Die Bedeutung des Strukturierten Textes geht weit über einen Ersatz für die bisherige Anweisungsliste (AWL) hinaus und wird ebenso in Embedded-Lösungen angewendet. Aber auch Universal-Steuerungen (Standard- und Fail-Safe-Steuerungen in einer Plattform) nutzen den ST (auch als SCL oder STL bezeichnet) um flexible und leistungsfähige Lösungen zu realisieren. Die Hintergründe, Möglichkeiten und Anwendungen der Zukunft beschreibt dieser Artikel.
ST als Alternative zu AWL
Bisher war bei vielen Anwendungen die Anweisungsliste (AWL oder IL) der Standard zur Programmierung von Automatisierungsaufgaben. Diese Programmiersprache war Ende der 70ger Jahre entstanden und entwickelte sich bei den verschiedenen Herstellern in unterschiedlichen Dialekten angepasst auf die jeweilige Prozessorarchitektur. Nun bestehen die Aufgaben eines Steuerungssystems jedoch verstärkt in der Datenaufbereitung, Datenverarbeitung und Datenpräsentation, dieser Trend wird nochmals mit der Industrie 4.0-Thematik verstärkt. Bereits seit vielen Jahren bieten die wichtigsten Anbieter der Automatisierungstechnik den Strukturierten Text als Alternative zur Anweisungsliste (AWL) an. Dennoch hat sich die AWL sehr lange gehalten, da zahlreiche, erfahrene Programmierer der Automatisierungstechnik ein großes Wissen besitzen, um mit den unterschiedlichen Befehlen von AWL hardwarenah die unterschiedlichen Anforderungen abzudecken. Der Veränderungsprozess ist ähnlich wie in der klassischen Datenverarbeitung: Weg vom Assembler, hin zu Sprachen wie Fortran, C, Pascal oder Phyton (in der Embedded-Welt). Endgültig vorgegeben hat das Unternehmen Siemens diesen Weg als Marktführer in Europa mit der S7 1200. Diese Steuerung bietet SCL (ausgerichtet an ST), aber nicht mehr die AWL.
Bezeichnung IDE
Man kann Programmiersprachen nicht ohne die Entwicklungsumgebungen betrachten. Erst durch diese Werkzeuge mit ihren Editoren, Compilern und Inbetriebnahme-Werkzeugen wird die Verwendung einer Programmiersprache auf einer Steuerungsumgebung ermöglicht. Zahlreiche Steuerungsanbieter bauen auf das Codesys der Firma 3S in Kempten, das TIA Portal ist zwischenzeitlich der Standard für die Produkte des Unternehmens Siemens, Multiprog bzw. PCWorx werden von KW-Software angeboten und sind damit auch die Basis aller Phoenix Contact-Steuerungen. Doch diese Tools sind mehr als eine Programmierumgebung, denn sie ermöglichen neben der Programmierung der Steuerungen, die Identifikation und Definition der Netzwerke, Festlegung der Visualisierungen, Definition von projektübergreifenden Variablenstrukturen u.v.m. Diese Werkzeuge werden je nach Hersteller als Portal, Suite, Studio usw. genannt. Herstellerübergreifend bietet sich der Begriff IDE (Integrated Development Environment) an.
Begriffe SCL, ST, STL
Für den Strukturierten Text verwenden einige Hersteller unterschiedliche Bezeichnungen. Dahinter steht oft die Notwendigkeit Sonderentwicklungen und Ergänzungen realisieren zu können und nicht zu sehr von der Norm eingeengt zu werden. Das betrifft Siemens, hier wurde der Begriff SCL (Structured Control Language) verwendet und Pilz mit dem Begriff STL (Structured Text Language). Siemens hat sich stark an der Norm ausgerichtet, andererseits besteht immer die Notwendigkeit der Migrationsfähigkeit (eine Stärke der Automationslösungen des Unternehmens). Um die Durchgängigkeit innerhalb der Steuerungsgenerationen zu erhalten, wurden Anpassungen des ST vorgenommen, die durch den speziellen Namen abgedeckt sind. Pilz hatte das Problem, dass im Fail-Safe-Bereich einige Erweiterungen und einige Einschränkungen zwingend notwendig sind (LVL-Problematik), so dass eine begriffliche Abgrenzung notwendig ist. Die Abgrenzung wird durch STL deutlich. Im Unternehmen Pilz spricht man dafür von einer ST-Steuerung (Standard-Steuerung) und einem FS-Teil (Fail-Safe-Teil). Die Begriffe sind zu berücksichtigen, um Missverständnisse zu vermeiden.