Von B2C zu C2B

Handelsplattformen treiben die digitale Transformation

Das Internet verändert die Produktion. Industrie 4.0 oder IoT sind nur zwei Begriffe für die tiefgreifenden Veränderungen, die derzeit in den Fabrikhallen stattfinden. Mit den neuen Anforderungen an die Produktion geht ein Paradigmenwechsel im Maschinen- und Anlagenbau einher. Das SPS-MAGAZIN sprach mit Wolfgang Blome von Blome und Partner. Er zählt zu den weltweit führenden Experten im Automatisierungssektor und hat die Einführung der industriellen Kommunikationsstandards entscheidend mitgeprägt. Der folgende Beitrag bildet den Auftakt einer dreiteiligen Artikelserie, die den Paradigmenwechsel beschreibt und allen Beteiligten einen kleinen Kompass an die Hand gibt.

In diesem ersten Beitrag der Artikelserie werden die Veränderungen und Einflussfaktoren durch Industrie 4.0 und IoT zunächst kurz beschrieben sowie ein Überblick über die Herausforderungen an Maschinenbauunternehmen gegeben. Thesen zur Lösung der Probleme werden beschrieben und es wird erläutert, wie jeder mit vier einfachen Fragen herausfinden kann, was für ihn zu tun ist. Im Beitrag zwei wird die Rolle zwischen IT und OT, also zwischen Automatisierungstechnik und Informationstechnik, erläutert und die Toolchain der Maschinen- und Anlagenbauer näher betrachtet. Im dritten Teil der Serie wollen wir schließlich in die Praxis schauen und gute Beispiele für die Entwicklung moderner Produktionsmittel vorstellen.

Internet der Dinge, Industrial Internet of Things und Industrie 4.0

Das Internet hat die Welt verändert und ändert sie noch. Die nachhaltigen Veränderungen unseres Alltags sind jedem bewusst, man braucht sich dafür nur die Welt vor zehn Jahren vor Augen führen. Derzeit greift das Internet nach der Welt der Produktion (oder greift die Produktion nach dem Internet?), mit denselben tiefgreifenden Auswirkungen. \’Industrie 4.0\‘ haben wir diesen Wandel in Deutschland getauft, während Unternehmen amerikanischer Provenienz hier häufig von Cyber Physical Systems und dem Internet der Dinge, kurz IoT (Internet of Things), sprechen. Übrigens: Wir verwenden die Begriffe \’Internet of Things\‘ und \’Industrial Internet of Things\‘ synonym; beide meinen das Gleiche nur in unterschiedlichen Sektoren. Da sich die Inhalte des folgenden Textes im Wesentlichen auf die Entwicklung im Produktionssektor beziehen, kann auf eine Unterscheidung an dieser Stelle verzichtet werden.

Herausforderungen für den Maschinen- und Anlagenbau

Das Internet und seine Möglichkeiten der Interaktion mit dem Anwender/Konsument bekommt nun also Zugang zur Produktion und hat daher großen Einfluss auf die zukünftigen Entwicklungen der Produktion und der Produktionsmittel. \“Es sind die Handelsplattformen des Internets, die die digitale Transformation der Produktion treiben!\“ Dieser Meinung ist jedenfalls Wolfgang Blome. Er ist Gründer und Inhaber der Unternehmensberatung Blome und Partner und verfolgt den Wandel zur Smart Factory seit Jahren sehr eng. In vielen Projekten seiner Klienten sieht er den Paradigmenwechsel, den das IoT im Maschinenbau mit sich bringt, aus der Nähe. \“Alle produzierenden Unternehmen und insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau stehen vor großen Herausforderungen. Moderne Informationstechnologien, die das Internet der Dinge bereitstellt, sind eine der zentralen Antworten darauf. Wer hier den Anschluss verpasst, der wird es in Zukunft auf den international hart umkämpften Märkten schwer haben. Das sollte jedem klar sein und das ist die Aufgabe, die es für Unternehmen zu meistern gilt.\“

Die Wirkrichtung kehrt sich um

Während sich die Produktion und damit der Maschinen- und Anlagenbau im Zeitalter der Massenproduktion darauf verlassen haben, dass die Vorarbeiten zur Produktion wie Produkt-Konzeption, -Funktion und -Design abgeschlossen waren, werden genau diese Einflussfaktoren auf das Produkt nun auf die Seite des Konsumenten und damit letztendlich in den Produktionsprozess verlagert. Der Konsument – involviert über das Internet mit dessen Verkaufsportalen – wird zum Produktionsbeteiligten und mit Hilfe von Designtools bestimmt der Käufer sowohl die Funktion als auch das Design so entscheidend mit, dass es unmittelbar Auswirkungen auf die Produktion hat. \“Damit das funktioniert, muss der gesamte Prozess mit Hilfe eines einheitlichen Datenmodells durchgängig digital im IoT abgebildet werden – beginnend mit der Konsum-Produktentwicklung, dem Designtool für den Konsumenten, dem dazugehörenden Maschinenkonzept, der Online-Bestell-App bis hin zur vernetzten Produktion und Logistik.\“ Das ist das eigentliche Wesen der Industrie 4.0 und unterscheidet diese Entwicklung von allen vorangegangenen industriellen Revolutionen. Erstmals wird der Konsument und Verbraucher in die Produktion mit einbezogen. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Maschinen und Anlagen. Wie eine solche Maschine aussehen könnte und welche Anforderungen daraus an die Automatisierungstechnik erwachsen, wird im zweiten Teil dieser Artikelserie erörtert.

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