleichbleibender Geschwindigkeit durch die Anlage transportiert. Die Ultraschall-Schweißsysteme laufen parallel mit. Die speziellen Materialeigenschaften stellen besondere Anforderungen an diesen Herstellungsprozess, die unter anderem nur durch exakt synchronisierte Antriebstechnik erfüllt werden können.

Die Anlage innerhalb weniger Monate auf den Markt zu bringen war eine sportliche Leistung. Die Terminschiene war eng und der Maschinenhersteller musste den Auftrag zudem parallel zum Tagesgeschäft abwickeln. Auch Geschwindigkeit, Flexibilität und Programmierkapazitäten waren Herausforderungen. „Im Zusammenhang mit der Maskenproduktion mussten wir uns zudem mit drei technisch anspruchsvollen Funktionen auseinandersetzen: mit der Funktion fliegende Säge, der Ultraschallbearbeitung der Prägekontur und der Schneidtechnik“, erinnert sich Dr. Kahlau. „Um trotzdem zügig und sicher zu einer effizienten Lösung zu kommen, holten wir uns Partner mit dem entsprechenden Knowhow ins Boot.“

 Die verwendeten Sigma7-Servoantriebe bieten Eigenschaften wie schnelle Inbetriebnahme sowie hohe Produktionsleistung und Betriebssicherheit.
Die verwendeten Sigma7-Servoantriebe bieten Eigenschaften wie schnelle Inbetriebnahme sowie hohe Produktionsleistung und Betriebssicherheit.Bild: Yaskawa Europe GmbH

Fließender Produktionsprozess

Wie in den meisten ihrer Anlagen setzten die Konstrukteure von Unimatic in der Maskenproduktionsanlage als Maschinensteuerung eine SPS von Siemens ein. Bei der Suche nach der passenden Lösung für die fließende Maskenproduktion stießen die Techniker dann schnell auf Yaskawa, deren Maschinensteuerung MP3300iec und Sigma-7-Servoantriebe bereits in ähnlichen Anwendungen eingesetzt wurden. Die Maschinensteuerung hat Funktionsbibliotheken zur Kurvenscheibensteuerung bereits integriert, womit u. a. die fliegende Säge komfortabel umgesetzt werden kann. Die Servoserie bietet Eigenschaften wie schnelle Inbetriebnahme, hohe Produktionsleistung und Betriebssicherheit. Hinzu kam die große Auswahl. Zur Serie gehören schmale Einzel- und Doppelachs-Verstärkermodule für 200 oder 400V. Die reaktionsschnellen AC-Servomotoren decken bei Versorgungsspannungen von 200 bzw. 400V Leistungen von 50W bis 15kW ab. Weitere Eigenschaften sind kompakte Abmessungen, ein sehr ruhiger Lauf, eine hohe Auflösung (integrierter 24Bit-Absolut-Encoder) und hohe Dynamik. Das Funktionsspektrum reicht hin bis zu Vibrationsunterdrückung, Ausblendung von Maschinen-Resonanzfrequenzen und Inbetriebnahme-Unterstützung. Durch die Integration dieser Funktionen in den Servoverstärkern wird deren Leistungsfähigkeit nicht durch übergeordnete Steuerungen oder Buszykluszeiten limitiert.

„Die Lösung hat uns technisch überzeugt“, ergänzt Kahlau. „Auch die Zusammenarbeit mit Yaskawa verlief reibungslos. Die Unterstützung bei der Antriebsauslegung, dem Steuerungskonzept und der Anbindung an die SPS hat unser Projekt deutlich beschleunigt.“

Ausgezeichnete Synchronisierung

Insgesamt sind in jeder Maskenproduktionsanlage sechs Sigma-7-Servoachsen im Einsatz. Die Motorleistungen liegen zwischen 200W und 1,5kW. Der größte ist der Hauptantrieb, der die Walzen für den Materialtransport treibt. Zwei Motoren sorgen für die dynamische Bewegung der fliegenden Sägen, in diesem Fall also der Ultraschallwerkzeuge, die die Masken schweißen und prägen. Zwei weitere Servoachsen arbeiten in der Materialbereitstellung des Drahtbügels für den Nasenclip. Dort, wo die Kopfbänder und Nasenclips zugeführt werden, kommt es besonders auf hohe Positioniergenauigkeit und äußerst präzisen Gleichlauf mit dem Vlies an.

Die Synchronisierung der Servoachsen in der Maskenproduktionsanlage ließ sich mit der Maschinensteuerung MP3300iec unkompliziert realisieren. Sie kommuniziert über den Echtzeit-Ethernet-Bus Mechatrolink-III mit den Servoachsen, der insbesondere für Motion Anwendungen konzipiert ist. Dabei sind Baudraten bis zu 100Mbps und Zykluszeiten bis zu 125µs möglich, so dass sich auch deutlich komplexere Synchronisierungsaufgaben als bei der Maskenproduktionsanlage lösen lassen. Die Programmierung erleichtert das Software Tool MotionWorks IEC mit Standard-PLCopen- und Yaskawa-spezifischen Funktionsblöcken (z. B. Kurvenscheiben oder elektronische Getriebe), die kostenlos verfügbar sind und die Anlagenprogrammierung vereinfachen. Zum Funktionsumfang der Software gehören neben PLCopen-Funktionsblöcken auch die Integration der Visualisierung, die Einbindung von Kamerasystemen, das Conveyor-Tracking und eine Group Toolbox zur Unterstützung von G-Code. Die Funktionsböcke erlauben in Verbindung mit der Maschinensteuerung auch die Ansteuerung von Delta-Kinematiken und Mehrachsrobotern.

Mit der SPS der Maskenproduktionsanlage ist die Yaskawa-Maschinensteuerung über Profinet verbunden. Die übergeordnete SPS hat jedoch nichts mit der Synchronisierung zu tun und wird dadurch entlastet. Die Maschinensteuerung, die auch die Pneumatik und Safety steuert, fungiert dabei als Master und gibt den Ablauf und den Takt der einzelnene Antriebe vor. Während die Produktion läuft, setzt sie die Trigger-Punkte. Kommt es etwa an einer Stelle zu einer Verzögerung, passt sich die Synchronisierung daran an und es gibt keine Unterbrechung. Im praktischen Einsatz hat sich diese Lösung bewährt. Mittlerweile wurden bereits acht Maskenproduktionsanlagen ausgeliefert und in Betrieb genommen.

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