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Interview mit Ullrich Küchenmeister und Gernot Zarp

60 Jahre Antriebstechnik von Nord

Nord feiert 60-jähriges Bestehen. 1965 als Anbieter von Getriebemotoren gegründet ist das Unternehmen heute auf durchgängige Antriebslösungen ausgerichtet und weltweit tätig. Welche Faktoren diesen Erfolg besonders beschleunigt haben und wie sich Nord auf dem Markt abhebt, darüber hat sich das SPS-MAGAZIN mit den Geschäftsführern Ullrich Küchenmeister und Gernot Zarp unterhalten.

60 Jahre Nord, ein tolles Jubiläum. Wie haben Sie als Sohn des Firmengründers die Anfänge wahrgenommen, Herr Küchenmeister? Und welche Entwicklungen waren damals für das junge Unternehmen besonders erfolgreich?

Ullrich Küchenmeister: Rückblickend war für uns als Kinder das Wissen darüber, was unser Vater tat, ziemlich begrenzt. Aber natürlich erinnere ich mich an die Entwicklung des Unternehmens, etwa an Baustellenbesuche oder die ersten gemieteten Räume. Schon damals hat Nord Getriebemotoren hergestellt, auch wenn die Abnehmerbranchen noch nicht so vielseitig waren, wie jetzt. Anfangs ging es z.B. oft um Landtechnik oder Pumpenanwendungen. Das Schöne ist: Viele Kunden von damals sind bis heute treu geblieben. Und darauf basierte von Beginn an ein wichtiger Teil des Erfolgs: Auf der engen Zusammenarbeit mit Kunden und der Fähigkeit, die passenden Produkte anzubieten – egal ob der Kunde eine Standard- oder eine Sonderlösung wünscht. Dieser Spagat ist entscheidend.

Das setzt eine große Flexibilität in der Produktion voraus.

Küchenmeister: Richtig. Das war von Anfang an ein zentraler Punkt. Eine der ersten Nord-Anzeigen versprach bereits sofort lieferbare Getriebemotoren auch in Spezialausführung. Gerade Kunden mit besonderen Anforderungen oder kurzfristigen Bedarfen profitieren von unserer Anpassungsfähigkeit. Dass es bei unseren Kunden oft speziell sein muss oder sehr schnell gehen muss, stellt hohe Anforderungen an die eigene Logistik und Fertigungssteuerung – ist zugleich aber auch ein Alleinstellungsmerkmal und Wettbewerbsfaktor.

Der Fokus blieb jedoch lange auf Getriebemotoren.

Gernot Zarp: Ja, denn die Gründer kamen aus der Branche und kannten den Markt. Schon vor der Gründung des Unternehmens waren beide in diesem Bereich tätig. Die Maxime lautete anschließend: Was können wir besser machen als die anderen? Dieser Anspruch zieht sich bis heute durch die Nord-Geschichte. Mehr noch: Er ist zum Selbstverständnis von Nord geworden. Es war immer klar, dass wir nicht nur Standardlösungen liefern, sondern auch spezielle Anforderungen erfüllen wollen.

Um welche Losgrößen ging es damals?

Küchenmeister: Früher hatten wir meist Serien von 50 bis 100 Stück. Heute hingegen ist alles kleinteiliger geworden. Die durchschnittliche Losgröße liegt bei Nord heute zwischen zwei bis drei Antrieben. Das verlangt natürlich nochmals ein ganz anderes Maß an Flexibilität – sowohl bei den Bestell- als auch bei den Produktionsprozessen. Deswegen ist die Fertigung längst auf Individualisierung, digitalisierte Abläufen und sehr hohe Effizienz ausgelegt, und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Welche strategischen Entscheidungen waren für die Entwicklung von Nord besonders wichtig?

Zarp: Vor allem der frühe Fokus auf internationale Märkte. Bereits 1979 wurde die erste Auslandsgesellschaft gegründet. Auch der frühe Aufbau eigener Produktionsstätten außerhalb Deutschlands war eine wichtige Entscheidung. Heute profitieren wir enorm davon, dass wir in allen wichtigen Regionen direkt präsent sind dort teilweise auch Produktionskompetenz aufgebaut haben.

Wie hat sich das Produktportfolio im Laufe der Zeit verändert?

Zarp: Früher basierte das Geschäft auf einem Getriebebaukasten mit einigen verschiedenen Typen. Heute reicht das Nord-Portfolio von kleinen Getrieben mit 15Nm bis zu großen Ausführungen mit 280.000Nm. Hinzu kommt schon seit langem die Antriebselektronik. Wir sehen uns heute nicht mehr als Komponentenhersteller, sondern als Systemanbieter – und verkaufen in Summe Bewegung für alle denkbaren Anwendungen.

Welche technologische Entwicklung hat Nord geprägt?

Küchenmeister: Anfang der 1980er wurde klar, dass wir leistungsstärkere, aber auch robustere Produkte brauchen. Entsprechend haben wir die Entwicklung darauf ausgerichtet. Mitte der 1980er erweiterte sich das Portfolio um die Elektronik. Kunden konnten nun auch Drehzahlregelung einsetzen, weil die nötigen Bauteile erschwinglicher und robuster wurden. Der Entschluss von Nord, eigene Elektronik zu entwickeln und zu fertigen, hat sich als goldrichtig erwiesen. Genauso wie die strategische Entscheidung, die Umrichter auch als abgesetzte, dezentrale Geräte anzubieten.

Welche neuen Marktsegmente konnten Sie damit erschließen?

Zarp: Die dezentrale Technik senkt Installationskosten, vereinfacht die Wartung und erhöht die Flexibilität von Anlagen. Von diesen Eigenschaften profitiert die Intralogistik besonders. Anlagenbauer in diesem Markt wollten weniger Technik im Schaltschrank und stattdessen die Umrichter näher am Motor. So sind Post & Parcel, Flughäfen oder große Verteilzentren für uns heute wichtige Kundenbranchen.

Küchenmeister: Wir sind auf Umrichterseite aber immer zweigleisig gefahren – zentral im Schaltschrank und dezentral. So decken wir mit einem Baukasten ein breites Anwendungsspektrum ab. Der Kunde bekommt das, was er braucht. Glücklicherweise konnten wir uns bei den dezentralen Geräten sehr früh als Technologieführer positionieren.

Veränderte sich die Nachfrage?

Küchenmeister: Ja. Die Nachfrage nach dezentralen Lösungen wächst stetig, besonders in Logistik und Lebensmitteltechnik. Der Fachkräftemangel und der damit einhergehende steigende Automatisierungsgrad treiben das voran.

Zarp: Immer wichtiger für unsere Kunden wird auch die Digitalisierung in der Fabrik. Unsere Umrichter liefern wichtige Daten für Condition Monitoring, Anomalie-Erkennung und die Integration in die IT. Unsere Philosophie dabei lautet: Offenheit und keine Cloud-Zwänge. Unsere Geräte liefern über OPC UA oder andere Protokolle Informationen direkt dorthin, wo der Anwender sie haben will.

Wie bereits erwähnt wurde, ist Nord heute in allen Regionen der Welt tätig. Wie sieht die globale Produktionsstrategie aus?

Küchenmeister: Wir setzen auf identische Produktionsstandards weltweit. Egal ob China oder Brasilien: Wir liefern überall exakt die gleichen Produkte wie in Deutschland. Das bietet unseren Kunden Sicherheit und Flexibilität. Unsere Werke sind miteinander vernetzt, nutzen gemeinsame ERP- und MES-Systeme und arbeiten nach einheitlichen Prozessen. Das wirkt sich sehr positiv auf Lieferfähigkeit und Kundenbindung aus.

Welche Märkte sind für Nord heute besonders wichtig?

Zarp: Die drei wichtigsten sind USA, China und Deutschland. China hat enormes Potenzial. Nordamerika ist ebenfalls stark, aber herausfordernd. Spannend ist auch Indien, weil sich diese Region sehr dynamisch entwickelt. Unsere Strategie insgesamt ist es, dort zu wachsen, wo unsere Kunden uns brauchen. Unsere Präsenz in über 80 Ländern mit eigenen Tochtergesellschaften oder Partnern gewährleistet eine starke globale Verfügbarkeit.

Und wie bewerten Sie den europäischen Markt?

Zarp: Europa ist nach wie vor sehr wichtig. Aber wir sehen, dass die Produktion in Europa für Export in andere Regionen immer schwieriger wird. Neue Fertigungskapazitäten entstehen zunehmend lokal. Trotzdem bleibt Europa ganz klar der Innovationsstandort. Unsere Entwicklung ist hauptsächlich in Deutschland angesiedelt und arbeitet bei neuen Lösungen eng mit Kunden aus Europa zusammen.

Lassen Sie uns nochmal einen Blick auf den Systemansatz von Nord werfen. Wie wichtig ist er für den weiteren Erfolg des Unternehmens?

Küchenmeister: Enorm wichtig. Wir liefern nicht nur Komponenten, sondern Komplettlösungen vom Getriebemotor bis zur Elektronik inklusive Software. Unser Baukastensystem ermöglicht individuell zugeschnittene Lösungen auf Basis standardisierter Komponenten. Das schafft eine hohe Wiederverwendbarkeit bei gleichzeitiger Varianz – was unsere Kunden sehr schätzen.

Abschließend: Was ist das Erfolgsrezept von Nord in einem Satz?

Küchenmeister: Kundenorientierung, technische Kompetenz und ein flexibles, weltweit einheitliches Systemangebot – kombiniert mit dem Willen, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Im Rahmen seines 60. Jubiläums richtete Nord gleich mehrere Festveranstaltungen aus. Zum Festakt für Partner und Kunden am Stammsitz kam als Ehrengast der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. In einer Rede würdigte er die Leistungen, die das Unternehmen über sechs Jahrzehnte zu regional sehr bedeutenden Arbeitgeber gemacht haben. Auf dem Programm standen zudem Rundgänge durch die Produktionsstätten und der Austausch über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen. Eine Woche zuvor hatte Nord seine Tore in Bargteheide für ein Sommerfest geöffnet, um mit Mitarbeitenden und ihren Familien das Jubiläum zu feiern. Für die mehr als 1.600 Gäste wurde das Werksgelände zu einem Feierparcours. Die Geschäftsführung dankte der Belegschaft und unterstrich den Stellenwert des Miteinanders und des Engagements im Team für den langfristigen Erfolg des Unternehmens.

Getriebebau NORD GmbH & Co. KG

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