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Teil 2 von 4: Web-Technik in der Automation: Web-basiertes Bedienen, Beobachten und Visualisieren

Diese Artikelserie beleuchtet Technik und Bedeutung der Web-Technologie in der Automatisierung. Der erste Teil hat in das Thema eingeführt und ist in der letzten Ausgabe erschienen. Im nun vorliegenden zweiten Teil dreht sich alles um webbasierte Bedien- und Visualisierungskonzepte.

Web-basierte HMI-Konzepte unterscheiden sich grundlegend von herkömmlicher Bedienpanel-Technik. Bedienoberflächen werden einfach in einem Browser visualisiert und ersetzen proprietäre Bedienpanel oder spezielle PC-Software, sprich Run-Time-Lizenzen. Hinzu kommen eine uneingeschränkte Vernetzbarkeit sowie die Möglichkeit, von überall her auf dieselbe Oberfläche zugreifen zu können. Egal ob ein einfacher Prozess über simple HTML-Seiten lediglich parametriert wird oder eine anspruchsvolle Maschinenbedienung mittels Java-Werkzeugen realisiert ist – Web-basiertes Bedienen und Beobachten eröffnet dem Anlagen- oder Maschinenbauer gänzlich neue Funktionalitäten in der Anwendung und vereinfacht das Engineering.

Unterschiede im Konzept

Was unterscheidet Web-basiertes Bedienen, Beobachten und Visualisieren von der traditionellen Bedientechnik? Als Erstes fällt auf, dass Bedienoberflächen durch Standard-Browser dargestellt werden. Eine einmal erstellte Maschinenbedienung beispielsweise bleibt nicht nur auf das lokale Bedienpanel direkt an der Maschine beschränkt, sondern ist auch uneingeschränkt auf einem PC mit einem Browser wie z.B. Internet Explorer oder Firefox lauffähig. Der PC muss lediglich mit der Steuerung verbunden sein, etwa durch ein LAN. Aber wieso eigentlich mit der Steuerung? Bedienoberflächen waren doch bis jetzt immer in einem Panel gespeichert! Richtig – allerdings ist gerade bei der Web-Technik die gesamte Bedienoberfläche direkt in der Steuerung hinterlegt, was einen grundlegenden Unterschied zur klassischen Bedientechnik bedeutet. Schauen wir uns diesen Sachverhalt doch etwas genauer an.

Klassisches HMI-Konzept mit Systemgrenzen

Das klassische Bedienkonzept baut auf eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen Steuerung und Bedienpanel. Dabei herrscht eine strikte Arbeitsteilung: Das Bedienpanel sorgt für die Visualisierung, und die SPS ist ausschließlich für die reine Prozess/Maschinensteuerung zuständig. Das gesamte Visualisierungsprojekt, also sämtliche Bildschirmseiten und alles was sonst noch angezeigt werden soll, sind im Panel gespeichert. Die Steuerung liefert lediglich die nackten Prozessdaten. Dieser Ansatz liegt in der Historie begründet, in der eine Steuerung nur wenige Daten speichern konnte, geschweige denn ein gesamtes Visualisierungsprojekt. Auch waren die Steuerungen der ersten Generation sowieso nur mit einer einzigen Programmierschnittstelle ausgestattet, die dann für die Kommunikation zwischen Panel und SPS \’missbraucht\‘ wurde. Konzeptionell war hier eine simple Punkt-zu-Punkt-Verbindung völlig ausreichend. Bald wollte man natürlich mehrere Steuerungen von einem Panel aus bedienen oder vielleicht auch von mehreren Stellen aus auf die gleiche Steuerung zugreifen. Das führte dann zu Buslösungen wie etwa MPI oder S-Bus bzw. gleich zu Feldbussen wie z.B. Profibus. Eines ist all diesen Lösungen gemein: Man stößt sehr schnell an künstliche Grenzen. So können etwa nur 32 Teilnehmer angeschlossen werden oder da gibt es Master und Slaves, wobei es dann nur wenige Master geben darf. Ein weiterer wesentlicher Nachteil dieser Bussysteme ist die Tatsache, dass derlei Systeme absolut nichts mit der weltweit üblichen Kommunikationstechnik gemein ha­ben. Wer eine Steuerung ans Telefonnetz bringen, via Internet zugreifen oder einfach nur ins Firmennetz integrieren will, ist auf spezialisierte, teure Umsetzer (Modems, Kommunikationsbaugruppen, usw.) und kostenpflichtige Software angewiesen. Trotz der eingeführten Bussysteme ist die zugrunde liegende Kommunikationsstruktur nach wie vor eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Das zeigt sich in der Notwendigkeit, Verbindungen oder Kommunikationskanäle einrichten und konfigurieren zu müssen oder in weiteren Einschränkungen, dass z.B. eine Steuerung maximal mit vier Bedienpanel kommunizieren kann.

Web-basiertes HMI-Konzept

Beim Web-basierten HMI-Konzept ist eine flexible Client/Server-Topologie an die Stelle starrer Punkt-zu-Punkt-Verbindungen getreten. Die Steuerungen stellen die Server dar und sind folgerichtig mit einem Web-Server ausgestattet, auf dem die Visualisierung gespeichert ist. Bedienpanel, PCs oder andere Visualisierungsplattformen bilden die Clients und verfügen über einen Browser. Neu ist, dass das Visualisierungsprojekt sich nicht mehr zwangsläufig im Bedienpanel befindet, sondern in der Steuerung hinterlegt ist. Die SPS mutiert so zu einem \’Automatisierungsobjekt\‘ und beinhaltet alles, was zu einer gewissen Steuerungsaufgabe notwendig ist: Steuerungsprogramm plus Bedienoberfläche. Bedienpanel sind im Grunde genommen nichts anderes mehr als ein Thin-Client – also ein Display mit lediglich einem Browser. Daher muss ein Panel auch nicht erst mit einem Visualisierungsprojekt versehen werden, bevor es seinen Dienst verrichten kann. Vielmehr lädt sich ein Web-Panel automatisch die Seiten, welche angezeigt werden sollen, aus der Steuerung – das vereinfacht Austausch und Wartung. Dank der Client/Server-Struktur gestalten sich Engineering und Erweiterungen beim Web-basierten HMI-Konzept einfach. In punkto Kommunikation gibt es keinerlei Restriktionen. Theoretisch können 1.000 Panel mit einer Steuerung kommunizieren oder auch umgekehrt. Natürlich begrenzt irgendwann einmal die zur Verfügung stehende Bandbreite den Anschluss weiterer Panel oder Steuerungen – aber das ist keine harte Systemgrenze. Ist einmal eine Steuerung im Netz mit einem Web-Projekt versehen, können sofort alle verbundenen Panel aber auch PCs, die via Intranet oder Internet Zugriff haben, die Bedienoberfläche darstellen. Es sind keine umständlichen Software-Installationen und teure Treibersoftware nötig. Besonders wenn Änderungen vorgenommen werden, spielen Web-basierte HMI-Konzepte ihre Stärke aus: Updates müssen nur an einem einzigen Ort (der Steuerung) vorgenommen werden. Alle darauf zugreifenden Bedieneinheiten sind sofort à jour. Es muss auch nicht mehr darauf geachtet werden, welches Visualisierungsprojekt denn jetzt zu welcher Steuerung passt. Web-Technik baut auf IT-Standards wie Ethernet, TCP/IP oder HTTP. Damit fügen sich Web-basierte HMI-Lösungen nahtlos in existierende IT-Infrastrukturen ein und benötigen keine Spezialbaugruppen und Kommunikationskomponenten, nur um ins Internet zu kommen oder um eine Fernwartung per Modem zu realisieren – vielmehr kann auf preiswerte handelsübliche IT-Infrastrukturkomponenten zurückgegriffen werden.

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Saia-Burgess Controls AG
http://www.start-controls.com

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