Geburtsort der neuen Laserblanking-Anlage war das Trumpf-Entwicklungszentrum in Neukirch, wo innerhalb der Unternehmensgruppe unter anderem Automatisierungseinrichtungen für Laserschneidmaschinen entwickelt und produziert werden. „Mit der neuen Anlage wollten wir unsere Maschinen zur Laserbearbeitung von Stahlblech um eine Lösung ergänzen, mit der wir Blechcoils, also Rollen aus Bandstahl, direkt und automatisch verarbeiten“, erklärt Patrick Wowtscherk, Entwicklungsprojektleiter bei Trumpf. In den letzten Jahren hat sich Laserschneiden als attraktive Variante für die Produktion von Blechteilen positioniert, die überall dort Vorteile bietet, wo eine gewisse Variantenvielfalt produziert werden muss. Mit der neuen Laserblanking-Anlage reduzieren sich dabei jetzt die Neben-, Wechsel- und Rüstzeiten sehr deutlich. Statt als einzelne Blechtafel kommt das Rohmaterial vom Coil in die Schneidanlage, wird dort geschnitten und dann weiter zur Absortierung transportiert, wo die Gutteile aus dem Restgitter entnommen werden. Insgesamt erreicht die Anlage dadurch spürbar geringere Zykluszeiten als bei den bisher üblichen Tafel-Laserschneidanlagen. Noch dazu kann Trumpf auch das Rohmaterial besser ausnutzen, da der Schneidevorgang nicht auf eine Tafel beschränkt ist und Teile auch verschachtelt auf dem Blechband platziert werden – je nach Anwendung wird so bis zu 30 Prozent weniger Material für die gleiche Anzahl an Teilen benötigt.
Absortierung per Roboter
Bei der Entwicklung der neuen Anlage gab es verschiedene Schlüsselprozesse. Am augenfälligsten natürlich die neue Art der Materialzuführung über die bis zu 25t schweren Coils. Genauso wichtig für eine hohe Produktivität der Anlage sei jedoch auch die Entladung, so Wowtscherk: „Wir müssen jederzeit sicherstellen, dass die Teile sicher und schnell aus dem Restgitter entnommen und für die Weiterverarbeitung gestapelt werden – die Entladung darf kein Flaschenhals in der Bearbeitung sein.“ In der neuen Anlage sorgt dafür ein Sechsachsroboter plus Linearachse, der die Blechteile zuverlässig und schnell entnimmt und anschließend abstapelt. Die Daten für die Entnahme erhält der Roboter aus der Software TruTops Boost von Trumpf. Sie berechnet die Eingangsdaten für vorgefertigte Zyklen bzw. Teileprogramme, die auf einer Sinumerik One-Steuerung von Siemens ablaufen. Der Anwender benötigt also keine besonderen Vorkenntnisse oder Schulungen für das Handling des Roboters. Die neue Entnahmeautomatisierung ist für Wowtscherk eines der Highlights des Projektes: „Normalerweise arbeiten wir bei der Entladung mit Portalsystemen und haben daher zu Beginn erst einmal diese Variante evaluiert. In Gesprächen mit Siemens haben wir auch die Roboterlösung diskutiert und konnten schnell feststellen, dass sie für die gesetzten Anforderungen eine sinnvolle Alternative darstellt.“ Der Vorteil bei der Robotik ist einerseits die Flexibilität in der Anwendung, andererseits eine schlanke Entwicklung: Trumpf konnte beim Roboter, bei den mechanischen Verfahrachsen und bei der Steuerung auf etablierte und bewährte Komponenten setzen. Zudem hatten sie mit Siemens einen Partner, der sie bei der Roboterprogrammierung unterstützte.
Straffer Zeitplan für die Entwicklung
Die enge Zusammenarbeit mit Siemens war laut Wowtscherk einer der Erfolgsfaktoren für das Projekt: „Wir hatten das Ziel, innerhalb von einem guten halben Jahr die Anlage so weit zu entwickeln, dass wir sie auf unserer Hausmesse, den Tech Days, den Anwendern vorstellen können. Für eine solche Dynamik braucht man Partner, auf die man sich verlassen kann.“ Entsprechend habe die Zusammenarbeit zwischen dem Siemens-Team in Chemnitz und Trumpf in Neukirch sehr gut funktioniert.
Die Spezifikationen für die Roboterapplikation und die Roboterbewegungen kamen von Trumpf und wurden dann von Siemens in ein Steuerungsprogramm für die Kinematik übertragen. Als Steuerungsplattform entschied sich Trumpf für Sinumerik One, das Roboterprogramm wurde mit der Motion-Control-Lösung Run MyRobot /Direct Control umgesetzt. Auf diese Weise wird das Modell der Robotermechanik in die Sinumerik integriert. Dann ist keine separate Robotersteuerung mehr erforderlich und der Roboter wird direkt von der Sinumerik gesteuert. Die Sinumerik One wird in TIA Portal projektiert und passt bei der Laserblanking-Anlage auch langfristig gut zur Strategie von Trumpf. „Für uns war bei dieser Anlage auch wichtig, dass wir auf die neueste Steuerung aufsetzen, die wir zukünftig auch allgemein in unseren Anlagen nutzen wollen“, so Wowtscherk weiter. Insbesondere die Motion-Control-Software Run MyRobot /Direct Control ermöglichte es dem Projektteam, die geplante Applikation schnell umzusetzen. Dabei erreicht der Roboter nicht nur die geforderte Taktzahl, sondern auch eine hohe Wiederholgenauigkeit beim Ablegen der Bleche.
Reibungslose Umsetzung im Team
Trotz bewährter Komponenten, erfahrener Partner und einem guten Konzept waren die Wochen und Monate vor der Präsentation der Lösung zu den Tech Days für Patrick Wowtscherk und sein Team sehr spannend: „Wenn man ein Projekt in dieser Geschwindigkeit treibt, dann wartet man schon ein bisschen auf diesen Moment, wo ein Plan nicht aufgeht – aber tatsächlich ist uns das nicht passiert. Es war wirklich schnell und unkompliziert, aus der Sinumerik – also einer Werkzeugmaschinen-Steuerung – eine Robotersteuerung zu machen.“ Das Projekt hatte einen straffen Zeitplan, sowohl für die Gewerke, die das Team bei Trumpf verantwortete, als auch für die Programmierung bei Siemens, trotzdem wurden die Ziele für die Vorstellung auf der Hausmesse erreicht. „Das Feedback der Anwender und Kunden hat mich ein bisschen überrascht. Gerade, wie positiv die Laserblanking-Anlage aufgenommen wurde“, erzählt Wowtscherk. „Die Kombination von Roboter mit der Sinumerik wurde durchweg für gut befunden. Dadurch, dass die Anwender am Roboter an sich gar nichts programmieren müssen sondern dafür unser TruTops Boost nutzen und wir auch mit der Sinumerik auf eine Siemens-Steuerung setzen, war die Akzeptanz sofort da.“