Durchgängige Kommunikation

Interview mit Mike Granby, Geschäftsführer Red Lion, und Laura Hoffman, Vize-Präsidentin Global Marketing
Red Lion ist ein amerikanisches Unternehmen, das bereits seit 1972 am Markt ist. Das Unternehmen hat sich von einem Sensorikhersteller zu einem Hersteller entwickelt, der ein breites Produkt- und Technologiespekt-rum abdeckt. Einer der Schwerpunkte liegt im Bereich der Kommunikation, Datenverarbeitung und Visualisierung. Wir haben Mike Granby und Laura Hoffman zur Entwicklung des Unternehmens und zu zukünftigen Perspektiven befragt.

Das Unternehmen Red Lion ist 40 Jahre alt. Was waren die Meilensteine in der Geschichte des Unternehmens?

Granby: Zunächst war das Unternehmen im Sensorik-Bereich tätig. Von dort aus wuchsen wir dann in Richtung Messinstrumente und fanden dort unsere Basis als Amerikas Nummer eins unter den Messinstrumente-Herstellern, die wir auch heute noch sind. Der nächste Meilenstein kam 1996 mit dem Kauf von Paradigm Controls, einem Bediengeräte-Hersteller. Von da an haben wir uns von einem Anbieter spezifischer Lösungen hin zu richtigen Innovationen in Sachen Kommunikation entwickelt. Denn im Endeffekt geht es bei HMIs – und besonders bei unseren HMIs – um Kommunikation, also das Zusammenbringen von Daten, die Verbindung zu mehreren Geräten. Und ein paar Jahre später stellten wir fest, dass vertikale Integration und Datenwandlung ein stark wachsender Markt ist. Also lösten wir einige dieser Funktionen aus den HMIs heraus und entwickelten ein eigenständiges Produkt. 2010 übernahmen wir ein weiteres Unternehmen, N-Tron, als Teil unseres wachsenden Produkt-Portfolios. Also geht es nicht mehr nur um die Herstellung von Geräten, zum Sammeln und Manipulieren von Daten, sondern auch um die tatsächliche Infrastruktur, die dafür sorgt, diese Daten zu transferieren. Und kurz danach, im Jahr 2011, kauften wir Sixnet und haben seitdem mehr Infrastruktur-Produkte im Sortiment. Wireless und Ethernet Switching, Produkte für raue Umgebungsbedingungen und Mobilfunkprodukte. Besonders spannend: Die Mobilfunktechnologie – das Mobilfunknetzwerk wird verwendet, um Daten zwischen verschiedenen Maschinen zu transportieren. Ich denke, dieser Bereich wird in Zukunft wichtiger werden.

Das Unternehmen entstand 1972, sozusagen in der Frühphase der elektrischen Automatisierung. Welche wesentlichen Gründe sehen Sie für Ihren Erfolg in den letzten 40 Jahren?

Granby: Red Lion hat die \’erste Welle\‘ der elektrischen und industriellen Automatisierung gut mitgenommen. Die ersten Messinstrumente waren die ersten verfügbaren Siebensegmentanzeigen. Ich glaube, es gab einige Dinge, die uns geholfen haben. Zum Beispiel die Expertise der integ-rierten Kommunikation. Die ganze Sache mit der vernetzten Überwachung, wo wir eine führende Position haben. Das ist unsere große Stärke: Dinge miteinander verbinden, Daten bewegen, sodass man sehen kann, was im eigenen Unternehmen vor sich geht und wie es zu kontrollieren ist, um die Effizienz zu steigern. Aber man muss auch Red Lions Ruf in Bezug auf hochwertige Dienstleistungen beachten. Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit: Es geht um hochwertige Produkte, hochwertigen Support und es geht darum, die Produkte rechzeitig dem Kunden zukommen zu lassen. Der industrielle Markt ist überaus konservativ. Neue Technologien werden zwar durchaus geschätzt, aber die Kosten bei einem Ausfall sind sehr hoch und die Leute benötigen funktionstüchtige Geräte, und es muss klar sein, dass man hinter seinem Produkt steht. Das ist unser 40-jähriges Vermächtnis, und ich glaube, das ist für unsere Kunden von großem Wert.

Stellen Sie Ihre Produkte aus diesem Grund in den USA her?

Granby: Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ermöglicht es uns Qualitätskontrolle. Ein anderer Grund bezieht sich eher auf die Dienstleistung. Mit relativ kurzen Lieferketten und Kontrolle über unsere eigene Produktion, indem wir also Teile nicht aus der ganzen Welt anliefern lassen müssen, sind wir in der Lage, 80% unserer Produkte an demselben Tag zu liefern. Wir haben eine Fabrik, die innerhalb von zwei bis drei Tagen produzieren kann. Wenn wir also ein Produkt nicht auf Lager haben, können wir es selbst bauen. Und, wie schon erwähnt, genau das zählt in der Welt der Industrie sehr viel. Es zählt für Kunden und für Händler, denn Händler wollen keinen riesigen Lagerbestand, niemand möchte das. Unsere Aufgabe ist es, die Effizienz unserer Kunden zu steigern, aber es gilt auch, in unserem eigenen Unternehmen effizient zu arbeiten. Und was die Kosten angeht, sagt mein Team immer gern: \“Niedrigkosten-Produktion hat keine Postleitzahl, keine Adresse.\“ Es hängt damit zusammen, wie die Lieferketten organisiert sind, wie aggressiv man Teile einkauft – und natürlich mit Automatisierung. Wir investieren viel in Fertigungsautomatisierung, wir verwenden viele unserer eigenen Produkte, und dadurch können wir unseren Kunden kostengünstige Lösungen bieten. Wir haben also sehr kurze Lieferketten, und wir stellen sicher, dass sie in unserer Hand liegen, wenn wir sie brauchen.

Hoffman: Man muss auch sagen, dass wir als ein US-Unternehmen gestartet sind. Wir haben also in den USA begonnen zu produzieren und wir bauen unser Stammwerk weiter aus.

Granby: Absolut richtig. Aber noch einmal, es ist eine Frage dessen, wo man in die ganze Breite des Managements investieren will. In jedem Geschäft gibt es eine Menge von Verkettungen, eine Menge Möglichkeiten zum Wachsen. Die Frage ist: Sollen wir uns darauf fokussieren, alles outzusourcen oder darauf die Produkte zu verbessern, die Vertriebs-Kanäle zu verbessern und bessere Lösungen für den Kunden zu entwickeln? Letztlich funktioniert das alles sehr gut bei uns – und wieso sollte man etwas ändern, das sehr gut funktioniert?

Hoffman: Wir haben in der Tat eine sehr beeindruckende Fertigung in Pennsylvania, die einen substantiellen Beitrag zum Unternehmenserfolg beisteuert.

Welche sind, geografisch gesehen, die größten Märkte weltweit?

Granby: Geografisch ist nach wie vor die USA unser größter Markt, einfach weil wir dort beheimatet sind. Europa ist ganz klar bedeutend für uns, außerdem Asien – die Region Asien-Pazifik ist rapide gewachsen. Ich glaube, wir haben an die 14 bis 15 Verkäufer in China wegen Spectris, unserem Mutterunternehmen. Das erlaubt es uns, an wichtigen Standorten problemlos mehr Mitarbeiter hinzuzufügen, mit den Lösungen, die sie für uns zur Verfügung stellen. Was die unterschiedlichen Industrien angeht, bedienen wir ein breites Spektrum. Es gibt definitiv Industriezweige, die momentan besonders gut laufen – vor allem Energien, sowohl konventionell als auch alternativ – Windkraftanlagen, Solaranlagen und weitere alternative Energien. Dort ergeben sich sehr gute Möglichkeiten. Sowohl dahingehend, dass es ein wachsender Markt ist, als auch dadurch, dass die Bedürfnisse dieses Marktes gut zu den Technologien passen, die wir anbieten: Die Fähigkeit, Daten zu transferieren und, wie bereits erwähnt, diese Informationen verlässlich und beständig zu übertragen.

Alles ist dezentralisiert und es sind riesige Entfernungen. Liegt es daran?

Granby: Ja, z.B. Öl & Gas. Öl- und Gas-Förderung ist äußerst dezentral gestaltet. Das ist ein sehr starker Bereich für uns.

Wie sieht es mit Fabrikautomatisierung aus?

Granby: Fabrikautomatisierung ist eindeutig ein Schwerpunkt für uns. Wissen Sie, wenn Sie eine nagelneue Fabrik errichten wollen, direkt auf der grünen Wiese, und Sie wollen ein voll integriertes Kontrollsystem, dann wenden Sie sich an Siemens oder an Rockwell. Die haben dafür hervorragende Lösungen. Aber haben Sie nun eine Fabrik, die Sie optimieren wollen, wofür Sie extra Ausrüstung haben, vielleicht ein paar Zukäufe gemacht haben, und Sie haben die Ausrüstung von verschiedenen Herstellern und Sie wollen Daten in diesem relativ heterogenen Umfeld hin- und her bewegen – da punktet Red Lion wirklich. Wir sind in der Lage, über alle Systeme hinweg mit allem und jedem zu kommunizieren. Wir machen es Ihnen möglich, all diese Daten zusammenzubringen und Informationen zu gewinnen, sodass Sie sehen können, was passiert. Das ist einer der Gründe für unseren Erfolg auf dem chinesischen Markt. Anfangs war es ziemlich schwierig, weil viele der chinesischen Produkte konstruiert wurden nach dem Prinzip: \“Wir bauen etwas ganz Neues – wir kopieren den Plan von Deutschland\“. Aber inzwischen, wo das Ganze ein bisschen ausgereifter wird, wo Dinge verbunden werden, Daten über verschiedene Orte und Maschinen hinweg bewegt werden – da kommt unsere Stärke ins Spiel. Gestern wurde ich nach der nächsten Welle der Automatisierung gefragt. Ein Schlüsselfaktor ist Konnektivität und Kommunikation. Es geht darum, Daten innerhalb heterogener Systeme zu bewegen, zwischen verschiedenen Systemen.

Hoffman: Es gibt sozusagen mehrere \’Inseln\‘ der Automatisierung in verschiedenen Abteilungen und zu verschiedenen Zeiten, aber wir verbinden all das in einem einheitlichen System

Vor zwei Stunden habe ich eine Frost&Sullivan-Pressekonferenz besucht. Auch dort wurde über die sogenannte \’Zweite industrielle Landschaft\‘ gesprochen, und Kommunikation steht dort absolut im Vordergrund.

Granby: Diese Frage hat mir gestern schon jemand gestellt, und ich habe das auch gesagt. Im Wall Street Journal von heute Morgen war ein Artikel von jemandem von GE, der über das Netzwerk der Dinge, das \’Network of Equipment\‘ sprach, all diese Dinge hin- und herzubewegen. Ich habe es gestern schon gesagt! (lacht)

In Deutschland nennen wir es die \’Industrielle Revolution 4.0\‘ oder auch Industrie 4.0.

Granby: Und ich glaube, dadurch verschwimmt auch die Definition von \’industriell\‘. Wir finden unsere Produkte in immer mehr Bereichen vor, in denen sie traditionell nicht nachgefragt wurden. So viele dieser Produkte finden ihren Weg an Orte, die man nie erwartet hätte. Es ist bemerkenswert, wie sich eben diese Technologien und Stärken über so viele verschiedene Bereiche hinweg verbreiten.

Ich habe eine sehr interessante Aussage von Ihnen über den Erwerb von Sixnet und N-Tron gefunden. Sie sprachen darüber, dass Red Lion ein besseres Unternehmen wird. Besser für Red Lion und besser für die Kunden?

Granby: Ich glaube, das ist Teil von dem, was wir meinen. Bei diesen Dingen herrscht eine Tendenz zu sagen, wir sind größer, und das ist natürlich wunderbar für unsere Aktionäre und uns – wir fühlen uns dann \’wichtiger\‘. Aber die eigentliche Frage ist doch, was ist besser für den Kunden? Und mit Red Lion versuchen wir deutlich zu machen: Wir bringen diese Produkte zusammen und geben Ihnen damit die Möglichkeit, so-und-so-viele verschiedene Geräte über so-und-so-viele verschiedene Medien und Entfernungen hinweg zu verbinden. Das ist ein bedeutender Teil der Nachricht, die wir versuchen zu übermitteln. Es geht nicht darum zu sagen: \“Seht her, wie beeindruckend wir sind.\“ Im Mittelpunkt steht der Kunde. Denn in dem Moment, in dem man das aus dem Blick verliert, hat man keine rosige Zukunft vor sich. Das kann man bei vielen anderen Firmen beobachten.

Wie wird das Unternehmen in fünf Jahren aussehen?

Granby: Wir haben mehr und mehr Transfer zwischen den Produkten. Ursprünglich ging es darum, \“okay, wir können das zusammen mit dem verkaufen\“. Aber in Zukunft wird sich mehr Technik zwischen den Geräten bewegen. Wir werden mehr Integration der Switch- und Netzwerk-Technologien in den Bediengeräten sehen. Aber es werden auch mehr Kommunikations-Features in die Netzwerkprodukte integriert sein. Anstatt also nur mit Ethernet oder sogar IP Frames zu arbeiten, befasst man sich mit der Anwendungsbasis, sie \’verstehen\‘ die Daten und integrieren sie fest in die Industrie-Protokolle. Das große Ziel des Unternehmens ist es, als weltweiter Experte in der Kommunikationsüberwachung und der Überwachung industrieller Automatisierung anerkannt zu werden. Und das wird in fünf oder zehn Jahren die Prüfung sein, der ich mich stellen muss. Nichtnur, \“haben wir dies erreicht?\“, sondern auch, \“haben wir es geschafft, diese Nachricht zu verbreiten?\“. Denn im Endeffekt geht es darum, das deutlich zu machen: Man kann die beste Technik der Welt haben, aber ohne Kunden, ohne Talent, Marketing, die Präsenz auf dem Markt, bringt einen das nicht weit. Das würde ich also gern erreichen. Technologietransfer ist vermutlich der größte Punkt.

Was werden aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten neuen Technologien der Zukunft sein?

Granby: Ich glaube, Mobilfunktechnologie wird riesig. Und, wie schon erwähnt, die Möglichkeit weit abseits gelegene Orte zu erreichen, Dinge von überall zu regeln.

Hoffman: Nicht nur in den Produktionshallen, sondern auf der Bergspitze, am Straßenrand, usw.

Granby: Ich glaube, das wird diese weiter gefasste Definition des \’indust-riellen Markts\‘, die ich vorhin schon erwähnt hatte, vorantreiben. Ganz klar wird Cloud Computing voranschreiten, und ich glaube auch Security wird zunehmend wichtig. Diese beiden Bereiche sind relativ gut verbunden – dahingehend, dass alles miteinander verbunden ist. Sobald wir mehr Offenheit der Datennetze haben, wird Security unerlässlich sein, genau wie die Möglichkeit, Daten wann immer nötig zu bewegen. Wenn man eine Produktion auf der grünen Wiese errichten will, gibt es eine Menge Leute, die dafür fantastische Lösungen anbieten. Das ist klasse, ich wünsche ihnen nur das Beste, aber so funktioniert die Welt nunmal nicht, besonders heute. Die Leute trauen solche riesigen Investitionen ihrem Budget nicht zu. Also muss man die bereits etablierten Geräte unterstützen und weiterentwickeln und in diese \’schöne neue Welt\‘ der Automatisierung mit einschließen. Und genau das ist, so glaube ich, Red Lions Stärke.

www.redlion.net

Red Lion Controls
http://www.redlion.net

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