Nachbildung natürlicher Oberflächenstrukturen mittels 3D-Scanner

Täuschend echt

Mithilfe eines 3D-Flachbett-Scanners lassen sich die Reliefs natürlicher Oberflächen wie Leder, Holz oder Stein detailgenau erfassen. Die aufgezeichneten Daten dienen anschließend zur Strukturierung von Prägewalzen, um biometrische Strukturen auf Kunstleder und andere natürlich aussehende Endprodukte zu übertragen. Hierbei sorgt ein zweiachsiges Positioniersystem mit Linearmotorantrieb für das nahtlose Kartografieren der Materialoberflächen.

Obwohl sich die Verbraucher von heute längst an den Anblick echt aussehenden, aber synthetischen Materials gewöhnt haben, ist die Imitation großflächiger, natürlicher Strukturen, z.B. auf Kunstleder, Fliesen oder Laminat, ein kompliziertes Verfahren. Den naheliegenden Ansatz, die Oberflächen abzufotografieren und ihre Strukturierung per Belichtungsverfahren auf die Prägewalzen zu übertragen, beeinträchtigen variierende Materialbeschaffenheiten und kaum kalkulierbare Lichtreflexionen. Daher ist das Erfassen und Übertragen lebensechter dreidimensionaler Reliefstrukturen auf diese Weise kaum möglich. Um das Problem der Reflexionen in den Griff zu bekommen und verwertbare hochauflösende 3D-Fotografien der Reliefstrukturen zu erhalten, hat das Unternehmen AKK einen neuen Weg beschritten: Zum exakten Vermessen der Oberflächenstrukturen kommt dabei ein Flachbett-Scanner zum Einsatz, dessen Positioniersystem eine Kamera nach einem schachbrettartigen Muster über das einzuscannende Ausgangsmaterial fahren lässt. Anstatt aber die Oberfläche direkt abzufotografieren, presst ein Stempel an der Z-Achse des Systems erst ein dünnes Gelkissen auf das Ausgangsmaterial, dessen Struktur es zu erfassen gilt. Das dünne Gelkissen mit einer Kantenlänge von 1,5×1,5cm schmiegt sich elastisch in die Reliefstrukturen, wobei sich an seiner Oberseite ein genauer Abdruck der Materialoberfläche bildet. Da die Reflexionseigenschaften des Gels bekannt und damit berechenbar sind, lassen sich von den Strukturen, die sich an der Oberfläche des Gelkissens nachbilden, verwertbare 3D-Aufnahmen machen.

Schattenintensität verrät Relieftiefe

Zu diesem Zweck wird die Oberseite des Gelkissens nacheinander mit sechs LEDs aus unterschiedlichen Richtungen beleuchtet. Eine Kamera, die ebenfalls an der Z-Achse des Positioniersystems montiert ist, fotografiert das Kissen nach jedem Abdruck. Anschließend lassen sich die 3D-Aufnahmen nach dem Shape-from-Shades-Verfahren auswerten, bei dem sich der Tiefenverlauf der abgelichteten Strukturen aus der Intensität der Schatten und dem jeweiligen Winkel der Lichtquelle errechnen lässt. Die Auflösung der eingescannten Kissenoberfläche beträgt mindestens 3.600dpi. Die Tiefe der 3D-Aufnahmen wird mit einer Präzision von 32Bit aufgelöst, die es ermöglicht, Höhendifferenzen von wenigen Mikrometer zu erfassen. Um zu vermeiden, dass es beim fotografischen Abrastern an den Randbereichen der Aufnahmen zu sichtbaren Nahtstellen kommt, werden die Fotos mit einer Überlappung von 10 Prozent angefertigt. Das elastische Gelkissen nimmt nach jedem Anpressen wieder seine ursprüngliche Form an und steht für den nächsten Vorgang bereit. Um abschließend die erfasste bzw. errechnete Reliefbeschaffenheit auf die Prägewalzen zu übertragen, werden diese in einem mehrstufigen Ätzverfahren strukturiert: Zunächst erfolgt dafür eine Wachsbeschichtung der Walzenrohlinge an jenen Stellen, die nicht geätzt werden sollen. Anschließend werden die größeren Vertiefungen mit diesem Verfahren Schritt für Schritt herausgearbeitet. Alternativ lassen sich die dreidimensionalen Profile auch mittels Laser in die Walzen aus hartem Kunststoff oder Metall gravieren.

Wartungsarmes Positioniersytem

Für seine Entwicklung benötigte AKK ein wartungsarmes Positioniersystem, das in der Lage ist, für das automatisierte Abrastern des Ausgangsmaterials sowie beim Verfahren mit Gelkissenstempel und 3D-Kamerasystem höchste Präzision mit hoher Wiederholgenauigkeit zu gewährleisten. Das Unternehmen entschied sich für das Miniatur-Gantrysystem LMG2C von Hiwin. Das System entspricht weitgehend dem standardisierten Gantry-Modell LMG2A mit einseitigem Stützlager, wurde aber mit zusätzlichen Endschaltern, einer Kabelführung einschließlich der Kabel und einer variierten Bodenplatte angepasst. Für die Positionserfassung verfügt das System über ein optisches Wegmesssystem. \“Als uns das System geliefert wurde, konnten wir sofort loslegen\“, erläutert Dipl.-Ing. Bernhard Anker, Produktionsleiter bei AKK. \“Das System entsprach in allen Punkten unseren Anforderungen. Anpassungen waren nicht mehr nötig und wir konnten uns sofort wieder unseren Aufgaben zuwenden.\“ Der Verfahrweg der X-Achsen beträgt bei der gelieferten Ausführung 300mm, der der Y-Achse, an die die Erfassungsvorrichtungen mit Gelkissenstempel und Kamerasystem montiert sind, 400mm. Die Bewegung des Gelkissens in Z-Richtung lässt sich in der bestehenden Anordnung pneumatisch steuern. Die eisenlosen Motoren der Linearmotorachsen minimieren die Trägheit und gewährleisten hohe Beschleunigungen ohne Rastmomente. \“Allerdings ist die Geschwindigkeit des Gantrysystems für uns nicht ausschlaggebend\“, erläutert Anker. \“Für uns standen die Präzision, Wartungsfreiheit und die einfache Einrichtung des Systems im Vordergrund. Bei den von uns geplanten Stückzahlen wäre eine aufwendige Eigenentwicklung eines Postioniersystems wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen\“, resümiert Anker. \“Nach der Beratung durch die Mitarbeiter von Hiwin haben wir mit dem Positioniersystem das bekommen, was wir für unsere Anwendung benötigen. Auf dieser Grundlage sind wir in der Lage, unseren Kunden einen wartungsfreien 3D-Scanner zu liefern, der sich einfach in Betrieb nehmen lässt und durch hohe Präzision gute Ergebnisse gewährleistet.\“

Vorteile von XYZ-Positioniersystemen

XYZ-Positioniersysteme zeichnen sich durch hohe Dynamik und Präzision aus. Das Wegmesssystem lässt sich anwendungsspezifisch wählen – zur Auswahl stehen magnetische oder optische, absolute oder inkrementelle Varianten. Modellabhängig erreichen die Systeme eine Positioniergenauigkeit bis ±0,002mm. Darüber hinaus sind die Systeme durch die eingesetzten Direktantriebe in der X- und Y-Achse spielfrei und ermöglichen dynamische Bahnfahrten. In der Z-Achse lassen sich die Linearachsen des Herstellers mit Kugelgewindetrieb verwenden. Das Unternehmen liefert alle Gantry-Systeme wahlweise mit oder ohne Steuerung und Antriebsverstärker. Typische Einsatzbereiche finden sich in der Medizintechnik, der Mikrostrukturierung sowie beim Laserschneiden oder Miniaturfräsen. Die Verfahrwege der einzelnen Paketlösungen legt der Hersteller zudem jeweils passend für spezifische Anwendungen aus.

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Hiwin GmbH
http://www.hiwin.de

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