Eigenständige Gattung definiert

Logarithmische Spirale im Getriebebau

Vor rund drei Jahren hat Wittenstein die Galaxie-Getriebe erstmals auf dem Markt präsentiert. Sie sind auf hohe Leistung bei Spielfreiheit, Gleichlauf, Steifigkeit, Drehmomentdichte und Überlastsicherheit ausgelegt. Jetzt hat der Antriebshersteller begutachten lassen, dass es sich bei der Baureihe prinzipbedingt um eine eigenständige Getriebegattung handelt - und gleichzeitig neue Baugrößen vorgestellt.
Das Antriebssystem Galaxie D ist eine kompakte mechatronische Einheit aus einem speziell entwickelten, permanenterregten Hochleistungs-Synchronmotor und einem Galaxie-Getriebe.
Das Antriebssystem Galaxie D ist eine kompakte mechatronische Einheit aus einem speziell entwickelten, permanenterregten Hochleistungs-Synchronmotor und einem Galaxie-Getriebe.Bild: Wittenstein AG

Im September 2017 fand die ‚International Conference on Gears‘ des Lehrstuhls für Maschinenelemente der TU München statt. Auf der wissenschaftlichen Konferenz zur Getriebeentwicklung mit über 700 Teilnehmern wurde in zwei von Professoren begutachteten und freigegebenen Vorträgen der wissenschaftliche Nachweis erbracht, dass es sich bei den Galaxie-Getrieben um eine neue, eigenständige Getriebegattung handelt. Wesentlich für die Beweisführung war dabei, dass mit deren Entwicklung die mathematische Funktion der logarithmischen Spirale in den Getriebebau eingeführt wurde. Als Verzahnungsform von Polygon und Einzelzähnen führt sie zum flächigen Zahneingriff und zu einem mathematisch exakten Gleichlauf. In der Folge wurden sowohl die theoretische Funktion als auch die technischen Leistungsmerkmale und Vorteile inzwischen wissenschaftlich anerkannt.

Das modulare Galaxie-Portfolio erschließt durch verschiedene Bauformen und Varianten neue Anwendungen mit besonderen Leistungs- oder Einbauanforderungen.
Das modulare Galaxie-Portfolio erschließt durch verschiedene Bauformen und Varianten neue Anwendungen mit besonderen Leistungs- oder Einbauanforderungen.Bild: Wittenstein AG

Einzug in Verbandspublikationen und Lehrbücher

Der Nachweis von Galaxie als eigenständige Gattung dokumentiert sich in der Aufnahme in Publikationen und Standardwerke der Antriebstechnik und des Werkzeugmaschinenbaus – so u.a. in das Buch zum 50-jährigen Bestehen der Forschungsvereinigung Antriebstechnik FVA. Auch in wissenschaftliche Lehrbücher soll Galaxie demnächst Einzug halten, z.B. in die 9. Auflage des Standardwerks ‚Werkzeugmaschinen Fertigungssysteme 3: Mechatronische Systeme, Steuerungstechnik und Automatisierung‘. Herausgeber des Sachbuchs sind Prof. Dr. Christian Brecher und Prof. Dr. Manfred Weck vom RWTH-Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen. Darin ist dem neuen Getriebe ein eigenes Kapitel gewidmet, das den Aufbau, die Funktionsweise und die spezifischen Vorteile erläutert.

Das Antriebssystem Galaxie DF bietet eine besonders flache, platzsparende Bauform: Es spart im Vergleich zum Galaxie D bis zu 30% Baulänge.
Das Antriebssystem Galaxie DF bietet eine besonders flache, platzsparende Bauform: Es spart im Vergleich zum Galaxie D bis zu 30% Baulänge.Bild: Wittenstein AG

Aus Prinzip anders

Bei Galaxie erfolgt die Drehmomentwandlung über dynamisierte Einzelzähne, die um ein unrundes Antriebspolygon mit Nadellagerung herum gruppiert sind und radial gleitend entlang der Innenverzahnung des Hohlrades geführt werden. Das führt dazu, dass jetzt fast alle Zähne gleichzeitig am adaptiven Zahneingriff beteiligt sind – während bei Getriebeausführungen mit einem starren Zahnrad nur wenige Zähne gleichzeitig eingreifen. Hinzu kommt, dass die Zahnflanken der Einzelzähne sowie des Hohlrades erstmals als logarithmische Spirale ausgeführt sind, wodurch der Zahneingriff nicht mehr wie bei klassischen Getrieben als Linienkontakt erfolgt, sondern als Flächenkontakt mit hohem Traganteil. Der Kontakt beim Zahneingriff baut einen hydrodynamischen Schmierfilm auf, der mechanischen Verschleiß und Abrieb reduziert. Dadurch bleibt das eingestellte Verdreh- oder Nullspiel über die gesamte Lebensdauer konstant.

Bild: Wittenstein AG

Vier Varianten und fünf Baugrößen

Das Antriebssystem Galaxie D vereint als kompakte, mechatronische Einheit ein Hohlwellengetriebe mit einem leistungsstarken permanenterregten Synchronmotor. Wasserkühlung und Feedback-System sind Standard, eine Haltebremse gibt es als Zusatzausstattung. Die ebenfalls optionale Sensorik ermöglicht eine Übertragung von Betriebsdaten. Sie können künftig über den gesamten Lebenszyklus des Antriebs, unabhängig von der jeweiligen Steuerung, überall und über sämtliche Endgeräte abgerufen werden. Eine neue Variante innerhalb der Produktfamilie ist das Antriebssystem Galaxie DF, das bis zu 30 Prozent Baulänge einspart. Erreicht wird diese Platzeinsparung durch die Positionierung des Motors um das Getriebe herum. Für Einbausituationen mit begrenztem Platzangebot in der Baulänge der angetriebenen Achse hat Wittenstein zudem die GH-Variante auf den Markt gebracht, die als Winkelversion die gleichen Leistungswerte bietet.

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