In vier Schritten zum Geschäftsmodell 4.0

Industrie 4.0 wird bereits groß gefeiert, bevor es wirklich existiert. Tatsächlich liegen in der nächsten industriellen Revolution große Chancen für Unternehmen, neue Wachstumspotenziale zu generieren. Doch wirkliche Geschäftsmodelle für die digitale Fabrik existieren noch nicht. Wie diese Wachstumspotentiale speziell für Automatisierungsanbieter gehoben werden können, darüber sprachen wir mit dem Unternehmensberater und ausgewiesenen Kenner der Branche Wolfgang Blome.

\“Wir haben kein Geschäftsmodell gefunden\“

Industrie 4.0 ist ein Software-getriebenes Lösungsmodell für die digitalisierte Produktion. Blome+Partner hat in seiner Analyse allerdings Ernüchterndes zu Tage gefördert: \“Wir haben in den letzten 12 Monaten aktiv die Aussagen und Veröffentlichungen von Unternehmen der Automatisierungstechnik mit dem Schwerpunkt \’neue Geschäftsmodelle für die Industrie 4.0\‘ verfolgt. Was wir gefunden haben, sind Werbebotschaften wie:

  • Industrie 4.0 machen wir schon
  • Industrie 4.0-konforme Produkte und Lösungen können Sie bei uns kaufen
  • Unsere Produktion ist 4.0-konform, usw.

Wir haben zudem viele Veröffentlichungen zum Thema 4.0 analysiert und auch hier keine Aussagen zum Thema Geschäftsmodell für die Industrie 4.0 gefunden\“, beschreibt Blome die Arbeit der letzten Monate. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (Produktspezialisten), die es gewohnt sind, ihre Innovationen und Ideen aus eigener Kraft abzuleiten und zu vermarkten, werde es entscheidend sein, geeignete Partner mit der notwendigen Expertise auf dem Weg zu Industrie 4.0 an ihrer Seite zu haben. \“Egal, ob Mittelständler oder DAX-Konzern\“, führt Blome aus: \“In einem sind sich die Unternehmen der Automatisierungstechnik in ihren Aussagen einig: Sie erhoffen sich durch die Digitalisierung neues Wachstum und neue Geschäftsfelder.\“

Wie werden neue Geschäftsmodelle aussehen?

\“Sicher ist, dass die Geräte in der digitalisierten Produktion durch Plug&Play-Technologien austauschbar werden\“, so Blome. Unternehmen mit einerm Produktfokus müssten sich somit überlegen, wie sie zukünftig Geld verdienen wollten. Denn wenn das Produkt austauschbar werde, müsse in Zukunft mit dem System dahinter Geld verdient werden. Weiter müssten Produktunternehmen in Zukunft eine neue 4.0-Engineering-Welt anbieten, um ihre smarten Produkte dem Kunden optimal präsentieren zu können. Und sie müssten ihren Kunden zeigen, mit welchen neuen Software-Produkten sie aus den riesigen Datenmengen, die die digitale Produktion zur Verfügung stellt, mit neuen Algorithmen wirtschaftlichen Nutzen für den Anwender bereitstellen können. \“Das Konzept \’Produkt\‘ löst sich mehr und mehr auf\“, so Blome. \“Das Angebot einer konkreten Dienstleistung tritt im Netzwerk mehr und mehr in den Vordergrund. Industrie 4.0 fordert von Automatisierern Geschäftsmodelle, die den Weg vom Produkt zum Dienstleistungsgeschäft mit der Effizienz einer automatisierten Systemlösung und der Flexibilität eines Handwerkers aufzeigen.\“ Automatisierer benötigten neue Kompetenzen und ihre vorhandenen Fähigkeiten werden durch Partnerschaften und Kooperationen ergänzt. Im anderen Fall würden sie zu einem einfachen Zulieferer. Neue Player, deren Vorteile in der Integrationskompetenz liegen und Internet-Firmen mit neuen Software-Plattformen, die die Fähigkeiten bieten, gesammelte Betriebsdaten in neue Geschäftsmodelle zu verwandeln, würden damit zu entscheidenden Partnern der Industrie. Die erste Hürde, die jeder Automatisierer überspringen müsse, sei es sich selbstkritisch zu fragen: Was kann und soll mein Beitrag für Industrie 4.0 sein? \“Wie zuvor gesagt, haben wir uns in den letzten 12 Monaten aktiv damit beschäftigt, wie für Unternehmen der Automatisierungstechnik ein passendes Geschäftsmodell für Industrie 4.0 aussehen kann\“, erklärt Blome. \“Da es dieses aktuell nicht gibt, und sich aus bestehenden Geschäftsmodellen weder ableiten noch entwickeln lässt, heißt die Aufgabe für das Management, für sein Unternehmen ein passendes Geschäftsmodell für Industrie 4.0 zu entwickeln.\“ Blome hat dafür ein einfaches Modell entworfen, das vier Schritte beinhaltet:

  • 1. passende Wachstums-Szenarien entwickeln
  • 2. Business Cases inkl. Erfolgsrechnung erarbeiten
  • 3. Ergebnisse mit den aktuellen Fähigkeiten abgleichen und GAP auflösen
  • 4. Industrie-4.0-Umsetzungsstrategie definieren und als Geschäftsmodell beschreiben

Fragebogen

Als praktische Hilfe für das Management wurden 25 Fragen erarbeitet, deren Antworten helfen, ein Industrie-4.0-Geschäftsmodell zu entwickeln. Die Fragen liefern nicht das fertige Geschäftsmodel für ein spezielles Unternehmen. Vielmehr liefern die Antworten wichtiges Basismaterial, um darauf aufbauend ein individuell abgestimmtes Geschäftsmodell zu entwickeln. \“Wir haben die Fragen so definiert, dass sowohl der Anwender als auch der Anbieter von 4.0-Technologie Antworten geben kann,\“ führt Blome aus. \“Diese Informationen sind ein wichtiger Baustein, um ein passendes Geschäftsmodell zu entwickeln.\“ Die Studie wurde bewusst nicht personifiziert, sondern frei ins Netz gestellt, um so zu einer breit gefächerten Informationsgrundlage zu kommen. \“Ebenso wichtig wie das \’wie\‘, war für uns die Frage, wer die richtigen Partner für dieses Projekt sind? Insgesamt sind vier Unternehmen bzw. Institute an der Studie beteiligt: b-n-p business net partners entwickelt und betreibt Internet-Plattformen. Das AIFB (Institut für angewandte Informatik und formale Verfahrensbeschreibungen) ist erfahren in digitalen Unternehmensprozessen. Blome+Partner ist Spezialist für Innovationsentwicklung (Märkte prägen durch Innovationen) und Entwicklung/Umsetzung von innovativen Geschäftsmodellen. Das SPS-Magazin verfügt über hohe Branchenkompetenz und einen breiten Zugang in die Welt der Automatisierer\“, erklärt Blome.

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BLOME + PARTNER
http://www.blomepartner.de

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