AMP8000 reduziert Maschinen-Footprint und Platzbedarf im Schaltschrank

Dezentrales Servoantriebs-system von Beckhoff

Auf der SPS IPC Drives hat Beckhoff ein dezentrales Servoantriebssystem namens AMP8000 vorgestellt. Kombiniert mit der Einkabel-Architektur Ethercat P, ermöglicht es platzsparende Automatisierungslösungen für Maschinen mit geringem Footprint: Das heißt, mehr Leistung auf weniger Produktionsfläche. Darüber hinaus unterstützen integrierte Servoantriebe in bester Weise modulare Maschinenkonstruktionen, die den heutigen Anforderungen an flexible Lösungen gerecht werden. Im Gespräch erläutert uns Produktmanager Andreas Golf die Vorteile der dezentralen Antriebslösung von Beckhoff.
Dezentraler Servoantrieb mit Einkabellösung EtherCAT P: Der AMP8000 bildet die optimale Basis für kompakte und konsequent modularisierte Maschinen.
Dezentraler Servoantrieb mit Einkabellösung EtherCAT P: Der AMP8000 bildet die optimale Basis für kompakte und konsequent modularisierte Maschinen.Bild: Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

In modernen Maschinen verrichten heute nicht selten mehr als 50 Achsen ihre Arbeit. Dabei spielt die Servotechnik eine zentrale Rolle. Die in den vergangenen Jahren stark gestiegene durchschnittliche Anzahl an Achsen pro Maschine ist eine Folge der Anforderungen an flexible Fertigungsautomation mit automatischen Formatwechsel und schnellen, flexiblen Produktanpassungen. In der Folge benötigen diese Maschinen eine große Anzahl an Servoantrieben und dementsprechend viele Antriebsregler im Schaltschrank. „Das Problem: Das benötigt viel Platz im Schaltschrank und demzufolge zu viel Platz in der Produktionshalle. Darüber hinaus muss hier häufig aktiv gekühlt werden, was zu einem höheren Energieverbrauch führt. Und dafür haben wir mit dem AMP8000 eine Lösung“, erläutert Andreas Golf, Produktmanager Antriebstechnik bei Beckhoff.

Dezentrales Antriebssystem AMP8000

Mit dem AMP8000 stellt Beckhoff ein Servosystem vor, das den Servoantrieb direkt in den Servomotor integriert – und das in sehr kompakter Bauform. „Genauer muss man beim AMP8000 eigentlich von dezentraler Leistungselektronik sprechen, denn die Trajektoriengeneration liegt – wie es der Beckhoff-Philosophie entspricht – weiterhin zentral im PC“, erklärt Golf. Der Leistungsteil wird aus dem Schaltschrank verbannt und wandert in die Maschine. Dadurch entstehen für Maschinenbauer und Betreiber viele Vorteile, so Golf weiter: „Der Maschinenkonstrukteur wird sich bei dem Einsatz unserer dezentralen Servoantriebe über die mit einem Standardmotor identischen Anbaumaße, die so gut wie identischen Leistungsdaten und die einfache Verkabelung à la One Cable Automation freuen. Das gesamte System nutzt nur einen Typ Leitungen, übrig bleibt für den Konstrukteur nur die Auswahl der entsprechenden Leitungslänge.

Ein Kabel für Daten und Energie

Mit dem AMP8000 reduziert sich der Platzbedarf für den Antrieb im Schaltschrank auf ein einziges Koppelmodul. Dieses kann über das ebenfalls per Ethercat P, also über nur ein Kabel für Ethercat und Power, verbundene IP65-Verteilermodul AMP8805 bis zu fünf dezentrale Servoantriebe AMP8000 ansteuern. Golf erklärt: „Anstelle von beispielsweise fünf Motorleitungen geht damit nur noch eine Leitung aus dem Schaltschrank an die Maschine. Diese Leitung kann zumeist auch noch kürzer sein als bisher. Durch die Verlagerung der Leistungselektronik direkt an die Maschine reduziert sich der Platzbedarf im Schaltschrank auf ein einziges Koppelmodul, das mit nur einem Kabel über ein Verteilermodul mehrere Servoantriebe versorgt. Das bringt für Maschinenbauer signifikante Einsparung von Material, Platz, Kosten und Montageaufwand.“ Das gesamte System ist kaskadierbar, sodass auch komplexe Systeme mit einfachem Topologieaufbau realisiert werden können. Vorkonfektionierte Systemanschlussleitungen erleichtern die Logistik und reduzieren die Fehler während der Verdrahtung.

Antriebsintegration konstruktiv optimal umgesetzt

Die Integration des Antriebs ist beim AMP8000 hochkompakt umgesetzt worden. Durch das am hinteren Wellenende des Servomotors angebrachte Leistungsmodul sind die Anbaumaße des dezentralen Servoantriebs mit dem der entsprechenden Standard-Servomotoren der AM8000-Baureihe identisch. Lediglich die Baulänge ist um ca. 7cm größer. Für Maschinenbauer bedeutet dies einen nur geringen zusätzlichen Platzbedarf sowie die Möglichkeit des einfachen Konzeptwechsels – ohne die Notwendigkeit zu konstruktiven Änderungen.

Bessere Kühlung durch optimierte Platzierung

Ein angenehmer Nebeneffekt der Anordnung des Leistungsteiles am Wellenende liegt in der besseren Kühlung durch die Umgebungsluft. „Üblicherweise sitzen die Leistungsteile bei herkömmlichen dezentralen Antrieben oben auf dem Servoantrieb. Dort produzieren die Wickelköpfe des Motors jedoch auch gleichzeitig die größte Wärme. Ein hier montiertes Leistungsmodul bekommt also zur eigenen Wärmeentwicklung auch noch viel Abwärme vom Motor ab, sofern es nicht thermisch zur Motorfläche isoliert ist“, erläutert Golf. „Gleichzeitig wird die Wärmeableitung des Motors an die Umgebungsluft an dieser Stelle verhindert.“ Beckhoff hingegen montiert das Modul mit der Leistungselektronik am Ende des Motors an , an der thermisch am wenigsten belasteten Seite. Eine zwischen Motorfläche und Leistungsmodul platzierte thermische Isolation verhindert einen gegenseitigen Wärmeeintrag.

Neue Halbleitertechnologie macht’s möglich

Mit einer lediglich um ca. 7cm verlängerten Baugröße des Motors fällt der AMP8000 in der Maschine kaum auf. Golf dazu: „Möglich wird diese enorme Platzersparnis auch dadurch, dass wir Siliciumcarbid Leistungshalbleiter einsetzen“, erläutert Golf. „Diese werden heute bereits erfolgreich im Bereich der Photovoltaikumrichter eingesetzt, denn es macht einen erheblichen Unterschied in der Rückspeiseleistung, ob sie einen Umrichter mit einem Wirkungsgrad von 92% oder einen mit neuester Halbleitertechnologie ausgestatteten Umrichter mit einem Wirkungsgrad von 98% einsetzen. Wir machen uns diese Technologie zunutze, um die Verlustleistung zu reduzieren und um die Effizienz zu erhöhen. Mit dieser Technologie können wir die Verlustleistung um mindestens 30 bis 35% reduzieren.“

Produktion in Deutschland

Gefertigt werden die Antriebe übrigens vollständig in Deutschland, gemeinsam mit der Beckhoff-Tochter Fertig Motors, Marktheidenfeld. „Alles ab dem roten Streifen, also die Elektronik, wird bei Beckhoff in Verl produziert. Das Modul ist komplett als Einheit vergossen, wir können also jedes dieser Module nach der Produktion einem ersten Belastungstest unterziehen, erläutert Golf. Die Motoren entsprechen den Beckhoff-Standard-Servos, lediglich eine kleine Modifikation an der Welle sei erforderlich und werde in Marktheidenfeld gemacht, so Golf weiter. „In Marktheidenfeld ist auch die komplette mechanische Fertigung, beispielsweise für die Gehäuse, Wellen usw. Damit sind wir sehr flexibel. Komplettiert wird die Herstellung dann mit dem Zusammenbau und einem Funktionstest in Marktheidenfeld.“

Verfügbare und geplante Varianten

Erhältlich ist das dezentrale Servoantriebssystem AMP8000 derzeit in den Flanschgrößen F4 und F5. Zur Verfügung stehen verschiedene Ausführungen mit 0,61 bis 1,23kW Nennleistung und 2,00 bis 4,8 Nm Stillstandsdrehmoment (F4) bzw. 1,02 bis 1,78kW Nennleistung und 4,10 bis 9,7Nm Stillstandsdrehmoment (F5). Standardmäßig sind die Sicherheitsfunktionen STO und SS1 integriert; in Vorbereitung sind die erweiterten Safe-Motion-Funktionen. Sukzesive sollen die Flanschgrößen nach oben und unten erweitert werden, erläutert Golf. Nach oben habe das jedoch seine Grenzen: „Synchronmotoren werden in der Regel in kleinen kompakten Maschinen eingesetzt mit den dazu passenden Leistungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Antriebe mit 20 oder 30kW mit einer dezentralen Leistungselektronik ausstattet, auch deshalb, weil der Platzbedarf irgendwann so groß wird, dass man den Leistungsteil dort nicht mehr sinnvoll verbauen kann“, erklärt er. „Mit den heute verfügbaren Leistungshalbleitern erscheint uns der Leistungsbereich bis 3,5KW derzeit als sinnvoll. Was zukünftig passiert hängt jedoch im Wesentlichen von deren Weiterentwicklung ab.“

Fazit

Dezentrale Antriebslösungen erfreuen sich einer ständig wachsenden Beliebtheit. Auf dem Weg zur schaltschranklosen Maschine sind sie unabdingbar, bieten aber darüber hinaus viele Vorteile für Maschinenbauer, Konstrukteure, Inbetriebnehmer und Betreiber. Das AMP8000 von Beckhoff reduziert dabei nicht nur den Maschinen-Footprint und Platzbedarf im Schaltschrank, sondern hilft darüber hinaus noch bei der Reduzierung des Stromverbrauchs, da auf eine aktive Kühlung bei dezentralen Antriebskonzepten verzichtet werden kann. (kbn)

Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

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