Schnelle Musterprojektion

Schnelle Musterprojektion

Miniprojektor für schnelle 3D-Erfassung in 4ms

Ein neuer Chip mit Flüssigkristallen schafft Schaltzeiten von etwa einer Millisekunde. Die Steuerung auf FPGA-Basis kann 720 Muster im HD-Format für die 3D-Datenerfassung projizieren. Einfache Objekte lassen sich so in 4ms erfassen.

Bild 1 | 3D-Rekonstruktion von zwei Testobjekten. Die Höhen in mm sind farbkodiert. (Bild: Fraunhofer IOF)

Während im Automobilsektor die Erfassung von 3D-Daten als Kerntechnologie heiß diskutiert wird, bleibt das Fertigungsumfeld der Treiber in der Entwicklung schneller 3D-Scanning-Technoologien. Inline-Qualitätsüberwachung ist dort das Stichwort und dafür werden robuste 3D-Sensoren mit möglichst hohem Durchsatz gebraucht. Je nach Anwendung kommen dabei Time-of-flight-Detektoren, 3D-Laserscanner oder aktive Musterprojektionsverfahren zum Einsatz. Das letztere Verfahren erfordert die Projektion von bestimmten Mustern auf die Werkstückoberfläche, damit die einzelnen Bildpunkte aus den Kamerabildern eindeutig räumlichen Koordinaten zugeordnet werden können. Mikrospiegel-Arrays (MEMS) und Flüssigkristall-Mikrodisplays (LC Liquid Crystalls) sind typische Lösungen für die Musterprojektion. Beide stammen aus dem Consumer-Bereich, wodurch die Technologien schon früh kostengünstig verfügbar waren. Im Vergleich sind MEMS oft schneller, dafür bieten die LC-Lösungen mehr Graustufen, längere Lebensdauern und sie sind meist preiswerter.

Schaltzeiten unter 1ms

Bei HoloEye in Berlin hat man in den vergangenen Jahrzehnten viel Erfahrung mit LC-Arrays gesammelt. Den Hauptumsatz macht die Firma mit LC-basierten Schaltern für die Telekommunikationsindustrie. Im Rahmen der Forschungsallianz 3Dsensation haben die Berliner gemeinsam mit dem Fraunhofer IOF in Jena im Projekt MuSe3h (s. Kasten) an der Entwicklung eines schnellen und hochgenauen 3D-Messsystems gearbeitet. Dafür entwickelten sie ein neues Liquid-Crystal-on-Silicon (LCoS)-System mit einer Steuerung auf FPGA Basis. Traditionell sind LCoS-Mikrodisplays für Videosysteme optimiert und arbeiten mit 60 oder 120Hz. Für industrielle Anwendungen hat HoloEye ein LCoS-System auf 720Hz getrimmt. Die Schaltzeiten müssen dafür kürzer als 1,4ms sein. Für den vorliegenden LCoS-Projektor-Chip wurden Anstiegs- und Abfallzeiten von 0,51ms und 0,54ms gemessen, insgesamt also Schaltzeiten von 1,05ms. Verwendet wurde dafür ein VAN (vertically aligned nematic) System. Vergleichbare TN (twisted nematic) Systeme sind sogar noch schneller mit 0,6ms Schaltzeit. Für das LCoS-VAN-System werden 8bit bzw. 256 Grautöne spezifiziert.

 Liquid-Crystal-on-Silicon(LCoS)-System (links) mit Treibermodul. (Bild Fraunhofer IOF)

Bild 2 | Liquid-Crystal-on-Silicon(LCoS)-System (links) mit Treibermodul. (Bild: Fraunhofer IOF)

12Gbps mit HDMI 2.0

Große Herausforderungen werden an die Treiberelektronik gestellt. Bei 720Hz und HD-Auflösung von 1.920×1.080x8bit müssen etwa 12Gbit pro Sekunde verarbeitet werden. Die Daten können über einen HDMI 2.0 Anschluss an das System übertragen werden, der mit 14,4Gbps genügend Bandbreite bereitstellt. Für die Umsetzung in die Treibersignale des LCOS wurde ein FPGA-basiertes System (Xilinx Kintex) eingesetzt. Das Eingangssignal kommt als UHD (4K) Signal mit 3.840×2.160 Pixeln und 24bit RGB. Damit lassen sich genau zwölf Muster mit HD-Auflösung und 8bit Grautönen kodieren. Bei 60Hz Inputsignal werden so die gewünschten 720HD Muster/s bereitgestellt. Für höhere Übertragungsraten wäre ein anderer Standard nötig, wie z.B. HDMI 2.1 oder Thunderbolt. In einigen Fällen lassen sich die Muster für die Streifenprojektion auch durch Superposition analytischer Ausdrücke beschreiben. Ein entsprechender Mustergenerator wurde im FPGA integriert.

3D-Aufnahme in 4ms

Am Fraunhofer IOF wurde der LCoS-Mikroprojektor für die Musterprojektion in einem aktiven 3D-Sensor verwendet. Der Aufbau nutzt die Methode der Streifenprojektion für die Erfassung von räumlichen Strukturen. Der Algorithmus verwendet horizontale und vertikale Streifenmuster mit binären und sinusartigen Intensitätsverteilungen, die sowohl periodisch als auch aperiodisch sein können. Bei einer Musterwiederholrate von 720Hz dauert die Aufnahme eines 3D-Datensatzes 44ms. Für einfache Objekte reichen drei Muster schon aus, was die Messzeit auf 4ms reduziert. Der Algorithmus ist weitgehend unempfindlich für den Kontrast der Projektion, weshalb in Zukunft auch schnellere TN-Displays für noch schnellere Aufnahmen genutzt werden können. Essentiell bleibt jedoch die 8bit Auflösung bei den Grautönen. Derzeit wird für die Messung blaues Licht bei 460nm verwendet. In Zukunft soll auch eine Lösung für die Verwendung von Lichtquellen im IR-Spektrum implementiert werden. Dieses Lichtspektrum ist für das menschliche Auge unsichtbar und ermöglicht damit die irritationsfreie Musterprojektion im Bereich der Mensch-Maschine-Interaktion. Das bedingt allerdings dickere Flüssigkristallschichten und somit längere Schaltzeiten. Geplant ist auch ein Mikrodisplay mit einer deutlich höheren Auflösung von etwa 10MP. Der Demonstrator wird am Fraunhofer IOF weiter getestet. Der schnelle LCoS-Projektor kann auch ohne separaten PC betrieben werden, wobei die Muster on-board erzeugt werden, was die Integration in hochkomplexe Messsysteme erleichtern soll und kompakte Bauweisen ermöglicht. Alternativ können die Daten via HDMI 2.0 Schnittstelle entgegen genommen werden. Durch seine kompakte Bauform und eine lange Lebensdauer ist er vor allem für industrielle Anwendungen wie z.B. Inline-Produktkontrolle in verschiedenen Fertigungsszenarien geeignet.

Innovationsallianz 3Dsensation

Der schnelle LCoS-Projektor wurde im Verbundvorhaben ´Grundlegende musterprojektionsbasierte Sensorkonzepte für die hochauflösende, hochdynamische 3D-Erfassung´ (MuSe3h) entwickelt. Mit Förderung vom BMBF und erheblicher Industriebeteiligung werden solche Projekte in der Allianz 3Dsensation vorangetrieben, um Maschinen durch 3D-Technologien die visuelle Aufnahme und Interpretation komplexer Szenarien zu ermöglichen. 3Dsensation trifft sich zum Innovationsforum Mensch-Maschine-Interaktion vom 23. bis 25.10.2017 in Jena. Das diesem Artikel zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 03ZZ04251 im Rahmen der Zwanzig20-Initiative gefördert.

Thoss Media GmbH

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