Nach der Ansicht von Siemens findet ein grundlegender Wandel in der produzierenden Industrie statt. Dieser führe zu stärkerer Digitalisierung und Vernetzung, die als Produktivitätshebel wirken können. Nach Angaben des Unternehmens sieht sich der Sektor Industry mit 7.500 Software-Ingenieuren dafür gut gewappnet. \“Noch nie hat sich die Fertigungswelt und Produktionstechnik so schnell und grundlegend verändert wie heute\“, sagte Siegfried Russwurm, CEO des Sektors Industry und Mitglied des Vorstands der Siemens AG auf der Hannover Messe. Bis zur Realisierung von Industrie 4.0 sei es zwar noch ein weiter Weg, den Grundstein dafür lege das Unternehmen jedoch bereits heute. Eine entscheidende Rolle spiele dabei Industriesoftware, welche die Integration der Produktentwicklung und der Produktion und damit die ganzheitliche Optimierung der Produktentwicklungs- und Produktionsprozesse ermögliche. \“Die zunehmende IT-Durchdringung und wachsende Integration aller Technologien in der Industrie vollzieht sich aus heutiger Sicht in evolutionären Schritten. Rückblickend betrachtet könnte sich aber die vollständig IT-basierte Interaktion zwischen Mensch, Produkt und Maschine als eine echte industrielle Revolution erweisen\“, so Russwurm.
Industrielle Fertigung bringt Wachstum und Zukunftsfähigkeit
Interessant war die Präsentation einer weltweiten Befragung im Rahmen der Pressekonferenz von Siemens, die von Thomas M. Doebler, Leiter Manufacturing Industrie Deloitte Deutschland, gehalten wurde. Die Wirtschaftsprüfer haben im Rahmen der \’The Future of Manufacturing Initiative\‘ (Davos 2012) weltweit mehr als 550 CEOs von führenden Unternehmen zu den Wettbewerbsfaktoren heute und in fünf Jahren befragt. Wichtige Erfolgsfaktoren sind demnach Produktionsprozesse und -technologien, Mitarbeiterqualifikation und -produktivität, eine Innovationskultur, Forschungs- und Entwicklungsressourcen sowie die Verfügbarkeit von Fachkräften. Ein ganz wichtiges Ergebnis dieser Befragung ist die Bedeutung der industriellen Fertigung. Einer der Gründe, warum sich Deutschland in den vergangenen Jahren auf den weltweiten Märkten sehr gut behaupten konnte. Andere Länder, wie die USA, England oder Frankreich, deren industrielle Produktion sich in den zurückliegenden Jahrzehnten teilweise deutlich reduziert hatte, entdecken diesen Zusammenhang und setzen jetzt auf die sogenannte \’Manufacturing Renaissance\‘.
Produktneuheiten in allen Bereichen
Natürlich stellt ein internationaler Konzern wie Siemens auf der weltweit größten Industriemesse eine Vielzahl von Produkten aus den unterschiedlichsten Bereichen vor. Dieser Beitrag gibt dazu einen Überblick, wobei einzelne Produkte in den folgenden Ausgaben des SPS-Magazins noch ausführlicher vorgestellt werden.
Antriebstechnik
\’Integrated Drive System\‘ (IDS) integriert das Produkt-Portfolio der Division \’Drive Technologies\‘. Damit bietet IDS für weitgehend alle Branchen die durchgängige Integration des Antriebsstrangs in unterschiedlicher Ausprägung. IDS gilt für alle relevanten Leistungsklassen der Antriebstechnologie. Die neuen Arpex-Ganzstahl-Turbokupplungen zeichnen sich gegenüber der Vorgängerversion durch einen vergrößerten Axialversatz, eine größere Bohrungskapazität in den Kupplungsnaben sowie ein geringeres Gewicht bei gleichzeitig erhöhter Drehmomentkapazität aus. Bei der Getriebemotorenreihe Simogear wurde das Drehmomentspektrum für Stirnrad-, Flach- und Kegelradgetriebemotoren um Getriebemomente bis 5.000Nm und der Leistungsbereich um Leistungen bis 30kW erweitert. Die Getriebemotoren sind nun in Wirkungsklasse IE2 und IE3 verfügbar. Das Simotics-XP-Portfolio wurde durch explosionsgeschützte Motoren der Baureihe 1MB10 ergänzt, die in den Effizienzklassen IE1, IE2 und IE3 erhältlich sind. Das Portfolio der Hochspannungsmotoren um die zweite Generation der Simotics-H-compact-Plus-Serie für Anwendungen im Nieder- und Mittelspannungsbereich wurde erweitert. Die Motoren zeichnen sich durch eine hohe Leistungsdichte sowie geringe Geräuschentwicklung aus und bieten eine große Auswahl an Konfigurationsmöglichkeiten für die Kühlung wie beispielsweise die Luft-Wasser-Kühlung IC8xW, die Luft-Luft-Kühlung IC61x und die offene Kühlung IC01. Durch das unterkritische Läuferdesign der H-compact-Plus-Motoren lässt sich zudem der volle Drehzahlstellbereich ausnutzen. Mit dem Sinamics G180 bietet Siemens ab sofort eine spezifische Antriebslösung für die Chemie-, Öl-, Gas- und Prozessindustrie. Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung des Dynavert-T-Frequenzumrichters, welcher sich nun als Sinamics G180 nahtlos in die Sinamics-Antriebsfamilie eingliedert. Durch seine branchenspezifischen Features wie du/dt-Filter, Netzfilter und Atex-zertifizierte PTC-Auswertung für ex-zertifzierte Motoren eignet sich der effiziente Antrieb optimal für den Betrieb von Pumpen, Lüftern und Kompressoren auch in Kombination mit explosionsgeschützten Motoren. Der Sinamics-V20-Frequenzumrichter von Siemens ist ab sofort auch als Einphasengerät für den Spannungsbereich von 200 bis 240V verfügbar. Die vollumfängliche Motion Control-Funktionalität von Simotion lässt sich nun auch im TIA Portal nutzen. Hierbei können alle Simotion-Komponenten über die Oberfläche des TIA Portals konfiguriert und projektiert werden. Das Performance-Upgrade von Profinet im Rahmen des Motion Control-Systems Simotion bringt eine Reduzierung der Buszykluszeit auf minimale 31,25µs. Damit können schnellste Motion-Control-Anwendungen bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität und gleichbleibend hoher Produktqualität umgesetzt werden. Mit den hochkanaligen und kompakten Peripheriemodulen TMC1080 PN und TMC1180 PN für Motion-Control-Anwendungen mit Simotion und Sinamics lassen sich schnelle, präzise Peripheriegeräte über das Hochgeschwindigkeitsnetz Profinet IO mit Isochronous Real Time (IRT)-Funktionalität an Motion-Control-Technologie anschließen. Im Rahmen der aktuellen Version des TIA Portal ermöglicht Siemens ab sofort die Inbetriebnahme und Projektierung von Antrieben der Sinamics-G120-Familie über Sinamics Startdrive.
Bedienen und Beobachten
Für Gesten- und Mehrfinger-Bedienung wurde ein Industriemonitor mit projiziert kapazitiver Touch-Technologie (PCT) entwickelt. Simatic IFP1900 MT ist das erste Gerät des Unternehmens in dieser Art und erweitert das Spektrum der robusten HMI (Human Machine Interface)-Monitore im Widescreen-Format.
Sichere Automation
Die Simatic-S7-1500-Controller und die Dezentrale Peripherie ET 200SP sowie das Engineering Framework TIA Portal V12 wurden um Safety-Funktionen ergänzt. Das Thema industrielle IT-Sicherheit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Mit den Industrial Security Services unterstützt Siemens Industriekunden, die IT-Sicherheit ihrer Anlagen so weit wie möglich zu erhöhen. Das Angebot reicht von der Risikoanalyse und Beratung bis zur Umsetzung von umfassenden Security-Lösungen.
Steuerungstechnik
Die Simatic-Controller-Familie wurde um eine besonders leistungsfähige, flexible und robuste CPU für die Prozessindustrie erweitert. Simatic PCS 7 CPU410-5H ist ein schneller und leistungsfähiger Controller und deckt mit einer einzigen Hard- und Firmware-Plattform sämtliche Einsatzzwecke, Anwendungsgrößen und Leistungsbereiche ab.
Komponenten und Konstruktion
Sitop UPS1600 ist eine unterbrechungsfreie Gleichstromversorgung (DC-USV) mit Ethernet-Schnittstellen. Über die zwei Ethernet-Schnittstellen lässt sich das Gerät in ein Ethernet-Netzwerk oder via Profinet in eine TIA-Umgebung einbinden. Standardisierte S7-Funktionsbausteine für Simatic-Steuerungen erleichtern die Integration in Anwenderprogramme, vorgefertigte WinCC-Faceplates stellen Visualisierungen für Simatic-Panels oder Industrie-PCs bereit. Für die Konzeption von Schaltschränken mit CAE/CAD-Anwendungen stellt Siemens ab sofort noch mehr frei zugängliche Produkt-Datensätze im Internet zur Verfügung. So sind über den CAx-Download-Manager nun rund 10.000 Eplan-Electric P8 Makros im .edz-Format verfügbar. Das Siemens Online Support Portal bietet des Weiteren zu 3.500 Produkten Datensätze im ecl@ss Advance Standard für Komponenten aus dem Portfolio von Sirius Innovations an. Ein neues Modul erweitert das Condition-Monitoring-System Siplus CMS2000 um zusätzliche Eingänge für Schwingungssensoren. Das VIB-MUX (Vibration Multiplexer)-Modul wird an den digitalen Eingang des Condition-Monitoring-Systems angeschlossen und bietet acht Schnittstellen für IEPE (Integrated Electronics Piezo Electric)-Schwingungssensoren. Die beiden Relais Sirius 3UG4625 und Sirius 3UG4825 zur Fehlerstromüberwachung im Bereich von 30mA bis 40A für IO-Link verfügen über zwei separate Ausgänge, die mit unterschiedlichen Grenzwerten für eine zweistufige Alarmierung oder eine Warnung und anschließende Abschaltung belegt werden können. Mit fünf neuen Gerätetypen erweitert Siemens sein Portfolio für den Überspannungsschutz in Gebäuden und Windenergieanlagen. Die Schutzgeräte in neuen Ausführungen erfüllen zusätzliche Schutzklassen und Anwendungen. Mit dem Sion 3AE5 entwickelte Siemens den nach eigenen Angaben am Markt bislang kompaktesten Vakuum-Leistungsschalter für luftisolierte Mittelspannungsschaltanlagen bis 12kV. Durch das um 30% geringere Volumen der Geräte im Verhältnis zum Vorgängermodell können Schaltanlagenbauer jetzt kompaktere Schaltanlagen fertigen. (mbw)
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