Leidensdruck beim Engineering

Diskussionsrunde Engineering - Teil 3: weitere Statements
In Ausgabe 6/2013 des SPS-MAGAZINs haben wir den ersten Teil der Statements von Diskussionsteilnehmern zur Engineering-Diskussionsrunde auf der Hannover Messe veröffentlicht. An dieser Stelle stehen die restlichen Statements, sodass das Ergebnis der Diskussionsrunde damit umfassend abgebildet ist.

Robert Nagel, CEO Steinhauer

Elektromaschinen AG:

Wir sehen das Problem, dass beim Elektro-CAD Bauteiledaten nur rudimentär zur Verfügung stehen. Der Datenfluss zwischen den Engineering-Abteilungen erfolgt aktuell in Form von Excel-Listen oder Papier oder erfolgt nur im Gespräch – mündlich übertragen. Bauteiledatenbanken im M-CAD-Bereich sind vorhanden, im Bereich E-CAD sind diese nicht oder nur rudimentär zu finden. Die Mitarbeiter müssen darum sehr viel eigene Arbeit leisten, insbesondere wenn es darum geht, dass elektrische Bauteile montiert bzw. mechanisch verarbeitet werden müssen. Hier gibt es ein sehr großes Einsparungspotenzial. Wenn es diesen ersten Schritt geben würde, dass ein Mechaniker Daten an den Elektriker übergeben kann, dann muss es eine Möglichkeit geben, die Daten und Informationen für die folgenden Prozesse auch schon beim ersten Schritt zu hinterlegen. Aber das ist heute schlicht nicht möglich. Ein elektrisches Bauteil kann ich zwar mechanisch wunderbar verbauen, aber wenn ich Frage stelle \’wer bist Du?\‘, dann bekomme ich keine Antwort, denn das Bauteil versteht mich nicht. Erst wenn ich diese Informationen habe, dann habe ich die Möglichkeit eine Schnittstelle zu füttern, dass da etwas drin steht. Die Maschinenbauer haben aber das Problem solche Strukturen zu schaffen, weil ich ja nicht weiß, ob das, was ich heute definiere, tragfähig für morgen ist. Ich würde von einem CAD, das ich betreibe, sei es mechanisch oder sei es elektrisch, Voreinstellungen oder vorgedachte Lösungen erwarten, sodass ich einem elektrischen Bauteil überhaupt erst die relevanten Informationen mitgeben kann, die ich über die besprochenen Schnittstellen dann kommunizieren kann. Der Workflow ist der Straßenplan, die Schnittstelle ist das Auto und wir haben die Waren, das sind die Daten. Wenn die Daten hin und her fließen können, dann ist die Frage nach der Datenhoheit ja ein lösbares Problem. Dann schicke ich z.B. eine Bedarfsmeldung zum Elektrobereich und bekomme eine Betriebsmittelkennzeichnung zurück und sie wird automatisch ersetzt. Was mir wichtig ist: Es braucht eine vernünftige und gerne auch schmal gehaltene Grundstrukturierung, damit man nicht Gefahr läuft, etwas grundsätzlich falsch zu machen. Die Anwender sind in der Regel keine Strukturierer, sie sind Anwender. Ein weiterer Aspekt sind die Unternehmen, die den Maschinenbauern zuliefern. Auch in diese Richtung muss man denken. Die Schnittstellen müssen so einfach sein, dass man auch Outsourceingpartner, z.B. einen Schaltanlagenbauer, der kein Maschinenbauer ist, mit einbinden kann. Cloud ist zeitgemäß und naheliegend. Ziel: Lösungsansätze und Strukturen schaffen, mit denen kleine Unternehmen arbeiten können und damit ein vernünftiges Rückgrat haben. Die Hersteller der Komponenten müssen die Daten umfassend mitbringen.

Claus Kühnl, Phoenix Contact Electronics GmbH (Manager System Integration im Geschäftsbereich I/O and Networks) und Obmann VDMA-Arbeitskreis \’Engineering Datenaustausch\‘:

Es wird beim Thema gewerkeübergreifender Datenaustausch oft über die Prozesse im Engineering gesprochen. Gute Prozesse sind notwendig, das ist richtig, aber man braucht auch ein Vehikel, eine gemeinsame Basis, eine Schnittstelle für die Datenübergabe. Das sorgt dafür, dass man sich mehr miteinander unterhalten muss, nicht weniger. Alles nur auf einen Prozess abzuwälzen ist zu wenig. Es muss eine Möglichkeit geben Daten elektronisch zu übertragen, vor allem um manuelle Fehler zu vermeiden. Die große PLM-Lösung wird bei den kleinen und mittleren Unternehmen sicher nicht zum Tragen kommen. Wir als VDMA-Arbeitskreis wollen deshalb gerade den kleineren Unternehmen die Möglichkeit geben, mit einer einfachen Schnittstelle schon ein gewisses Potenzial im Engineering zu heben. Im nächsten Schritt muss natürlich auch die Absprache zwischen den Gewerken gestärkt werden. Sie allein wird jedoch nicht ausreichen. Der Arbeitskreis Engineering soll die Basis darstellen, auf der diskutiert wird. Wir brauchen im Arbeitskreis die Anwender und die Hersteller, die die Lösungen schaffen müssen. Der Arbeitskreis kann die Firmen und Teilnehmer miteinander vernetzen. Was wir im ersten Schritt tun können, ist die Anforderungen der Maschinen, den vielen kleinen Unternehmen eine Stimme zu geben, damit es die großen Hersteller auch hören. Wir wollen aus Sicht des VDMA eine gemeinsame Basis darstellen und nicht in den Wettbewerb eingreifen. Zunächst geht es darum, die Anforderungen zu erfassen. Dann schauen wir, was es schon gibt, was man nutzen kann. Im Arbeitskreis sitzen auch Teilnehmer aus Normungsgremien, die wissen, was möglich ist und was nicht. Manchmal ist in den bestehenden Standards der elektrische Teil überbetont, manchmal der mechanische Teil. Was wir erreichen müssen, ist, dass wir eine Basisschnittstelle bekommen, mit der wir eine Gleichberechtigung der Gewerke erzielen. Dafür muss man wissen, was die Anwender wollen und fragen, wo es Überschneidungen gibt, was kann man nutzen. Das Rad soll nicht neu erfunden werden. Mich freut es, dass wir im VDMA die Maschinenbauer und Hersteller an einem Tisch haben. Das Ganze läuft unter dem Thema Einheitsblatt 66415, das heißt es geht in Richtung Standardisierung, vielleicht nicht in Richtung DIN-Norm, aber so, dass wir einen Best Practice Standard schaffen, mit dem wir schneller vorankommen können. Ich hoffe, dass wir in den nächsten zwei Jahren das Einheitsblatt fertigstellen und in fünf Jahren die flächendeckende Anwendung erreichen.

((Kasten))

TeDo Verlag GmbH
http://www.sps-magazin.de

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