Vorteile der IEC61508 für mobile Arbeitsmaschinen

Auf der sicheren Seite

Hersteller von mobilen Arbeitsmaschinen stehen vor der Aufgabe, die gesetzlichen Vorgaben der Maschinenrichtlinie und des Produkthaftungsgesetzes einzuhalten. Diese verweisen bei der Umsetzung auf den aktuellen Stand der Technik, der durch die harmonisierten Fach-(Grund-)Normen beschrieben ist. Daher bieten einige Hersteller von Sensoren, Aktoren und Steuergeräten fertig zertifizierte Produkte für den Einsatz in sicherheitskritischen Anwendungen an. Als Nachfolger der EN954-1 ist die ISO13849-1 hierbei der wichtigste Standard für die Gestaltung von Steuerungssystemen im Bereich der Maschinensicherheit. Doch ist er auch der am besten geeignetste?

Bevor sich ein Hersteller Gedanken darüber machen kann, welche Teilkomponenten er einsetzt, muss er sich zunächst mit der Analyse von Gefahren beschäftigen, die von seiner Maschine ausgehen. Hierzu bedient er sich der ISO12100, welche allgemeine Gestaltungsleitsätze zur Risikobeurteilung und Risikominderung festlegt, um sichere Maschinen zu konstruieren. Die so ermittelten Risiken werden bewertet und mit Hilfe der Sicherheitseinstufung auf ein akzeptables Maß reduziert. Die festgelegten Sicherheitsfunktionen müssen dann technisch umgesetzt werden. Hierbei stellt sich die Frage, ob die Anwendung der ISO13849 immer der vernünftigste Weg ist. Für Maschinenbauer steht oft die Tatsache im Vordergrund, dass diese Norm sich im Gegensatz zu ihrer Schwesternorm, der IEC62061, in ihrer Anwendung nicht nur auf elektrisch/elektronische Systeme beschränkt, sondern auch auf mechanische, pneumatische oder hydraulische Systeme anwendbar ist. Das scheint im ersten Moment ein Vorteil zu sein, dennoch lässt sich nicht bestreiten, dass heutzutage in den meisten Anwendungen die elektronische Steuerungstechnik dominiert.

Nachteile der ISO13849

Sehen wir uns konkret die Nachteile der Norm ISO13849 an. Sie ist anzuwenden auf sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen aller Arten von Maschinen. Gemäß der EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG betrifft dies keine Fahrzeuge und Beförderungsmittel, die für den öffentlichen Straßenverkehr vorgesehen sind, sondern lediglich die auf diesen Fahrzeugen angebrachten Maschinen (z. B. Krane, Laderampen, etc.). Die ISO13849 enthält diese Einschränkung zwar nicht, dennoch liegt ihr Fokus offensichtlich auf stationären Maschinen, was aus einigen Anforderungen der Norm erkennbar ist und sich auch im BGIA-Report 2/2008 ´Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen – Anwendung der DIN EN ISO13849´ widerspiegelt. Sicherheitsfunktionen werden eher als Zusatzfunktionen angesehen, anstatt zu versuchen, die Primärfunktionen der Maschine sicher zu gestalten. Doch das Anbringen von beispielsweise Lichtgittern macht bei mobilen Arbeitsmaschinen kaum einen Sinn. Was ist also die Alternative? Bei den selbstfahrenden Arbeitsmaschinen wird unterschieden zwischen Landmaschinen (Traktoren…), Forstmaschinen (Holzvollernter…), Kommunalmaschinen (Schneeräumer, Reinigungsmaschinen…), Baumaschinen (Bagger, Radlader…), Hebe- und Fördermaschinen (Fahrzeugkrane, Betonpumpen…) und Spezialmaschinen (Pistenraupen…). Für die land- und forstwirtschaftlichen Maschinen und Kommunalfahrzeuge existiert mit der ISO25119 bereits eine Produktnorm für die sicherheitsbezogenen Teile des Steuerungssystems. Sie vereinigt die aus der ISO13849 bekannte Sicherheitsarchitektur in Form von Kategorien mit dem bewährten Sicherheitslebenszyklus der Sicherheitsgrundnorm IEC61508 und weist ebenso Analogien zur Automotive-Sicherheitsnorm ISO26262 auf. Die anderen Anwendungen unterteilen sich in die mit und die ohne Straßenzulassung. Eine Voraussetzung für die Straßenzulassung ist eine Typgenehmigung z.B. gemäß Verordnung (EG) Nr. 661/2009 \“über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeuganhängern und von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer allgemeinen Sicherheit\“. Auch hier wird wie im Produkthaftungsgesetz auf den Stand der Wissenschaft und Technik verwiesen und somit auf die harmonisierten Normen. Für Kraftfahrzeuge bis 3,5t ist dies die ISO26262, die bereits von einigen Nutzfahrzeugherstellern zumindest in Anlehnung z.B. für die Risikoanalyse angewandt wird. Im Bereich der mobilen Arbeitsmaschinen wird wahlweise nach ISO13849, IEC 62061 oder IEC61508 entwickelt, wobei sich speziell für den Fahrantrieb letzteres empfiehlt. Der Grund hierfür ist die Annahme, dass der Weg von dort zur ISO26262 leichter ist und in ihrer nächsten Ausführung wird diese bekanntlich auch für Heavy Commercial Vehicles anzuwenden sein.

IEC61508 für Maschinensicherheit

Doch das ist nicht das einzige Argument für den Einsatz der IEC61508 im Bereich der Maschinensicherheit. Nach DIN ISO/TR 23849:2014-12 gilt: \“Jedes komplexe Teilsystem, das nach IEC61508 mit dem maßgeblichen SIL ausgelegt wurde, kann als ein sicherheitsbezogenes Teil in eine Kombination aus SRP/CS integriert werden, das nach ISO13849-1 ausgelegt wurde, oder als Teilsystem in ein SRECS integriert werden, das nach IEC62061 ausgelegt wurde.\“ Diese Aussage gilt in gleicher Weise auch für die Normenzusammenführung in der IEC ISO17305. Auch wenn die Fertigstellung des neuen Standards sich noch hinauszögert, so ist man mit IEC61508-konformen Produkten für seine Einführung erstmal gewappnet. Ein weiterer Punkt ist, dass es auch für die Leistungselektrifizierung mobiler Arbeitsmaschinen aktuell noch keine Fachnorm gibt, die flächendeckend angewendet werden kann. Die IEC61800-5-2 beispielsweise schließt für elektrische Leistungsantriebssysteme mit einstellbarer Drehzahl die Anwendung in Bahnantrieben und elektrischen Fahrzeugantrieben aus. In solchen Fällen bleibt nur der Einsatz der IEC61508 oder einer von ihr abgeleiteten Fachgrundnorm, wie z.B. die IEC62061.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hersteller mobiler Arbeitsmaschinen zwar aktuell mit der ISO13849 gut zurechtkommen, der zusätzliche Einsatz der IEC61508 aber für zukünftige

Seiten: 1 2Auf einer Seite lesen

STW Sensor-Technik Wiedemann GmbH
http://www.sensor-technik.de

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

M12 in Edelstahlausführung

Sowohl die Prozesstechnik als auch die Lebensmittelindustrie und der einschlägige Maschinenbau fordern eine hohe Widerstandsfähigkeit der eingesetzten Komponenten und ihrer Materialien.

mehr lesen