
Das Thema Eigenbewegung beschäftigt die Wissenschaftler am Institut für Getriebetechnik, Maschinendynamik und Robotik (IGMR) der RWTH Aachen schon seit Jahren. In diesen Bereich fällt auch ein Forschungsprojekt zur energetischen Optimierung ungleichmäßig übersetzender Getriebe. Dr. Ferdinand Schwarzfischer und Thomas Knobloch setzen dabei auf die Eigenbewegung der Getriebe. Das auch Eigenfrequenz genannte Phänomen bezeichnet die Bewegung, die das Getriebe nach einem Anfangsimpuls durch den Antrieb ausführen würde, wenn keine Reibung auftreten würde und keine Nutzmomente vorhanden wären. „Eigenbewegung ist die Eigenfrequenz des gesamten Systems, bei der am wenigsten Energie verbraucht wird“, so Knobloch.
Eigenbewegung der Getriebe
Bislang wird die Eigenbewegung allerdings kaum für den energieeffizienten Betrieb von Motoren mit ungleichmäßig übersetzenden Getrieben genutzt, da es keine allgemeinen Verfahren zur Auslegung von Getrieben gab, die in ihrer Eigenbewegung betrieben werden. Dr. Schwarzfischer hat im Rahmen seiner Dissertation 2019 erstmals ein Syntheseverfahren für solche Getriebe entwickelt. Er konnte anhand eines selbstkonstruierten Prüfstands zeigen, dass bei in Eigenbewegung betriebenen Übertragungsgetrieben ein größeres Energieeinsparpotential zu erwarten ist als bei Getrieben mit konstanter Drehzahl. Knobloch führt das Projekt jetzt weiter und legt bei seiner Promotion den Fokus auf Kurvengetriebe. Sie sind ähnlich weit verbreitet wie Koppelgetriebe, können im Gegensatz zu diesen aber eine exakte Rast erzeugen, also einen kompletten Stillstand des Abtriebsgliedes innerhalb eines Bewegungsablaufs. „Das ist z.B. bei Verpackungsmaschinen relevant, die stillstehen müssen, wenn die Verpackung versiegelt werden soll“, beschreibt Knobloch das Prinzip. In seinem Forschungsprojekt bildet er die Getriebe über ein Mehrkörper-Simulationsprogramm ab. Die Software kann die Eigenbewegung eines simulierten Getriebes anhand der CAD-Daten automatisch bestimmen. Um ein Getriebe aber überhaupt in Eigenbewegung betreiben zu können, ist ein Servomotor nötig. Anders als herkömmliche Elektromotoren können diese dem Getriebe die nicht-konstante Geschwindigkeit seiner Eigenbewegung exakt vorgeben. „Meine Untersuchungen sollen die Frage klären: Wie muss das Kurvengetriebe ausgelegt sein, um einerseits die Anforderungen der Anwendung zu erfüllen und zugleich möglichst energieeffizient betrieben werden zu können“, beschreibt Knobloch das Forschungsziel.

Auf die Positionsrückmeldung kommt es an
Der Drehgeber-Spezialist Hengstler stellt dem Team seine Expertise sowie hochgenaue Geber zur Verfügung. Die mit ihrer Hilfe erfassten Daten liefern die Grundlage für die Validierung einer energieeffizienten Antriebsmethode von Kurvengetrieben. Bereits jetzt haben die Versuche am Prüfstand gezeigt, dass die Anwendung der Eigenbewegung auf ein dreigliedriges Kurvengetriebe zu einem reduzierten Energieverbrauch, geringeren Leistungsspitzen und zu einem kleineren maximalen Antriebsmoment führt. Auch wenn die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt noch nicht für die Konstruktion energieeffizienter Antriebe genutzt werden können: Schon jetzt lässt sich der Stromverbrauch im Standard-Regelmodus von Servomotoren reduzieren. „Wir konnten bei ungleichmäßig angetriebenen Kurvengetrieben im Vergleich zu konstant angetriebenen Getrieben Energieersparnisse von bis zu 14 Prozent erzielen – mit steigender Tendenz,“ so Knobloch.
Eine Möglichkeit ist der Einsatz eines Absolutwertgebers mit hoher Signalgüte. Geber wie der Acuro AD37 von Hengstler ermöglichen eine glattere Regelung als herkömmliche Encoder. „Viele Servomotoren arbeiten ineffizient, weil das Feedbacksystem ungenaue Informationen an die Steuerung sendet“, berichtet Peter Elbel, Manager Application Management bei Hengstler. „Durch die präzise Positionsrückmeldung unserer Absolutwertgeber lässt sich die Effizienz der Antriebe steigern und der Stromverbrauch sinkt merklich.“ Der Acuro AD37 ist auf die Steuerungen von Bosch-Rexroth abgestimmt, die oft in High-End-Anwendungen in der Industrie verbaut werden. Bei Drehzahlen bis mindestens 12.000U/min arbeitet der Encoder mit einer absoluten Genauigkeit von ±36 Winkelsekunden und einer Wiederholgenauigkeit von kleiner als ±10 Winkelsekunden. Über die Hengstler-Schnittstelle Acuro link überträgt der Geber Positionsdaten mit einer Übertragungsrate von 10MBaud und einem Reglertakt von bis zu 32kHz quasi in Echtzeit an die übergeordnete Steuerung. Die Daten-Übertragung funktioniert über eine Distanz von bis zu 100m ohne Qualitätsverlust.

Encoder verbrauchen wenig Strom
Ein anderes Beispiel ist der Acuro AD36: Dieser Drehgeber wurde für den Einsatz in Servomotoren mit kleiner Achshöhe entwickelt und verfügt über eine durchgängige 8mm-Hohlwelle. Der Encoder besitzt eine hohe Stabilität bei Betriebstemperaturen bis +120°C und ist schockfest bis mindestens 1000m/s2 über 6ms. Für Anwendungen in der Verpackungstechnik oder in Pick&Place-Anlagen ist dagegen der Acuro AC 58 konzipiert. In der Ausführung mit Profinet-Schnittstelle verbraucht dieser sehr wenig Strom und ermöglicht den hochdynamischen Betrieb von Servomotoren. Da der Geber eine kurze Zykluszeit von 31,25µs aufweist, können Antriebe mit ihm darüber hinaus besser geregelt werden als mit konventionellen Drehgebern. Dadurch sparen die Anwender bei ihren Motoren bis zu 30 Prozent Energie. Die Absolutwertgeber von Hengstler haben zudem eine wesentlich geringere Eigenstromaufnahme als viele vergleichbare Drehgeber am Markt. „Ein gutes Beispiel ist unsere Absolutwertgeber Acuro AD37. Der verbraucht nur 0,6W in der Multiturn-Ausführung – das ist 50 bis 75 Prozent weniger als die Encoder des Wettbewerbs benötigen“, erzählt Elbel.