Neue Gerätegeneration für aktives Management von Antriebsenergie

Bremsenergie verbrennen war gestern

2010 hat die Firma Michael Koch erstmals Lösungen für das aktive Energiemanagement vorgestellt. Anfangs noch adressiert an Effizienzsteigerungen, sorgen die Geräte im praktischen Einsatz heute vor allem für mehr Produktivität und stabilere Prozesse. Jetzt hat das Unternehmen die zweite Generation der Gerätefamilie gelauncht - mit neuen Funktionen, mehr Leistung und erstmals einem modularen Ansatz folgend. Das SPS-MAGAZIN konnte die Geräte schon vorab unter die Lupe nehmen.
 Mit der modularen Pxt-Gerätefamilie will Koch seine bisherigen Kurzzeit-Energiespeicher ablösen.
Mit der modularen Pxt-Gerätefamilie will Koch seine bisherigen Kurzzeit-Energiespeicher ablösen.Bild: Michael Koch GmbH

„Wir haben 2020 viel vor“, sagt Michael Koch und verweist auf das jüngst erworbene Technikum-Gebäude am Hauptsitz in Ubstadt-Weiher, ein neues Corporate Design samt dem Claim ‚Energizing Productivity‘ sowie die dazu passende, technologisch frisch aufgesetzte Homepage. Wer denkt, das sei doch genug, der kennt den Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens schlecht. Deswegen hier ein kurzer Ausflug in die Firmenhistorie:

Bild: Michael Koch GmbH

Alles beginnt mit einer Idee

1997 startete die Firma Koch mit zwei Mitarbeitern und der Idee, klassische Bremswiderstände so eigensicher zu konstruieren, dass es bei Überlastung nicht zu Schäden für Mensch oder Maschinen kommen kann. Dafür setzte man auf PTC-Heizelemente, wie sie z.B. zigtausendfach in der Automobilindustrie verbaut werden. Im Fall einer Überlast schalten sie sich ab – eine Eigenschaft, die Koch später auch auf die klassischen Drahtwiderstände übertragen konnte. Doch anfangs war der Markt skeptisch: „Es hat durchaus etwas gedauert, bis sich das Unternehmen mit dieser Technik finanziell tragen konnte“, blickt Koch zurück. „Heute hingegen setzen – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – alle namhaften Antriebshersteller unsere Widerstände ein.“ So ist die Firma mittlerweile auf rund 50 Mitarbeiter angewachsen und erwirtschaftet an die 10 Millionen Euro pro Jahr. Doch der Umsatz entfällt nicht mehr nur auf Bremswiderstände. Denn das Unternehmen hat sein Tätigkeitsumfeld längst vom reinen ‚Verbrennen‘ von Bremsenergie auf das Management von Bremsenergie ausgeweitet.

Bild: Michael Koch GmbH

Einstieg in die Elektronik

„Es ist jetzt zehn Jahre her, dass wir in die Elektronik eingestiegen sind“, erklärt Koch. Damals war das Thema Energieeffizienz in aller Munde, und Koch hatte den DES (dynamischen Energiespeicher) entwickelt, mit der sich Bremsenergie aus dem Zwischenkreis kurzzeitig speichern und beim nächsten Hub wiederverwenden ließ. „Wir haben bewusst nicht auf Rückspeisung gesetzt“, fährt Koch fort. „Wir wollten den Umrichterherstellern ja keine Konkurrenz machen, sondern eine Portfolioerweiterung anbieten.“ Daraus ist über die Jahre eine komplette Gerätefamilie entstanden. Allerdings hat sich mit zunehmender Erfahrung deren Ausrichtung verändert. „Allein aus Gründen der Effizienz kauft kaum einer unsere Geräte“, weiß Koch heute. Dazu sei Strom zu billig zu haben und die zurückgeführte Leistung zu gering. „In der Praxis ist heute fast immer das Plus bei Verfügbarkeit und Produktivität das entscheidende Kriterium.“ Ein gutes Beispiel die Pressenverkettung per Roboter von Schuler Automation: Dabei wird allein durch den Einsatz der Speicherlösung eine Steigerung von 12 auf 15 Hübe pro Minute möglich. „Das Stromsparen kommt quasi noch als angenehmes Zusatz-Feature mit dazu“, sagt Koch mit einem Augenzwinkern. Weitere positive Eigenschaften des aktiven Energiemanagements finden sich darin, Lastspitzen zu reduzieren, Spannungseinbrüche auszugleichen oder sogar Netzausfälle zu überbrücken.

 Geschäftsführer Michael Koch weiß: Ausschlaggebend für den Einsatz der Speicherlösungen ist in erster Linie immer das Plus bei Verfügbarkeit und Produktivität.
Geschäftsführer Michael Koch weiß: Ausschlaggebend für den Einsatz der Speicherlösungen ist in erster Linie immer das Plus bei Verfügbarkeit und Produktivität. Bild: TeDo Verlag GmbH

Geräte der neuen Generation

Mit der Pxt-Serie präsentiert Koch jetzt nach zweieinhalb Jahren Entwicklungszeit eine neue Generation der Kurzzeit-Energiespeicher und Co. „Wir haben die neue Baureihe von Anfang an als Ablöse der bestehenden Geräte positioniert und zentrale Eckdaten und Funktionen definiert“, geht Koch auf den Entstehungsprozess ein. „Aber es war letztlich alles andere als die sture Umsetzung eines Pflichtenhefts.“ Das Ergebnis sollte eigentlich schon auf der letzten SPS gezeigt werden. „Aber bei uns gilt stets das Motto: Was wir anbieten, können wir auch liefern.“ Und so wurde der Präsentationstermin sicherheitshalber auf den ursprünglichen Termin der Hannover Messe 2020 verschoben. Dort sollte die Pxt-Familie für großes Aufsehen sorgen. Der Name der neuen Generation steht übrigens für die physikalische Formel: E = P x t. „Energie als Produkt aus Leistung und Zeit bringt die Zielstellung unserer Lösungen exakt auf den Punkt“, bekräftigt der Geschäftsführer. Die möglichen Anwendungen sind so zahlreich wie verschieden. Sie bauen aber allesamt darauf auf, überschüssige oder notwendige elektrische Energie weitgehend netzunabhängig zwischenzuspeichern. Deshalb wurde bei der Entwicklung auch hoher Wert auf ein modulares stimmiges Konzept gelegt. Im Ergebnis sind vom Start weg an drei Pxt-Geräte verfügbar.

 Bei den neuen RX-Modulen ist der Anwender komplett frei in der Wahl der angebundenen Speichermedien.
Bei den neuen RX-Modulen ist der Anwender komplett frei in der Wahl der angebundenen Speichermedien. Bild: TeDo Verlag GmbH

Smartes Kopfmodul

„Das Modell PxtFX löst all unsere Geräte mit verbautem Kondensator ab, also DES, DEV, DEK sowie KED, KEV und KEK“, erklärt Koch. „In diesem Kopfmodul stecken zehn ganze Jahre Erfahrung mit Kurzzeit-Energiespeichern.“ Mit integrierter Elektronik und Klimatisierung lässt sich das Gerät direkt um ein oder zwei Aluminium-Elektrolytkondensatoren erweitern. Bei der Rekuperation der Bremsenergie kann PxtFX in der kleinsten Ausbaustufe in 1s-Zyklen pro Betriebsstunde bis zu 1,2kWh an Energie einsparen – in Summe sind 40 Prozent erreichbar. Wie gesagt, steht aber meist ein anderer Nutzen im Vordergrund. Mit einer Stromlastfähigkeit von 20A Dauer und 40A Spitze für rund eine Minute gegenüber dem Speicher, der eine maximale Spannung von 450VDC haben darf, kann das Gerät bis 18kW generieren. Es kann ab Werk mit einem Speichervolumen von 2 oder 4kWh ausgestattet werden. Serienmäßig verbaut ist eine automatische Erkennung der Bremstransitor-Einschalt-Spannungsschwelle, was die Plug&Play-Kombination des Geräts mit allen handelsüblichen Frequenzumrichtern und Servoreglern ermöglicht.

Kastenbild
KastenbildBild: TeDo Verlag GmbH

Fokus auf Sicherheit und Kommunikation

Im Vergleich zur Vorgängerserie erhält die Sicherheit bei der neuen Pxt-Familie einen höheren Stellenwert. „Bis auf die internen Sicherungen, die vorher schon Standard waren, sind alle Safety Features neu“, betont Michael Koch. Die zusätzlichen Eigenschaften schützen gegen Verpolung der Zwischenkreisanschlüsse, gegen das Zuschalten geladener Speicher und die Überlastung des Systems auf der Speicher- wie auch auf der Zwischenkreisseite. Ebenfalls neu integriert sind vier frontseitige LEDs, die den Anwender mit wichtigen Statusinformationen versorgen: gelb (betriebsbereit), grün (in Betrieb), rot (Fehler), blau (Master-Kommunikation). Auch in Bezug auf die Schnittstellen, ist einiges hinzugekommen. Neu sind beim PxtFX eine externe 24V-Versorgung, Bootloading- und Reset-Möglichkeiten sowie sechs digitale I/Os. Ergänzt wird das Spektrum durch Ausgabefunktionen über ein USB-Modul. Auch ein SD-Karten-Slot für das Aufspielen von Firmware-Updates wurde berücksichtigt. Die Parametrierung geschieht stets ab Werk, der Kunde kann nur gewisse Einstellungen selbst vornehmen. Untereinander im Geräteverbund kommunizieren die Geräte über ein Firmenspezifisches CAN-Derivat. „Die Vielfalt der Schnittstellen ist schon eine grundlegende Verbesserung des Systems“, so Koch weiter. „Die entscheidende Neuerung ist aber das Plus an Leistung.“ Weil die Pxt-Familie im Vergleich zur Vorgängerserie für höhere Ströme gerüstet ist, wurde sie unter anderem mit besseren Lüftern, Drosseln und Filtern ausgestattet.

Passive modulare Erweiterung

Benötigt der Anwender mehr Speichervolumen oder muss die Kondensatoren flexibler im Schaltschrank positionieren, kommen die EX-Module ins Spiel. Sie sind als passive Systemerweiterung standardmäßig mit ein bis drei Kondensatoren ausgestattet. „Um die Möglichkeiten für den Anwender an dieser Stelle nicht zu beschränken, haben wir das System konsequent modularisiert“, unterstreicht der Geschäftsführer. 2, 4 oder 6kWs kann ein einzelnes PxtEX-Modul speichern. Dafür werden sie einfach über Kabel und verpolungssichere Stecker mit der FX-Kopfstation verbunden. Die einzelnen Speichereinheiten sind intern abgesichert und zeigen ihren Ladezustand auch optisch per LED an. Integriert ist serienmäßig auch ein sicherer Entladewiderstand, der bei Bedarf direkt und schnell hilft, das Gesamtsystem auf ein ungefährliches Spannungsniveau zu bringen.

Freie Wahl der Speicher

Das dritte Familienmitglied der neuen Serie heißt PxtRX und ist ebenfalls als intelligente Kopfstation konzipiert. Im Gegensatz zur FX-Version ist sie aber von den herstellereigenen Kondensatormodulen entkoppelt. Das heißt: Der Anwender ist komplett frei in der Wahl der Speichermedien. Mit dieser Ausrichtung ersetzt das RX-Modul den bisherigen dynamischen Speichermanager DSM. Gut geeignet ist das Gerät für Speicher mit höherer Energiedichte, z.B. Doppelschichtkondensatoren oder Batterien. Es ist ausgelegt für eine Stromlastfähigkeit von 30A Dauer und 60A Spitze für rund eine Minute. In Verbindung mit der Speicherspannung bis 800VDC ist so eine Leistung von knapp 50kW realisierbar. Reicht diese Leistung für die Applikation nicht, lassen sich mehrere PxtRX-Geräte (genauso wie FX-Module auch) parallel schalten. Applikationsbezogen können die aktiven Energiemanagementsysteme dann komplette Schaltschränke füllen. Dabei arbeitet das RX-Modul auch bei Leitungslängen zum Zwischenkreis bis 20m problemlos. Allen Pxt-Varianten gemein ist das digitale Typenschild. Über QR-Codes lassen sich die Daten des spezifischen Geräts und seines Aufbaus, Prüf- und Testprotokolle oder zugehörige Dokumente wie Montage- und Betriebsanleitung auf Smartphones bzw. Tablets anzeigen. So können Nutzer ortsunabhängig alle Informationen abrufen sowie die Geräte und ihre Eigenschaften einer Maschine oder Anlage zuordnen.

Positive Resonanz

Auf zwei Sneak-Preview-Veranstaltungen hat Koch ausgewählten Kunden und Partnern die Pxt-Geräte schon gezeigt: „Die Resonanz bei der ersten Präsentation war sehr positiv“, so Michael Koch. Was die Verfügbarkeit und Preise angeht, hält sich der Geschäftsführer aber noch bedeckt. „Wir wollen unseren Kunden den Umstieg auf die neue Geräteserie auch aus wirtschaftlicher Hinsicht so einfach wie möglich machen.“ Mit Blick in Richtung Anwender versichert er jedoch: „Die Geräte der Pxt-Familie sind ab jetzt bei uns bestellbar.“ (mby)

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